Ahrensburg. 269 Menschen aus Kriegs- und Krisengebieten leben zurzeit im Stadtgebiet. Nun entstehen Unterkünfte für weitere 100 Personen.
Mühelos übertönen die Maschinen die laut aufgedrehte Popmusik auf der Baustelle. Zwei junge Männer aus der benachbarten Flüchtlingsunterkunft an der Straße Reeshoop lächeln, die Ellenbogen auf den Fenstersims gestützt, während sie die Bauarbeiten beobachten.
Es riecht nach geschnittenem Holz und Baustaub. Noch bis Weihnachten, beziehungsweise Ende Januar wird an den beiden Holzhäusern gearbeitet. Dann bekommen die Flüchtlinge aus dem Nachbarhaus neue Nachbarn: Schicksalsgenossen, die auch aus ihrer Heimat geflüchtet sind und nun in Ahrensburg einen sicheren Wohnort finden.
Ende 2015 sollten hier 200 Flüchtlinge leben, jetzt sind es schon 269
Die Häuser gegenüber dem Erlebnisbad Badlantic sind eine der vielen Baustellen, an denen die Stadt für Flüchtlinge Unterkünfte errichtet. Gleiche Häuser entstehen an den Straßen Lange Koppel und Ahrensburger Kamp. Die Bodenplatten der Gebäude sind gegossen. Sjarai de Vries, Architektin im Rathaus, sagt: „Am Montag werden die Seitenwände aufgestellt.“ Sie ist mit den Bauarbeiten zufrieden: „Die Häuser haben eine sehr hohe Qualität.“ Sollten die Gebäude irgendwann nicht mehr von Flüchtlingen bewohnt werden, können sie in Sozialwohnungen umgewandelt werden. Insgesamt 24 Wohnungen für etwa 100 Menschen sind es in den vier Häusern.
Der Wohnraum wird dringend benötigt. Waren die Verantwortlichen im Rathaus kürzlich noch davon ausgegangen, dass Ende des Jahres etwa 200 Flüchtlinge in Ahrensburg leben, sind es nun bereits 269 Männer, Frauen und Kinder. Neue Prognosen, die will momentan niemand mehr machen.
Viele seien zufrieden mit der Unterbringung
Das gilt auch für Brigitte Sharp, die stellvertretende Fachdienstleiterin für Soziale Hilfe und Wohnungsangelegenheiten im Rathaus. Sie sagt: „Die Zahlen ändern sich fast täglich.“ Sharp hat sowieso alle Hände voll zu tun, keine Zeit für Prognosen, deren Haltbarkeit geringer ist als die der Milch in ihrem Kaffee. Es ist früher Vormittag. Und Brigitte Sharp wartet auf einen Anruf des Arbeiter-Samariter-Bundes Stormarn. Mit einem Bus der Hilfsorganisation sollen in Kürze sechs Flüchtlinge in Ahrensburg ankommen. Für Freitag sind weitere sechs Männer angekündigt.
Es sind die ersten Flüchtlinge, die in Ahrensburgs erste Sammelunterkunft einziehen: dem ehemaligen THW-Gebäude in der Rettungswache. Brigitte Sharp wird die Männer mit ehrenamtlichen Helfern des Freundeskreises für Flüchtlinge Ahrensburg in Empfang nehmen, ihnen ihre neue Unterkunft zeigen und ihre Fragen beantworten. Eine zweite Sammelunterkunft mit Mehrbettzimmern entsteht derzeit in der Turnhalle der Fritz-Reuter-Schule an der gleichnamigen Straße. Sharp: „Zur Grundausstattung der Sammelunterkünfte gehören Etagenbetten, Schränke, Tische und Stühle.“ Alles Weitere müssen sich die Flüchtlinge selbst organisieren. Einige Flüchtlinge seien enttäuscht, wenn sie die Unterbringungen sehen, so Sharp, viele seien aber „glücklich und zufrieden“. Wie kürzlich eine Familie mit drei kleinen Kindern, für die Sharp eine Wohnung gefunden hat. „Die haben öfter gefragt, bis wo sie die Wohnung nutzen können und waren überrascht, als ich sagte, ganz und gar.“
Bereitschaft Wohnungen und Häuser an die Stadt zu vermieten sei groß
Die Bereitschaft der Ahrensburger, Wohnungen und Häuser an die Stadt zu vermieten, damit dort Flüchtlinge einziehen können, sei groß, sagt Sharp. Mehr als 40 Objekte sind es derzeit. Der Druck sei dennoch enorm, so Sharp. Ein bisschen Erleichterung gebe es aber auch. „Viele der Flüchtlinge aus Serbien und Albanien treten derzeit freiwillig die Rückreise an, weil sie keine Aussicht auf Asyl haben.“ Das schaffe Platz für andere Menschen.
Reibungslos verlaufe auch die Integration der schulpflichtigen Flüchtlingskinder. Robert Tessmer, Fachdienstleiter für Schulen, sagt: „Die Leiter der Grundschulen Am Schloss und Am Reesenbüttel haben signalisiert, dass es derzeit gut läuft.“ Etwa 90 Kinder lernen dort Deutsch oder sind bereits in den Unterricht eingebunden.
Axel Fricke vom Freundeskreis für Flüchtlinge, bei dem sich rund 100 Ehrenamtler engagieren, ist mit der aktuellen Situation auch zufrieden. Fast. Er sagt: „Derzeit fehlen akut nur zwei Sachen.“ Das ist eine Lagerhalle für eine Kleiderkammer und eine Honorarkraft, die den unbezahlten Einsatz der vielen Paten koordiniert.