Glinde. SPD und Grüne wollen in Glinder Stadtvertretung am Donnerstag Schulzusammenschluss und Umzug absegnen. Eltern kündigen Protest an.
Auf der Sitzung der Glinder Stadtvertretung am kommenden Donnerstag im Festsaal des Marcellin-Verbe-Hauses um 19 Uhr wird es voll – und Ärger ist programmiert. Zahlreiche Eltern von Jungen und Mädchen, die an der Gemeinschaftsschule Wiesenfeld am Holstenkamp lernen, wollen ihrem Unmut Luft machen. Sie sind sauer auf SPD und Grüne. Die beiden Parteien planen, an jenem Abend die Fusion der Bildungseinrichtung mit der Sönke-Nissen-Gemeinschaftsschule zum Sommer 2018 durchzudrücken, ohne zu wissen, was das Projekt kostet. „Wir fühlen uns von der Politik überfahren und versuchen jetzt, viele Eltern zu mobilisieren“, sagt Jürgen Reumann, Schulelternbeiratsvorsitzender in Wiesenfeld. „Ich hoffe auf 200 am Donnerstag.“
Im März dieses Jahres hatte der Kulturausschuss die Zwangsehe zum Schuljahr 2018/2019 per Beschluss auf den Weg gebracht. Nach dem Willen der Politik sollen die Wiesenfelder ins Schulzentrum an den Oher Weg umsiedeln. Hier ist die Sönke-Nissen-Gemeinschaftsschule beheimatet. An ihr ist kein Abitur möglich. Im Gegenzug zieht das ebenfalls dort untergebrachte Gymnasium Glinde an den Holstenkamp. Für Johannes Ratzek, Schulexperte der SPD und selbst Lehrer, ist eine Zusammenlegung unausweichlich. „Die Sönke-Nissen-Schule hat immer weniger Anmeldungen. Ich habe Angst, dass die Einrichtung sonst irgendwann vom Land geschlossen wird.“ Aufgabe der Politik sei es jedoch, den Schulstandort Glinde für die kommenden 20 Jahre fit zu machen.
Umbau der Gemeinschaftsschule Wiesenfeld kostet elf Millionen Euro
Bereits 2014 hatte es Vorgespräche zwischen den Leitern der Gemeinschaftschulen gegeben. Zu einer Annäherung kam es aber nicht. „Den Vorschlag einer Kooperation hat die Sönke-Nissen-Schule abgelehnt“, sagt Reumann. Das sei aber die kostengünstigste Variante und pädagogisch am sinnvollsten. Die Eltern fordern, dass die Wahlmöglichkeit zwischen den unterschiedlichen Konzepten an den Gemeinschaftsschulen erhalten bleibt. „Wir haben Profilklassen, die andere Schule nicht“, sagt Frank Scharkus, dessen Tochter die neunte Klasse in Wiesenfeld besucht. „Schüler, Eltern und Lehrerschaft wollen die Form des Lernens und den Standort behalten, darin besteht Einigkeit.“
Um bei der Fusion voranzukommen, setzte Glinde einen Mediator ein, der zwischen den Schulen vermittelt. „Wir hatten vereinbart, dass im ersten Halbjahr 2016 eine Beschlussform inklusive Kosten und Zeitplan vorgelegt wird“, sagt Bürgermeister Rainhard Zug. Nun soll es nach Absicht von SPD und Grünen aber schneller gehen. Ratzek: „Weil der Mediator klar kommuniziert hat, dass er einen unumkehrbaren Beschluss braucht, um weiterarbeiten zu können.“
Dieses Argument will die Wiesenfelder Elternschaft nicht akzeptieren. „Die Stadt hat noch Prüfaufträge abzuarbeiten, die Kosten müssen im Vorfeld auf den Tisch“, sagt Reumann. Er habe den Eindruck, dass hier etwas im Schweinsgalopp beschlossen werden solle. Auch wehren sich die Eltern gegen einen Standortwechsel, weil die Schule in Wiesenfeld gerade für elf Millionen Euro auf Vordermann gebracht wird: mit einem neuen Unterstufenhaus, das Teil eines Gebäudeensembles ist und den Erweiterungsbau des Haupthauses über eine Brücke verbindet. Der Anbau für drei Millionen Euro wurde bereits im Herbst 2013 fertiggestellt. Das Projekt soll laut Zug im ersten Quartal 2017 abgeschlossen sein.
SPD und Grüne haben eine Mehrheit in der Stadtvertretung
„Der Bau ist komplett an unsere Bedürfnisse angepasst. Er entspricht aber nicht dem Konzept des Gymnasiums. Bei einem Umzug muss wieder umgebaut werden. Das ist Geldverschwendung“, sagt Scharkus.
Der Verbleib am Standort Holstenkamp ist nach einer Zusammenlegung nicht möglich. Für eine Bildungseinrichtung mit bis zu 1300 Schülern reicht der Platz dort nicht aus. Überlegungen, nur die Klassen elf bis 13 ins Schulzentrum zu verlagern, sind wohl nicht realisierbar. Ratzek: „Die Leiter sind sich zumindest darin einig, dass es für eine neue Schule nur einen Standort gibt.“
Der Antrag von SPD und Grünen, die in der Stadtvertretung eine Mehrheit haben, findet bei der CDU keine Unterstützung. Deren Fraktionschef Rainer Neumann: „Solange wir nicht wissen, welche Kosten entstehen, gibt es keine Zustimmung.“ Der Vorstoß verwundere ihn. „Das ist nicht mit uns abgesprochen.“