Ammersbek. Die Gemeinde geht mit einem Straßenkataster die Pflege des Straßennetzes längerfristig an. Bürgermeister sieht „Modellcharakter“.
Bürgermeister Horst Ansén hat einige Karten von Ammersbek in seinem Büro. Das neueste Stück ist ein eher unscheinbarer Plan an der Wand neben seinem Besprechungstisch in schwarz-weiß mit verschiedenfarbigen Linien, die den Verlauf der Straßen in der Gemeinde nachzeichnen. Die Farben scheinen auf den ersten Blick recht gleichmäßig verteilt über die weitläufige Gemeinde mit fünf Ortsteilen und einer Gesamtgröße von 18 Quadratkilometern.
Die Legende am Kartenrand verrät, dass die farbigen Markierungen für den Zustand der Straßen stehen: drei Grüntöne markieren den guten bis sehr guten Zustand, Gelb zeigt, dass noch kein akuter Handlungsbedarf besteht, wohingegen die drei Rottöne verschiedene Grade von Schäden anzeigen.
43 Kilometer Straße wurden untersucht, mehr als ein Drittel ist schadhaft
Die Karte ist ein Ergebnis der groß angelegten Untersuchung, die von der Gemeinde beim Ingenieurbüro Waack + Dähn aus Norderstedt in Auftrag gegeben wurde. Die Spezialisten für Tief- und Straßenbau haben über ungefähr ein Jahr durch Begutachtung und Messungen vor Ort ein Kataster der gemeindeeigenen Straßen, insgesamt etwa 43 Kilometer, erstellt. Ihr Fazit nach Auswertung der Bewertungsbögen: Auf 16,25 Kilometern, mehr als einem Drittel der Ammersbeker Straßen, muss in den nächsten Jahren gearbeitet werden – wobei der Umfang der Maßnahmen von Erhaltung, also dem Tagesgeschäft, über die Sanierung bis hin zur Erneuerung reicht.
„Wir haben diese Zustandserfassung, die etwa 10.000 Euro gekostet hat, in Auftrag gegeben, weil wir uns mit der Politik darüber einig waren, dass die Pflege unseres Straßennetzes eine elementar wichtige Aufgabe ist, die nicht abhängig von der Zusammensetzung der Gemeindeverwaltung und dem jeweiligen Bürgermeister sein darf oder immer nur kurzfristig nach Kassenlage entschieden werden sollte“, sagt Ammersbeks Bürgermeister Horst Ansén. Die Erfahrung zeige, dass kurzfristiges Handeln zum Verschieben von Maßnahmen verleite, insbesondere nach mehreren milden Wintern. Ansén: „Wenn man jedoch zu spät ausbessert, wird es am Ende noch teurer, weil der Schaden erheblich größer wird. Straßen wachsen nicht von allein wieder zusammen. Außerdem sollte man nicht vergessen, dass jede Straße eine Lebenserwartung von vielleicht 35 Jahren hat. Bei uns werden einige Straßen in den kommenden Jahren dieses Alter überschreiten.“
Für den Bürgermeister hat das Ammersbeker Projekt Modellcharakter. „Das Straßenkataster gibt uns größere Planungssicherheit. Und es sorgt für Transparenz, auch für die Bürger, die ein Recht darauf haben zu wissen, was in absehbarer Zeit an Kostenbeteiligung auf sie kommt, wenn sie Anlieger einer zu sanierenden Straße sind. Es ist ein Gebot der Fairness, auch ihnen Planungssicherheit zu geben.“
Die Zustandserfassung soll Planungsgrundlage für den Zeitraum von 2017 bis 2037 sein. Der Blick 20 Jahre voraus kann selbstverständlich keine solide Basis für eine Kostenschätzung sein, als dementsprechend grob bezeichnet Bürgermeister Ansén die aktuelle Annahme: „Wir gehen von ungefähr 15 Millionen Euro in den kommenden 20 Jahren aus. Etwa fünf Millionen davon dürften durch Anliegerbeiträge finanziert werden. Die anderen zwei Drittel müsste die Gemeinde tragen.“
Für die Verwaltung hat die Arbeit nach Abschluss des Straßenkatasters, bei dem es nicht nur um den Zustand von Fahrbahnbecken ging, sondern zum Beispiel auch um die Straßenbeleuchtung, erst richtig begonnen. Denn es mussten die empfohlenen Maßnahmen für das Straßennetz mit Planungen für die Abwasser- und Regenwasserkanalisation koordiniert werden – damit es nicht zu Abstimmungsdefiziten, doppelten Kosten und ähnlichen Schildbürgerstreichen kommt.
Die Politik wird nach der Sommerpause über eine Prioritätenliste abstimmen
Überdies hat die Verwaltung im Zusammenspiel verschiedener Fachabteilungen eine Prioritätenliste ausgearbeitet und der Politik vorgelegt, die nach der Sommerpause darüber entscheiden soll. Noch für dieses Jahr ist eine Bürgerversammlung vorgesehen, um auch Anlieger über die langfristige Planung zu informieren.
Horst Anséns Wort vom Modellcharakter des Projektes kommt dem Besucher in den Sinn, wenn er von Ammersbek nach Ahrensburg zurückfährt und die deutliche Verschlechterung der Fahrbahnqualität hinter der Gemeindegrenze in der Bünningstedter Straße und im Reeshoop viel bewusster wahrnimmt. Die Stadt Ahrensburg bedürfte offenbar noch dringender einer Inventur ihres Straßennetzes.