Ahrensburg. Tunesier wird in Ahrensburg mit acht Monaten Haft auf Bewährung bestraft. Das Verfahren gegen einen Mittelsmann ist eingestellt.

Haben sie die Notsituation von Flüchtlingen ausgenutzt, um sich zu bereichern. Oder wollten sie nur helfen? Auf diese Frage musste das Schöffengericht in Ahrensburg am Donnerstag eine Antwort finden. Die Staatsanwaltschaft warf Musa G., 46, und Sadri J., 43, (Namen geändert) vor, Flüchtlinge aus Italien nach Deutschland geschleust, beziehungsweise dies versucht zu haben.

Sadri J. fungierte als Fahrer, Musa G. fädelte die Geschäfte ein. Beide Männer waren geständig, sodass ein mildes Urteil gegen sie erging. Weil G. nicht nachgewiesen werden konnte, dass er Geld für die Taten kassierte, wurde das Verfahren gegen ihn gegen eine Geldbuße von 600 Euro eingestellt. J. hat indes mindestens 1900 Euro für eine Fahrt kassiert. Er bekam die Mindeststrafe von acht Monaten auf Bewährung und muss eine Geldstrafe von 2500 Euro an die Landeskasse zahlen.

Angeblich gab der Angeklagte 1000 Euro für Essen und Zigaretten aus

„Das war nur Hilfe“, sagt Sadri J.. Der 43-jährige Tunesier, der in Rümpel lebt, war von Musa G. im Frühjahr 2014 angesprochen worden, ob er drei Verwandte aus Ägypten von Italien nach Deutschland bringen könne. „Er hat mir 1900 Euro geboten und mir vor der Fahrt eine Anzahlung von 400 Euro für Benzin und Maut gegeben“, sagte J., der mit dem Geld seine Spielschulden bezahlen wollte. Am 3. Mai 2014 brachte J. drei Flüchtlinge von Mailand nach Deutschland und kassierte dafür die restliche Summe. „Ich habe aber mindestens 1000 Euro für Essen und Zigaretten für die Menschen ausgegeben“, sagte J., der gebrochen deutsch spricht und fügte hinzu: „Ich konnte sie doch nicht zugucken lassen, wie ich esse und rauche. Ich habe mich um die Menschen gekümmert“, sagte der Mann mit dem weißen T-Shirt und dem schwarzen Vollbart.

Musa G., der in Bad Oldesloe lebt, schüttelte bei der Aussage von J. immer wieder den Kopf. Er war an Krücken in den Gerichtssaal gekommen und wirkte gebrechlich. Seit 1999 lebt der gebürtige Ägypter in Deutschland und besitzt die deutsche Staatsangehörigkeit. „Ich habe damals in einer Firma in Ahrensburg gearbeitet. Drei Kollegen haben mich gefragt, ob ich jemanden kenne, der fahren könnte“, sagt Musa G. Weil er wusste, dass Sadri J. Schulden hat, sprach er ihn in einer Moschee an. „Ich habe nie Geld dafür bekommen“, sagt der Mann in gebrochenem Deutsch und wild gestikulierend. Wie diese ehemaligen Kollegen heißen und wo sie wohnen, dass konnte G. dem Gericht jedoch nicht beantworten. Am 4. Juli fragte ein Bekannter von Musa G. erneut an, ob der Tunesier vier Ägypter aus Italien nach Deutschland schleusen könne. Dieses Mal seien J. 2000 Euro versprochen worden. Doch die Aktion scheiterte an der deutsch-österreichischen Grenze. In Kiefersfelden wurde das Auto kontrolliert, Sadri J. festgenommen. „Ich saß zwei Tage in Untersuchungshaft“, erinnerte sich der Angeklagte. Die Flüchtlinge wurden ebenfalls vernommen und behaupteten, Syrer zu sein. Was letztlich mit ihnen passierte, ist unklar. „Ich habe nicht, wie abgemacht, das Geld bekommen“, sagte J., der erneut von dem Drahtzieher angeheuert worden sei. Nur elf Tage später fuhr er wieder nach Italien. Diesmal soll er 2350 Euro bekommen. Erneut wurde J. verhaftet.

Wieder in Stormarn angekommen, habe Musa G. den Tunesier gebeten, Menschen nach Deutschland zu schleusen. Musa G.: „Meine Mutter in Ägypten hat mich gebeten, drei Menschen zu helfen. Ich weiß, es war ein Fehler, ich entschuldige mich.“ Doch Sadri J. wollte nicht noch einmal fahren, stellte einen Kontakt zu Bekannten her, die diese Aufgabe übernahmen und ebenfalls an der Grenze gestoppt wurden. Das war kein Zufall – genauso wie die Festnahmen von J. Denn die Münchener Polizei hatte die Schleuser observiert und ihre Telefonate abgehört. „Der Bekannte von Musa G. hatte Aufträge verteilt, unter anderem an G. Sadri J. stand am Ende der Kette“, sagt ein Bundespolizist. Die Beamten beobachteten Geldübergaben. Jedoch nie, ob G. tatsächlich Geld bekam.

Der Vorsitzende Richter Ulf Thiele und seine Schöffinnen haben ein mildes Urteil gesprochen
Der Vorsitzende Richter Ulf Thiele und seine Schöffinnen haben ein mildes Urteil gesprochen © HA | Dorothea Benedikt

Staatsanwaltschaft und die Verteidiger forderten die Einstellung des Verfahrens gegen beide Männer. J. habe ein umfangreiches Geständnis abgelegt und nach den Taten eine Stelle als Pflegehelfer in einem Altenheim angenommen. Auch die Vorstrafen wegen Handels mit Drogen und Körperverletzungen lägen weit zurück. Ferner betonte die Verteidigerin von Sadri J., ihr Mandant habe eine unbefristete Aufenthaltsgenehmigung. Mit einer Verurteilung könne er abgeschoben werden.

Abschiebung ungewiss – der Veruteilte will seine deutsche Freundin heiraten

Das Gericht sah nur bei Musa G. die Möglichkeit, das Verfahren einzustellen. An J. gewandt sagte der Richter: „Nach der ersten Nacht im Knast hätte sie das nachdenklich machen sollen. Doch sie sind elf Tage später wieder losgefahren, haben sogar mehr Geld verlangt.“ Ferner verhängte der Richter eine empfindliche Strafe in Höhe von 2500 Euro, damit J. aus diesem Geschäft keinerlei Profit schlagen konnte. Ob J. abgeschoben wird, ist unklar. Er will seine deutsche Freundin heiraten.