Grosshansdorf. Anfang 2016 können 50 Flüchtlinge einziehen. Der Platz reicht für mehr. Bürgermeister Janhinnerk Voß beugt Begehrlichkeiten vor.
Helle Räume, lange Gänge, an Zimmern hängen teils noch Namensschilder der ehemaligen Bewohner: Ortstermin in der ehemaligen Reha-Stätte in Großhansdorf. Bürgermeister Janhinnerk Voß und seine Mitarbeiter aus der Verwaltung, Gabriele Hettwer und Stefan Kroll, sprechen mit Architektin Alexandra Rosenberg über den geplanten Umbau. Anfang nächsten Jahres sollen Flüchtlinge in eines der Stockwerke des zuletzt leer stehenden Gebäudes ziehen (wir berichteten).
„Es geht zurzeit das Gerücht um, dass hier 1000 Leute untergebracht werden sollen“, sagt Bürgermeister Voß. „Aber das ist nicht wahr. Und so viele Personen hätten sowieso keinen Platz.“ Geplant ist, dass 50 Asylsuchende in das Gebäude einziehen. In einem möglichen weiteren Schritt könnten noch weitere 50 Personen untergebracht werden. Außerdem sind Büros für den Flüchtlingskreis und einen Mitarbeiter der Gemeinde vorgesehen.
74 Flüchtlinge leben derzeit in Großhansdorf
„Allerdings sind schon einige Großhansdorfer auf mich zugekommen und haben mich gefragt, wieso wir in ihrem Umfeld eine Containeranlage für 24 Personen bauen – wo es doch jetzt die Pläne mit der Reha-Stätte gebe“, sagt Voß. Nach dem Motto: Man solle doch alle Asylsuchenden an einem Ort unterbringen. Für die Gemeinde kommt das nicht in Frage. Die Begründung: „Auch im direkten Umfeld des ehemaligen Reha-Zentrums gibt es Anwohner, auf die wir Rücksicht nehmen müssen“, betont Voß. Eine Unterkunft mit ein paar Hundert Menschen könnte die Nachbarn übermäßig belasten. Eine dezentrale Unterbringung habe auch den Vorteil, dass die Asylsuchenden besser in die Gemeinschaft integriert würden.
Im Moment leben 74 Flüchtlinge in der rund 9000 Einwohner zählenden Gemeinde, verteilt auf zwei Wohnanlagen sowie einzelne angemietete Häuser und Wohnungen. Eine weitere Unterkunft für 24 Asylsuchende ist gerade in Planung. Anfang 2016 soll dann das mehrstöckige Gebäude der früheren Reha-Einrichtung beziehbar sein.
Dort steht jetzt der Umbau an: Die Fluchtwege müssen anders beschildert werden, Duschkabinen montiert, teils bereits demontierte Wasseranschlüsse wieder angebracht und zusätzliche Küchen eingebaut werden. „Hier ist glücklicherweise schon einiges vorhanden, das wir weiter nutzen können“, sagt Architektin Alexandra Rosenberg. So gibt es bereits eine große Küche, in den Zimmern sind Einbauschränke, und zwischen jeweils zwei Wohnräumen ist ein Bad, das von beiden Zimmern aus begehbar ist. Künftig sollen je vier Asylsuchende in einem Zimmer wohnen – und sich das Bad mit den vier Bewohnern des Nachbarzimmers teilen.
„Es wird hier sicher kein Luxus entstehen“, sagt Voß. „Der Ministerpräsident hat gesagt: nicht hungern, nicht frieren. Und genau das setzen wir hier um.“ 100.000 Euro sind für den Umbau im Haushalt eingeplant. Eine günstige Lösung für die Gemeinde – im Vergleich zur 530.000 Euro teuren Containeranlage mit Platz für 24 Personen. „Und trotzdem werden wir jetzt nicht, nur um Geld zu sparen, alle Flüchtlinge in der Reha-Stätte unterbringen“, sagt Voß.
Gebäude stehen seit Mai dieses Jahres leer
Ebenso schließt er aus, dass Asylsuchende aus Nachbarkommunen in den rund 2500 Quadratmeter großen Gebäudekomplex ziehen könnten. „Natürlich kann es sein, dass diesbezüglich Anfragen von anderen Gemeinden, Städten und Ämtern kommen, ob die Möglichkeit besteht, bei uns noch Flüchtlinge unterzubringen“, sagt Voß. Und dann? Die Antwort kommt schnell: „Ich werde sie ablehnen.“ Großhansdorf sei schließlich nicht dazu da, Probleme anderer Kommunen zu lösen. Und die Entscheidung, wer das Gebäude in welcher Form nutzen dürfe, liege allein bei der Gemeinde als Mieterin.
Seit Mai dieses Jahres steht die frühere Reha-Stätte leer. Sie sieht aus, als wären die Bewohner gerade erst ausgezogen. Teils hängen noch Poster- und Tesa-Reste an den weißen Wänden, ein paar schwarze Spuren sind zu sehen, ein Raum leuchtet in sonnigem Gelb. Wahrscheinlich hatte die Bewohnerin ihn so streichen lassen – auch ihr Name steht noch an der Tür.
Schräg gegenüber im „Fäkalienraum“ – so steht es auf dem Türschild – beraten die Architektin, der Bürgermeister und seine Mitarbeiter die nächsten Schritte. Dort, wo früher vermutlich die Bettpfannen gereinigt und Windeln entsorgt wurden, soll künftig die Waschküche sein. „Hier müssen wir eine Fliese erneuern“, sagt Architektin Alexandra Rosenberg und zeigt auf eine beschädigte Stelle am Fensterstock. Dabei geht es ihr weniger um die Optik. „Das kennen wir ja schon von Schulen und Kindergärten: Wenn Räume vernünftig aussehen, dann gehen die Menschen auch sorgfältiger damit um.“
Ende Oktober hat die Gemeinde das mehrstöckige Gebäude sowie eine angrenzende Jugendstilvilla für zunächst drei Jahre von der Deutschen Rentenversicherung Nord angemietet. Die ist die Eigentümerin des gesamten knapp 25 Hektar großen Geländes. Die parkähnliche Fläche, die mitten in Großhansdorf liegt, gilt als Filetstück: Ein idyllisches Fleckchen Land mit ungezählten alten Bäumen, einer Jugendstilvilla und einer hübschen alten Turnhalle, das von Einheimischen gerne als Naherholungsgebiet genutzt wird.
Eigentlich ist geplant, das Grundstück mit Mehrfamilienhäusern zu bebauen. Seit mehr als zwei Jahren schon laufen dazu Gespräche zwischen Politik, Eigentümer und Investor. Doch die strengen Vorgaben der Denkmalschützer sowie des Natur- und Landschaftsschutzes machten die Planungen schwierig, sagt Voß. „Wir wollen aber weiterhin an diesen Plänen festhalten.“ Sobald die Bauleitplanung abgeschlossen sei, werde das Grundstück entwickelt.