Bad Oldesloe. Bürgermeister und Kreisbehörde beraten über Flüchtlinge. Wichtigste Erkenntnis: In Stormarn ziehen alle an einem Strang.
Laura Treskatis
Stormarn wächst, und damit wachsen auch die Probleme des Kreises und seiner Kommunen. Allein in dieser Woche kommen 70 Flüchtlinge. Bis Ende des Jahres werden voraussichtlich 2750 Asylbewerber in Stormarn leben. Das sind 500 mehr, als Anfang des Jahres erwartet wurden, und knapp 2500 mehr als vor fünf Jahren. Der logistische Aufwand der Aufnahme und Integration, vor allem die Unterbringung der hilfesuchenden Menschen, bringt die Stormarner Kommunen zunehmend an die Grenzen.
Aus diesem Grund hatte Edith Ulferts, Sozialamtsleiterin in der Kreisverwaltung, die Stormarner Verwaltungschefs und ihre Experten zum Krisen-Gipfel nach Bad Oldesloe eingeladen (wir berichteten) und recht schnell 24 Zusagen bekommen. Ulferts: „Das ist eine gute Beteiligung.“ Zwei Stunden saßen die Gesprächspartner am Mittwoch zusammen beim Krisen-Gipfel, den Ulferts lieber „Regionalkonferenz Asyl“ nennt.
Am Ende der Gespräche, die hinter verschlossenen Türen geführt worden sind, wirken die Teilnehmer recht gut gelaunt. Edith Ulferts: „Das war ein sehr konstruktiver Austausch, und nun sind wir alle wieder auf einem aktuellen Stand.“ Auch die Fachbereichsleiterin ist aus dem Grund gut gelaunt, trotz der Aufträge, die sie von den Verwaltungschefs bekommen hat.
Der Bau von Unterkünften sollte erleichtert werden
So soll Ulferts mit der Landesregierung auch klären, ob der Bau von Flüchtlingsunterkünften vereinfacht und damit beschleunigt werden kann. Es geht namentlich unter anderem um die Verschlankung von Bauleitplanungen. Es geht auch um Geld – das dominierende Thema des Krisen-Gipfels. Ulferts: „Die Verwaltungschefs wollten auch wissen, ob die Kommunen von der Grunderwerbssteuer befreit werden können oder die zumindest vergünstigt werden kann.“ Die Grunderwerbssteuer wird beim Kauf von Grundstücken fällig, fließt ans Land und beträgt in Schleswig-Holstein 6,5 Prozent. Welche Ergebnisse ihre Anfragen beim Land bringen, vermag Ulferts noch nicht zu sagen. „Klar ist aber: Das Land muss handeln“ sagt sie, „vor allem in der Frage der Finanzierung.“
Seit dem 1. Juli erhalten die Kommunen vom Land einmalig 900 Euro für jeden Flüchtling, den sie aufnehmen. Von der sogenannten Integrationspauschale müssen sie einiges für die Menschen leisten. Dazu gehört etwa, dass die Flüchtlinge bei Behördengängen sowie Arztbesuchen beraten und gegebenenfalls begleitet werden. Und dass die Menschen bei Alltagsfragen Hilfe bekommen, dass sie Zugang zu Freizeitangeboten sowie Sprachkursen haben und dass sich jemand kümmert, wenn es um Schule, Job und Bildung geht.
Der größte Faktor, auch finanziell, ist aber die Beschaffung von Wohnraum. In Ahrensburg werden beispielsweise derzeit vier Holzhäuser an drei Standorten gebaut, zwei weitere Gebäude werden für die Flüchtlinge umgebaut. Zudem verhandelt die Stadt über Immobilien, unter anderem mit der Kirche. In Reinbek werden zurzeit zwölf Mobilheime an zwei Standorten aufgestellt. Weitere Projekte sind in Planung. Die Gemeinde Großhansdorf hat erst kürzlich den Bau seines zweiten Hauses an der Straße Radeland abgeschlossen. Die Kosten für Bau, Umbau und Ankauf von Unterbringungen müssen die Kommunen allein stemmen. Erst zu einem späteren Zeitpunkt kommt wieder etwas Geld in die Kasse, da sie die Miete dem Land in Rechnung stellen dürfen.
7,7 Prozent der Flüchtlinge kommen nach Schleswig-Holstein
Björn Warmer, Bürgermeister der Stadt Reinbek, sagt: „Sicherlich werden viele Flüchtlinge, sobald sich die Lage verbessert hat, zurück in ihre Heimat wollen.“ Die Frage, die sich die Kommunen stellen müssten, sei, was passiert, wenn die Flüchtlinge länger bleiben. Warmer sagt aber auch: „Wir sehen das nicht als Krise, sondern als gemeinsame Aufgabe.“ Amtskollege Janhinnerk Voß aus Großhansdorf sagt: „Es ist gut zu wissen, dass der Kreis uns bei den Fragen zur Verfügung steht.“ Auch den Austausch mit dem Kreis begrüßen die Verwaltungschefs.
Von den in Deutschland eintreffenden Flüchtlingen – Vizekanzler Sigmar Gabriel (SPD) rechnet mit insgesamt einer Millionen Menschen, die dieses Jahr kommen – werden 7,7 Prozent Schleswig-Holstein zugewiesen. Die Zuweisung regelt der sogenannte Königsberger Schlüssel. Der richtet sich nach den Steuereinnahmen sowie der Einwohnerzahl. Am meisten Flüchtlinge nimmt Nordrhein-Westfalen auf, die wenigsten kommen nach Bremen. Schleswig-Holstein liegt auf Platz acht. Von den 7,7 Prozent kommen 3,4 Prozent der Flüchtlinge nach Stormarn. In diesem Jahr. Was 2016 sein wird, das vermag niemand in Stormarn zu prognostizieren.