In Ahrensburg werden im Jahr etwa 2,3 Millionen Kubikmeter Abwasser gereinigt – für die kreisweit geringsten Gebühren.
Wir haben den Tiefpunkt von Ahrensburg erreicht und stehen zugleich an einem Ort, der Spitze ist, was die Leistungsfähigkeit einer städtischen Einrichtung betrifft. Die Rede ist von der Stadtentwässerung und ihrer Kläranlage, die an der Grenze zum Ammersbeker Ortsteil Bünningstedt gebaut wurde – „sinnvollerweise am tiefsten Punkt von Ahrensburg“, sagt Henning Wachholz, seit 2009 Chef der Stadtbetriebe und damit für den Bereich verantwortlich, der regelmäßig von Politikern aller Fraktionen für Effizienz, Transparenz und Kosten gelobt wird.
Ahrensburg leistet sich eine eigene Kläranlage und nutzt die Selbstständigkeit so gut, dass sie sich für die Bürger rechnet. Die Schmutzwassergebühr der Stadt beträgt 1,60 Euro pro Kubikmeter. Das ist der niedrigste Satz im Kreis (siehe unten). Die Arbeit von Henning Wachholz und seinem, wie der Bio-Ingenieur sagt, „kleinen, aber feinen Team“ von 19 Mitarbeitern ist noch höher zu schätzen, wenn man die Entwicklung der Gebühren betrachtet. Im Jahr 2001 wurden in Ahrensburg für den Kubikmeter Schmutzwasser 2,29 Euro berechnet, seit 2014 steht der Preis bei 1,60 Euro – eine Gebührensenkung über die Jahre von mehr als 30 Prozent, in Zeiten, in denen Preise üblicherweise stetig steigen.
Abwassergebühren sind lokal unterschiedlich
Möglich wird dies durch eine Anlage, die zwischen 1988 und 1994 nahezu neu gebaut wurde und seither so gut gewartet wird, dass auch bereits abgeschriebene Bestandteile wie die Tropfkörper noch zuverlässig arbeiten. Zudem wurde immer dann modernisiert, wenn eine Investition auf Dauer wirtschaftlichen Nutzen versprach. An der Anlage, die überdies häufigem Schwachstellen-Controlling unterzogen wird, lässt sich im kleinen Maßstab gut beschreiben, wie die Reinigung unseres Abwassers funktioniert.
210 Kilometer Kanäle für Regen und Schmutzwasser liegen unter der Stadt
Ungefähr 2,3 Millionen Kubikmeter Schmutzwasser werden jährlich in der Ahrensburger Kläranlage gereinigt. Ein Großteil dieses Wassers nimmt vorher einen Weg, den es ohne Hilfe nicht bewältigen könnte. Das Ahrensburger Höhenprofil vergleicht Henning Wachholz mit einem umgedrehten Teller. Er beschreibt die Mitte Ahrensburgs als uhrglasförmig gewölbte Endmoräne, die ringsum von teils moorigen und weitgehend naturbelassenen Niederungen umschlossen wird.
Insgesamt 210 Kilometer Kanäle sind in zwei getrennten, etwa gleichlangen Röhrensystemen unter der Stadt verlegt: eines für das Niederschlagswasser, das in 29 Regenrückhalte- und Klärbecken von Sedimenten befreit in den natürlichen Wasserkreislauf zurückfließt. Das andere System transportiert das Abwasser der Stadt. Es überwindet mit Hilfe von Pumpen – die Stadt nutzt 15 Pumpwerke und
15 Kilometer Schmutzwasserdruckrohrleitungen – auch ansteigendes Gelände, um schließlich in der Kläranlage im Norden anzukommen, wo es tagsüber im Ausgleichsbecken gesammelt wird, bevor die Reinigung beginnt.
Zahlen rund um Zu- und Abwasser
Wie beliebig angeordnet erscheinen die vielen Gebäude auf dem Areal der Stadtentwässerung: Klötze, Türme, Hallen und Becken, die allesamt durch ein Gewirr von Rohren und einen markanten, blau verkleideten Hochkanal miteinander verbunden sind. Der begehbare Kanal ist für Olaf Grönwald, den Leiter der Kläranlage, eine ihrer großen Qualitäten: „Wegen des hohen Grundwassers wurden die Leitungen in der Höhe verlegt. Das war zwar teuer, aber wir profitieren heute von dieser Investition, weil wir an alles gut herankommen, was uns die Wartung und Erweiterung der Anlage erleichtert.“
Das Gebäude am Anfang der Kette sieht nicht nur hermetisch aus, es ist wie alle anderen der Anlage so abgeschlossen, dass weder Geräusche noch Gerüche nach außen dringen – mit Rücksicht auf gar nicht so weit entfernte Anwohner im idyllischen Grün. Olaf Grönwald warnt vor dem Eintreten: „Es müffelt hier ein bisschen.“ Tatsächlich ist der Geruch in der Vorreinigungshalle dank Unterdruck und Luftzufuhr weniger schlimm als befürchtet. Die erste Reinigungsstufe ist eine mechanische, zwei Rechen fischen Fremdkörper aus dem Abwasser, in den belüfteten Sandfängen werden grober Sand und Fett getrennt.
Selbst produziertes Methangas liefert Energie und Wärme für die Anlage
Es folgen zwei weitere Reinigungsstufen, die biologische und die chemische, in mehreren Schritten: in Belebungsbecken, in denen nacheinander durch Belüftung und Sauerstoffentzug Kohlenstoff-, Stickstoff- und Phosphatverbindungen abgebaut werden. Im Zwischenklärbecken wird der Belebtschlamm vom Abwasser getrennt, das in den sogenannten Tropfkörper gepumpt wird, wo Ammoniumstickstoff zu Nitratstickstoff umgewandelt wird. Danach erfolgt eine Denitrifikation im Schlammbettreaktor und schließlich die Filtration, bei der durch Beigabe von Eisen(III)chloridsulfat die Phospate getrennt werden können.
Das geklärte Wasser läuft in den Bornteich unterhalb der Tropfkörper. Entwässerte Schlämme werden mit zugeführten Fetten bei 38 Grad Celsius im Faulbehälter gesammelt, wo sie energiereiches Methangas produzieren, das die Motoren im Blockheizkraftwerk antreibt, das wiederum die gesamte Anlage mit Energie und Wärme versorgt, was einen fast autarken Betrieb ermöglicht. Der Klärschlamm wird nach Hamburg zur Monoverbrennung transportiert. 2014 waren das 2901 Tonnen, die Zahl der Container betrug 264.
Ein komplexes System, an dessen Optimierung ständig gearbeitet wird. Henning Wachholz denkt bereits über eine solare Trocknung in einer Gewächshaus-ähnlichen Anlage nach, die den Klärschlamm noch wirksamer entwässern könnte. „Bislang ist aber noch kein wirtschaftlicher Vorteil erkennbar“, sagt er. Vorstellbar erscheint ihm auch eine vierte Reinigungsstufe, die vom Gesetz vorgeschrieben werden könnte: eine Filtration durch Aktivkohle, die Mikroverunreinigungen durch Medikamentenrückstände beseitigen soll, was die Abwassergebühr spürbar teurer machen würde.
Am Ende unseres Rundgangs stehen wir am Überlauf vom Bornteich in die Aue, gegenüber vom Neubaugebiet Erlenhof. Wer sich fragt, wie die Aue den Zufluss des frisch geklärten Wassers verträgt, den kann Olaf Grönwald: beruhigen: „Von hier kommt fast besseres Wasser als vom Oberlauf der Aue.“