Bargteheide. Wohnungsbau im Bargteheider Süden lässt keinen Platz für alternatives Projekt. Initiatoren sind auf der Suche nach einem neuen Platz.

Sie feiert, lacht und zeigt neugierigen Gästen stolz ihr bunt bemaltes Zuhause auf vier Rädern. Die ihr schon so häufig gestellten Fragen wie „Und wo geht ihr aufs Klo?“, „Wie wascht ihr eure Wäsche?“ beantwortet sie mit sympathischer Routine. Sie, das ist Nora Morgenroth, 22 Jahre alt. Seit zweieinhalb Jahren ist die angehende Tischlerin Teil der Bauwagen-Gemeinschaft, die sich im Sommer 2012 auf einer Wiese im Bargteheider Süden ein Dorf geschaffen hat. Am Wochenende war Tag der offenen Tür.

Derzeit stehen 13 Bauwagen und ein zum Camper umgebauter Lkw auf dem 3500 Quadratmeter großen Gelände. Ein kleiner Pool sorgt an heißen Tagen für Abkühlung, die große Feuerstelle in der Mitte des Platzes für gemütliche Abende.

Im Juni 2016 sollen die Bagger anrücken

Ein Dutzend junger Menschen im Alter von Anfang bis Ende 20 lebt hier. Einige sind im Lauf der Zeit dazugekommen, andere von Anfang an dabei. Sie alle haben sich ganz bewusst für diese alternative, naturnahe Lebensform entschieden, die „sich wunderbar anfühlt und sich ganz auf’s Wesentliche beschränkt“, wie Nora es ausdrückt. Doch damit könnte es bald vorbei sein.

Nora Morgenrith, 22, angehende Tischlerin, ist stolz auf ihren bunt angemalten Bauwagen
Nora Morgenrith, 22, angehende Tischlerin, ist stolz auf ihren bunt angemalten Bauwagen © Verena Künstner | Verena Künstner

Jedenfalls auf dem Gelände in Bargteheide. Der Pachtvertrag lief Ende vergangenen Jahres aus, der Eigentümer der Fläche hat Eigenbedarf angemeldet. Im Juni 2016 sollen die ersten Maschinen anrücken, die den Weg für den Bau eines sozialen Wohnprojektes ebnen. 160 Wohneinheiten für Singles, Familien, Alleinerziehende, Junge und Alte, Behinderte und Nichtbehinderte sind vorgesehen.

Es ist nicht das erste Mal, dass die Zukunft des Bargteheider Bauwagenplatzes ins Wanken gerät. Hannes Neuhaus, 26-jähriger Holzwirtschaftsstudent, gehört zur Gründungsgruppe. Er sagt: „Wir wussten von Anfang an, dass hier irgendwann gebaut werden soll. Deswegen trifft uns das jetzt nicht aus heiterem Himmel.“ Was die Angelegenheit für die Gemeinschaft aber nicht leichter macht. Manche kannten sich schon vor dem Bezug des Platzes, und durch das Zusammenleben haben sich diese Freundschaften noch verstärkt. Auch das Bangen um das Weiterbestehen des Platzes hat sie fester zusammengeschweißt. Ronja Knudsen, Hannes’ Bauwagen-Nachbarin, sagt: „Wir mussten bisher in jedem Jahr damit rechnen, dass wir hier weg müssen und haben quasi nur von Sommer zu Sommer geplant.“ Doch immer wieder wurde ihnen weitere Zeit geschenkt, die sie intensiv zum Ausbau ihrer unkonventionellen Form des Wohnens genutzt haben.

Nachbarin ist beeindruckt von der Gastfreundschaft

Es gibt beispielsweise zwei Kompost-Klos und den kleinen Pool. Oder die solide Außenküche, um die Diego di Fausto, 26 Jahre alt und Tischler, seinen Bauwagen ergänzt hat. Das umfangreichste Projekt aber ist das 25 Meter lange Gewächshaus, das sie vor einem Jahr auf der Südseite des Platzes gebaut haben. Der Lohn: das eigene Gemüse und die Gewissheit, dem Ziel einer selbstbestimmten und nachhaltigen Lebensweise wieder einen Schritt näher gekommen zu sein.

Barbara Burmester ist Bargteheiderin und wohnt in direkter Nachbarschaft des Bauwagenplatzes. Zum Sommerfest kam die 77-Jährige mit dem Fahrrad. Sie sagt: „Ich habe die Einladung zum Anlass genommen, endlich einmal mit eigenen Augen zu sehen, was hinter diesem besonderen Wohnprojekt steckt.“ Ob sie Vorurteile hatte? Barbara Burmester: „Man kennt natürlich die Meldungen über Ausschreitungen auf Bauwagenplätzen in Städten wie Hamburg und Berlin.“ Über den Bauwagenplatz in ihrer Heimatstadt habe sie noch nie derart Negatives gehört. Im Gegenteil. Umso neugieriger sei sie auf die Menschen gewesen, die ihr begegnen würden. Dass sie so herzlich empfangen, bewirtet und auf dem gesamten Gelände herumgeführt würde, hätte sie jedoch nicht erwartet. „Die Offenheit und Natürlichkeit der jungen Leute hat mich begeistert. Dieses Engagement ist absolut unterstützenswert“, sagt die gelernte Erzieherin.

Ein kleines bisschen Hoffnung besteht zwar, dass der für Sommer 2016 geplante Wohnungsbaubeginn auf dem jetzigen Bauwagenplatz noch einmal verschoben werden muss. Politiker und Anwohner diskutieren nämlich noch über die optimale Verkehrsanbindung. Und das kann erfahrungsgemäß dauern. „Trotzdem wäre es uns lieber, wenn wir möglichst bald eine neue Fläche finden“, sagt Ronja Knudsen.

Wer den Bewohnern des Bauwagenplatzes bei der Suche helfen möchte, kann sie auf dem Gelände (Adresse: Am Bornberg 2a) besuchen.