Großstadt oder Umland? Wir vergleichen Hamburger Stadtteile mit angrenzenden Kommunen. Heute: Volksdorf und Ahrensburg.

Wer sich Volksdorf nähert, stolpert unweigerlich über das kleine reetgedeckte Fachwerkhaus neben dem Museumsdorf. Die ehemalige Schulkate von 1752 beherbergt den „Eichenkrug“ mit Biergarten – eines von gut einem Dutzend Restaurants in Volksdorf und seit Kurzem unter der Leitung von Starkoch Michael Wollenberg. Neben dem Eingang wird für den Kunsthandwerkermarkt am ersten Novemberwochenende geworben, der Kulturkreis Volksdorf und das Bündnis Volksdorf sind ebenfalls vertreten. Volksdorf ist ein lebendiges Dorf.

Einen Steinwurf entfernt, im Museumsdorf, hält Museumswart Egbert Läufer seine Schleswiger Kaltblüter Umberto und Erik im Zaum. Das Hufgetrappel der Pferde gehört zu Volksdorf und weckt bei Ausflüglern mit der historischen Kutsche ins holsteinische Land regelmäßig Erinnerungen an vergangene Zeiten. 50.000 Besucher kamen voriges Jahr in das Freilichtmuseum, das im Wesentlichen aus Spenden finanziert und von Ehrenamtlern betrieben wird.

Volksdorf ist familienfreundlich

„Volksdorf ist ein sehr selbstbewusster Stadtteil. Und es ist tatsächlich noch ein Dorf. Mit einer intakten Infrastruktur und Leuten, die sich auf der Straße grüßen“, sagt der Museumsmann, der seit 20 Jahren in Volksdorf lebt. In der Fußgängerzone, benannt nach der Widerstandsgruppe Weiße Rose, sind viele Mütter mit Kinderwagen unterwegs. Mit einem Schwimmbad, vier Grundschulen, einer Stadtteilschule und zwei Gymnasien zeigt sich Volksdorf familienfreundlich. Schon Altbürgermeister Ole von Beust ging hier zur Schule. Die Mütter teilen sich den Platz aber auch mit älteren Herrschaften, die hier Kaffee trinken.

Die Ohlendorffsche Villa wurde als Begegnungsstätte erhalten
Die Ohlendorffsche Villa wurde als Begegnungsstätte erhalten © HA / Klaus Bodig | Klaus Bodig

Supermarkt-, Buchhandels- und Optikerketten sind hier allgegenwärtig, einen Biomarkt und einen Bioschlachter gibt es auch, und im Umkreis von 400 Metern buhlen gleich sieben Bäckereien um Kunden, zwei davon mit Ökoware. Dagegen steht die Eulenkrugpassage nicht nur räumlich im Abseits: Gegen das in zehn Minuten erreichbare AEZ hat sie keine Chance. Mittwochs und sonnabendvormittags treffen sich die Einwohner auf dem Markt nahe der U-Bahn-Station. Mit mehr als 120 Händlern ist er einer der größten in Hamburg.

Im Bezirk Wandsbek gehört Volksdorf zu den wachsenden Stadtteilen – und zu denen mit den höchsten Durchschnittseinkommen. Auf Besucher wirkt Volksdorf wie ein Kurort. Der Landschaftsgarten hinter der Ohlendorffschen Villa im Ortszentrum ist ein anschauliches Beispiel. Die Ohlendorffs, einst die reichste Familie Hamburgs, legten so den Grundstein für Volksdorf. Durch den Handel mit Dünger reich geworden, sicherte sich Heinrich von Ohlendorff, despektierlich auch „Schietbaron“ genannt, um 1870 Jagdreviere und Bauernhöfe. Später bot er Baugrundstücke an.

Wälder und Wiesen prägen das Bild des Stadtteils

Noch immer prägen Wälder und Wiesen das Bild: im Norden der Staatsforst entlang der Grenze zu Schleswig-Holstein, im Westen das Naturschutzgebiet Teichwiesen, im Süden der Volksdorfer Wald. Typisch sind Straßen mit Baumreihen vor den Einfamilienhäusern wie am Huusbarg. Areale mit geschlossener Bebauung am Buckhorn und Sozialwohnungen am Buchenkamp findet man aber auch. Am südöstlichen Ortsrand stehen Reihenhauszeilen, bei denen erst gar nicht versucht wurde, sie zu integrieren. Dass es auch anders geht, zeigen die ebenfalls neueren Häuser mit Fachwerk und Reetdach, umgeben von Kopfsteinpflaster am Lerchenberg. Das hat natürlich seinen Preis. Aber Volksdorf ist ohnehin nicht unbedingt günstig.

Volksdorf in Zahlen

Einwohner: 20.200 Einwohner auf 11,6 Qua­dratkilometern

Durchschnittsalter : 45,8 Jahre

Anteil Rentner ab 65 Jahre:Anteil Rentner: 25,7 Prozent

Anteil der unter 18-Jährigen: 20,5 Prozent

Hartz-IV-Empfänger: 577 beziehungsweise 2,9 Prozent

Durchschnittseinkommen: 57.685 Euro

Kita-Preis im Monat: Ganztagsplatz 204 Euro (maximal). Bis zu fünf Stunden: kostenlos

Kitas insgesamt: 13 im Hamburger Gutscheinsystem

Kita-Betreuungsschlüssel: im Krippenbereich 1:5,1 und im Elementarbereich 1:5,7

Kita-Öffnungszeiten: Träger Hamburger Elbkinder Montag bis Donnerstag 6 bis 18 Uhr, Freitag 6 bis 17 Uhr

Durchschnittliche Grundstückspreise: 513 Euro pro Quadratmeter

Durchschnittsmiete (Neuvermietung 80 bis 120 Quadratmeter): 11,0 Euro pro Quadratmeter

Durchschnittliche Wohnungsgröße: 111,9 Qua­dratmeter

Nahverkehrsangebot: In 27 Minuten fährt man mit der U-Bahn-Linie 1 bis zum Hauptbahnhof, 32 Minuten sind es bis zum Jungfernstieg

Preise: Im Speiselokal Eichenkrug kosten0,3 Liter Lübzer oder Moravia vom Fass 3,50 Euro. Eine Schrippe in der Bäckerei kostet 32 bis 38 Cent JR

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Hoch im Kurs stehen in dem Stadtteil übrigens Bürgerbegehren. So schafften es die Anwohner, das Koralle-Kino durch Spenden in ein Bürgerhaus mit Bühne und Bistro zu verwandeln und die Ohlendorffsche Villa als Begegnungsstätte zu erhalten. Auch die Polizeiwache und die Försterei gibt es dank des Engagements weiterhin. Läufer: „Die Volksdorfer sind streitbar, aber sachlich. So kann man sich später wieder in die Augen sehen.“

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