Bargteheide. Bislang ist Bargteheide landesweit die einzige schuldenfreie Stadt. Doch die finanzielle Lage zwingt zu unpopulären Schritten.
Die Stadt Bargteheide ist landesweit die einzige, die schuldenfrei ist. Noch. Denn Bürgermeister Henning Görtz und sein Kämmerer Joachim Teschke rechnen damit, dass Bargteheide 2017 einen Kredit von bis zu sieben Millionen Euro für geplante Investitionen aufnehmen muss.
Doch warum rutscht die Stadt in die roten Zahlen? „Da kommt einiges zusammen“, sagt Görtz. Die Stadt hat in den vergangenen Jahren mehr Geld ausgegeben, als sie eingenommen hat. Dank Rücklagen musste Bargteheide jedoch keinen Kredit aufnehmen. „Das Sparbuch ist 2016 leer“, sagt Teschke.
Mit Investitionen ist die Stadt ein Risiko eingegangen
Seit 2007 ist Bargteheide schuldenfrei. Geschafft hatte dies die Stadt dank der Bodenbevorratung, wie das Erfolgsmodell nennt. Die Stadt hatte Landwirten große Areale abgekauft und zu Baugrundstücken gemacht. „Dabei haben wir selbst die Erschließung und den Verkauf übernommen“, erklärt der Bürgermeister. Mit den Investitionen ist die Stadt ein Risiko eingegangen.
„Es hätte sein können, dass wir die Grundstücke nicht verkauft bekommen“, sagt Görtz. Doch es klappte, und Bargteheide hat mit den Verkaufserlösen in die Infrastruktur investiert, Kitas und Schulen gebaut. „Deswegen wurden wir für Familien so attraktiv. Sie konnten ein Grundstück kaufen und hatten nebenan einen Kindergarten“, so Görtz. Auch die Qualität der Schulen habe für das rasante Bevölkerungswachstum gesorgt.
Im Jahr der Finanzkrise musste die Stadt an die Reserven
Mit einen Teil des Geldes, das die Stadt mit dem Verkauf der Grundstücke einnahm, bildete sie Rücklagen. „Früher haben wir jedes Jahr einen siebenstelligen Betrag für die Tilgung von Krediten und für Zinsen gezahlt“, sagt Teschke, der schon seit 14 Jahren Kämmerer in Bargteheide ist. „Seit 2007 haben wir jedoch jährlich mehr als eine halbe Million an Zinsen auf die Rücklagen eingenommen“, sagt Teschke.
Geld, das die Stadt seitdem kräftig investiert. „Unser Investitionsvolumen ist doppelt so hoch wie in vergleichbar großen Städten“, sagt Görtz. Ein Niveau, dass die Stadt nicht länger halten kann. „Das wird so nicht mehr funktionieren“, so der Bürgermeister.
Denn bereits mit der Finanzkrise 2009 musste die Stadt an ihre Reserven. „Zuvor hatten wir Gewerbesteuereinnahmen von rund 13 Millionen Euro jährlich. Während der Finanzkrise rutschten diese auf 3,9 Millionen Euro“, erklärt Teschke. „Erst 2016 erreichen wir wieder das Niveau wie vor der Krise.“ Die Stadt rechnet mit Gewerbesteuereinnahmen in Höhe von 12,7 Millionen Euro.
Doch die Finanzkrise war nur ein Grund für das Ungleichgewicht zwischen Einnahmen und Ausgaben. Ein weiterer ist der Zuschuss für die Kindergärten. „Vor zehn Jahren haben wir einen Zuschuss von einer Million Euro für den Betrieb der Kindergärten gezahlt“, sagt Teschke. Inzwischen zahlt die Stadt für die zwölf Kitas jährlich 3,6 Millionen Euro. Görtz: „Seit fünf Jahren schaffen wir auch massiv Krippen-Plätze, zumal seit 2013 darauf ein Rechtsanspruch besteht.
Ein Grund für immer höhere Ausgaben sind laut Görtz „Einflüsse von außen“. Der Bürgermeister meint damit die Kreisumlage und das Finanzausgleichsgesetz. „Der Kreis wird sich mehr Geld von den Kommunen holen“, sagt er und rechnet mit Mehrkosten von knapp 539.300 Euro. Auch das Länder-Finanzausgleichsgesetz reiße immer größere Löcher in den Etat der Stadt. 2014 zahlte Bargteheide 399.000 Euro. Dieses Jahr sind es 815.300 Euro. Teschke: „2016 rechnen wir mit einer Umlage von 1.085.300 Euro.“
Ausgaben zwingen die Stadt, an anderer Stelle zu sparen
Auch die aktuelle Flüchtlingssituation belastet die Kommune finanziell schwer. Derzeit leben 160 Asylsuchende in Bargteheide. „Wir haben in den Bau der Unterkünfte zwei Millionen Euro investiert“, sagt Bürgermeister Görtz. Ferner hat die Verwaltung 2,5 neue Stellen im Sozialamt und Ordnungsamt geschaffen. „Es werden noch weitere Kosten auf uns zukommen. Beispielsweise, um Flüchtlingskinder in Kindergärten unterzubringen. „Wir müssen überlegen, weitere Kitagruppen zu schaffen, die auch Räume und Betreuer brauchen“, so Görtz. „Für die Integration ist das sehr wichtig.
All diese Faktoren zwingen die Stadt künftig jedoch, an anderer Stelle zu sparen. Seit Längerem geplante Investitionen werden zwar noch umgesetzt, wie vier Millionen für das Freibad, ein Erweiterungsbau an der Dietrich-Bonhoeffer-Schule für 3,8 Millionen Euro und die Sanierung der Naturwissenschaftsräume im Kopernikus Gymnasium für vier Millionen Euro, der Neubau der Feuerwehr mit 5,5 Millionen Euro und der dritte Abschnitt der Umgehungsstraße für knapp fünf Millionen Euro.
Stadt will weiter an ihrem Erfolgsmodell festhalten
Diese größeren Investitionen für mehr als 22 Millionen Euro werden den Haushalt der Stadt noch mindestens bis 2019 belasten. Und erfordern, dass die Stadt 2017 einen Kredit aufnehmen muss. Teschke rechnet damit, dass die Investitionen 2017 bei etwa elf Millionen Euro liegen werden. „Die Einnahmen werden sich nach Abzug der laufenden Kosten voraussichtlich auf vier Millionen Euro belaufen“, sagt Teschke. „Wir müssen künftig unsere Ausgaben runterfahren und die Einnahmen moderat anpassen.“
Damit spricht er von einer Erhöhung der Grundsteuer. Auch der Eintritt für das Freibad wird kommendes Jahr um zehn bis 15 Prozent erhöht. Auf der Einnahmen-Seite will die Stadt aber auch an ihrem Erfolgsmodell der Bodenbevorratung festhalten. Görtz: „Wir haben noch ein kleines Baugebiet Am Krögen. Dort sollen 50 bis 80 Wohneinheiten entstehen.“