Großstadt oder Umland? Wir vergleichen Hamburger Stadtteile mit angrenzenden Kommunen. Heute: Volksdorf und Ahrensburg.
Als Betonbunker mit Flakturm bezeichnen viele Ahrensburger ihr denkmalgeschütztes Rathaus von 1970. Sie weisen im weiteren Gespräch gern explizit auf die gräulich-schmuddelige Fassade hin. Und sie vergessen auch nicht, die ungezählten Autos zu erwähnen, die auf dem Rathausplatz parken. Einige grinsen dabei, andere nicht. Dass Ahrensburg trotz seines unattraktiven Stadtkerns als Hamburgs schöne Nachbarin bezeichnet wird, ist für alle dennoch kein Widerspruch.
Schön findet auch der Kabarettist Horst Schroth die Kleinstadt im Süden Schleswig-Holsteins. Seit 2007 wohnt der 67-Jährige mit seiner Frau in Ahrensburg – seiner „Behaglichkeitszone“, wie er sagt und dabei in der Tat ziemlich zufrieden aussieht.
Für Horst Schroth war Ahrensburg ein Zufall. „Wir haben ein Haus am Stadtrand von Hamburg gesucht. Etwas Ruhiges im Grünen, aber nicht zu provinziell.“ Auf dem Weg zu einem Besichtigungstermin ist das Paar durch Ahrensburg gefahren und hat festgestellt, dass die Stadt genau das ist, was es sucht.
Vom Bahnhof sind es 15 Minuten Zugfahrt nach Hamburg
Schroth findet Ahrensburg auch praktisch – die Stadt der Standortvorteile. „Hier gibt es fast alles“, sagt er. Regalbefestigungen im Baumarkt, Haushaltswaren und Kleidung im Kaufhaus, Kultur im Veranstaltungshaus Marstall, Naherholung in den Wäldern, ein Erlebnisbad, gesellige Innenstadt-Cafés ... „Und fast alles ist fußläufig“, sagt Schroth. Er geht in sieben Minuten in die Innenstadt, in fünf Minuten ist er am Bahnhof. Von einem zum anderen Ende der Stadt brauchen Radfahrer etwa 30 Minuten.
Der Standortvorteil reicht über die Stadtgrenzen hinaus. Wer etwa am Bahnhof in den Zug einsteigt, steigt 15 bis 20 Minuten später am Hamburger Hauptbahnhof aus. Pendeln gehört für Horst Schroth, der auf St. Pauli arbeitet („Da bin ich ruckzuck da“), zum Alltag – wie für etwa 7000 Ahrensburger, die zum Arbeiten die Stadt verlassen. Auch im Neubaugebiet Erlenhof, wo sich derzeit 1000 Neubürger ansiedeln, kommen nicht wenige aus Hamburg. Es sind junge Familien, die wegen der Kinder umziehen. Ahrensburg ist wohnen im Grünen, ohne den ländlichen Klüngel und Mief. Schroth nennt den Grund: „Die Ahrensburger sind eigentlich auch Großstädter. Nett, offen, rücksichtsvoll und höflich.“
Und Ahrensburg wächst. Bei Verleihung der Stadtrechte 1949 lebten 17.775 Menschen dort. Heute sind es fast doppelt so viele. Damit ist Ahrensburg die größte Stadt Stormarns, größer als die Kreisstadt Bad Oldesloe und für ihre Bewohner deswegen die heimliche Hauptstadt der Region.
An Selbstbewusstsein mangelt es ihnen nicht. Stolz sind die Ahrensburger auch, weil sich multinationale Konzerne wie Basler, Edding und Hela angesiedelt haben. Im Sommer wird eine Großveranstaltung nach der nächsten organisiert. Zum Stadtfest kommen jährlich mehr als 100.000 Menschen – auch aus Hamburg.
Ahrensburg in Zahlen
Mehr noch: Das durchschnittliche Einkommen ist hoch, nicht nur die Häuser im Villenviertel sind beeindruckend. Am älteren der beiden Gymnasien, der Stormarnschule, drückte einst der Künstler Jonathan Meese die Schulbank. „Biene Maja“-Autor Waldemar Bonsels (1880–1952) lebte in dieser Stadt genauso wie der Steinzeitforscher Alfred Rust (1900–1983).
Touristenmagnet der Stadt ist das Schloss
Schroth ist oft auf Rusts Spuren unterwegs. Das Tunneltal, in dem der Archäologe das Leben der Steinzeit-Ahrensburger erforschte, ist der Lieblingsort des Kabarettisten. „Da gehe ich oft mit meinen Hunden Polly und Karo spazieren.“ Dort, wo vor 12.000 Jahren Jäger auf Rentiere lauerten und sie mit Pfeil und Bogen erlegten.
Und ebendort wurden auch die Überreste der mittelalterlichen Burg Arnesvelde entdeckt. Apropos Adel: Als Schloss bezeichnen die Ahrensburger das imposante und denkmalgeschützte Herrenhaus (anno 1585), das vom Rathaus aus gesehen am anderen Ende der Innenstadt liegt – als strahlend weißer Touristenmagnet der Stadt. Das Denkmal mit der Wiese statt der Autos.