Ammersbek. Verwaltung informiert, 120 Bürger hören zu. Bürgermeister: „Das kann doch für eine Gemeinde wie die unsere kein Problem sein“.

Manchmal helfen simple Zahlen, wenn allzu viele Wörter ein Thema heillos verwirren. Die Ziffernkombination, mit der Ammersbeks Bürgermeister Horst Ansén im Pferdestall, dem Dorfgemeinschaftshaus der Gemeinde, die Zuhörer verblüffte, war ein Verhältnis von 9743 zu 100. Nachsatz: „Das kann doch für eine Gemeinde wie die unsere kein Problem sein.“

Weniger als ein Prozent neue Mitbewohner werden es sein

Der Bürgermeister hatte in seiner Rede den rechten Maßstab hergestellt, indem er die aktuelle Einwohnerzahl von Ammersbek in Relation zu den Flüchtlingen setzte, die Ende dieses Jahres in der Gemeinde untergebracht sein werden. Weniger als ein Prozent neue Mitbewohner werden es dann sein, ein objektiv geringer Anteil, der subjektiv oft ganz anders wahrgenommen wird, wenn über die direkten und indirekten Belastungen durch den wachsenden Zustrom von Asylbewerbern geklagt wird.

Es war ein kluger Schachzug der Ammersbeker Verwaltung, das anderswo brisante Thema offensiv durch Aufklärung und offene Diskussion anzugehen. Etwa 120 Bürger waren der Einladung zur „Informationsveranstaltung Flüchtlinge in Ammersbek“ gefolgt. Dabei sollte es um „Zahlen, Daten, Fakten“ zum Thema gehen, aber auch um Ängste und Sorgen der Einwohner.

Etwa 200.000 Flüchtlinge habe Deutschland 2014 aufgenommen

Bürgermeister Ansén ordnete das Thema in seinem einleitenden Vortrag in einen größeren sachlichen Zusammenhang ein, nicht zuletzt um einem allzu emotionalen Gesprächsverlauf vorzubeugen. Etwa 200.000 Flüchtlinge habe Deutschland 2014 aufgenommen, die Prognose für dieses Jahr liege bei mehr als 340.000. Deutschland sei, relativ an seiner Gesamtbevölkerung gemessen, mitnichten das Land in Europa, das die meisten Flüchtlinge aufnehme, sondern stehe lediglich an siebter Stelle. Von den 200.000 im vergangenen Jahr, seien 6800 nach Schleswig-Holstein, 524 nach Stormarn und nur 22 nach Ammersbek gekommen.

Zurzeit lebten rund 70 Flüchtlinge in Ammersbek. Die Gemeinde strebe an, alle Asylbewerber in festen Unterkünften unterzubringen und ihnen mobile Provisorien zu ersparen. Neben der zentralen Unterbringung in der Ohlstedter Straße habe die Gemeinde zahlreiche weitere Wohnungen angemietet und sei Flüchtlingen bei der direkten Anmietung behilflich gewesen. Zusätzlich sei gerade das Gebäude mit Postfiliale erworben worden, das ab August zur Flüchtlingsunterkunft umgebaut werde (wir berichteten). Ein über die Gemeinde verteiltes Patchwork sei das, das dem Grundsatz folge, dass Integration im Kreise anderer Menschen besser gelinge als im Ghetto auf der grünen Wiese.

Es bedürfe ehrenamtlicher Unterstützung von Mitbürgern

Dennoch, so Ansén, reichten die Leistungen der Verwaltung nicht aus, und es bedürfe ehrenamtlicher Unterstützung von Mitbürgern, zum Beispiel im Freundeskreis Flüchtlinge. Dessen Mitgründerin Angelika Schmidt berichtete von Patenschaften, Deutschunterricht und Unterstützung beim Bewältigen von Alltag und Bürokratie, die als Hilfe zur Selbsthilfe angelegt seien. Shirin Zarghami-Moghaddam, die für das Diakonische Werk Flüchtlinge in zahlreichen Gemeinden sprachlich und organisatorisch unterstützt, lobte den Umgang der Ammersbeker Bürger und der Verwaltung mit Asylbewerbern.

Gleichwohl waren in der Diskussion auch Vorbehalte, Vorurteile und Kritik an der Ammersbeker Linie zu hören. Das sei legitim, sagte der Bürgermeister: Niemand, der kritische Fragen stelle, dürfte diskreditiert werden. Darüber müsse man diskutieren. „Probleme habe ich dagegen, wenn Unwahrheiten hintenrum propagiert werden“, sagte Horst Ansén. Sein Fazit: „Ich bin stolz, Bürgermeister einer Gemeinde zu sein, die das Thema gut angenommen hat.“