58 davon leben auf dem Hof Düwiger der Familie Niemeyer-Reckmann, die seit Anfang der 60er-Jahre Pensionspferdehaltung betreibt.
Wer den Weltuntergang fürchtet, versteckt sich bei akuter Gefahr am besten auf dem Reithof Düwiger in Hoisdorf. Einzige Voraussetzung; Er muss ein Pferd sein. Auf dem Reithof ist zumindest die Nahrung gesichert, es gibt drei Mahlzeiten täglich. „Die Pferde wollen gefüttert werden, bei jedem Wetter, alle Tage im Jahr, auch wenn die Welt untergeht“, sagt Sönke Niemeyer-Reeckmann. Seiner Familie gehört der Hof nun schon in vierter Generation, die Urgroßmutter hat kürzlich ihren 100. Geburtstag gefeiert.
Die Niemeyer-Reeckmanns gehören zu den 844 Pferdehaltern in Stormarn. Insgesamt sind 8553 Pferde im Kreis gemeldet. „Die Dunkelziffer ist aber sicher viel höher. Ich schätze, es sind eher 20.000 Pferde“, sagt Klaus Thormählen, Vorsitzender des Kreispferdesportverbands Stormarn. Dunkelziffer klingt sehr kriminell, aber in der Tat: Eigentlich müssen Pferde beim Kreis angemeldet werden. Schuld daran ist – noch so ein unschönes Wort – die Viehverkehrsverordnung. Auf der Homepage des Kreises gibt es ein Formular zum Herunterladen. „Den zuständigen Behörden müssen möglichst alle Tierhaltungen bekannt sein. Nur so können Tierseuchen effektiv und schnell bekämpft werden“, heißt es. „Dass ein Pferd angemeldet werden muss, wissen aber viele nicht“, sagt Klaus Thormählen.
Im Kreis Stormarn gibt es 36 Reitvereine
Ob nun 8553 oder 20.000 Pferde – 58 von ihnen stehen auf dem Hof Düwiger. „Der Hof hat in Stormarn eine lange Tradition“, sagt Klaus Thormählen. Wer sich von den Besitzern die Geschichte und den Ausbau erklären lässt, kann auch viel darüber lernen, wie sich Pferdehaltung verändert hat. „Die Gesellschaft fordert ganz klar artgerechte Haltung. Früher etwa waren Fohlen den ganzen Winter über im Stall. Das ist heute nicht mehr möglich. Pferde müssen viel raus, auch Sportpferde“, sagt Thormählen.
„Das hier ist der alte Kuhstall“, sagt Sönke Niemeyer-Reeckmann. Er deutet auf das Gebäude. „Man sieht im Vergleich zu den neuen Ställen, wie dunkel es hier ist – obwohl wir nachträglich Fenster eingebaut haben.“ Auch im alten Bauernhaus wurden Fenster und Türen nachgerüstet. „Licht und Luft sind für Pferde sehr wichtig“, sagt Dagmar Niemeyer-Reeckmann. Sie steht im neusten Stall des Hofes – eingepackt mit gestricktem Rollkragenpullover und einer warmen Jacke, die etwa das gleiche Grün hat wie ihre Augen. „Was wir als kalt und frierig empfinden, ist für Pferde gesund. Früher hat man Ställe warm geheizt, heute müssen sich die Reiter eben warm anziehen“, sagt sie und lächelt.
Holsteiner, Hannoveraner, Oldenburger und Trakehner sind in Stormarn beliebt
Der Stall ist nun seit zwei Jahren in Betrieb. Es gibt Lichtluken im Dach, die Boxen sind offen, an einer Seite gibt es keine Wand. Bei Regen oder starkem Wind kann ein aufgerollter Schutz heruntergekurbelt werden. „Vor 20 Jahren waren Außenboxen noch etwas besonderes.“ Welches Pferd wo steht, ist eine Preisfrage. „Die teuersten Boxen bei uns kosten 440 Euro, die günstigsten 300 Euro im Monat.“ Aber auch für die teuersten Plätze gibt es eine Warteliste. Die Pferde auf dem Hof sind alle zur Miete da. „Alles Einsteller“, sagt Dagmar Niemeyer-Reeckmann. Die eigenen Pferde stehen auf dem zweiten Hof der Familie bei Bargteheide. Hier züchtet Dagmar Niemeyer-Reeckmann auch Holsteiner. Die Rasse, die in Schleswig-Holstein häufig gezüchtet wird. „Es sind hervorragende Springpferde“, sagt Klaus Thormählen. Sie zeichnen sich aus durch Charakter, Charisma und Klasse – der Holsteiner Verband trägt diese drei Eigenschaften im Namen. Rassen, die ebenfalls häufig vorkommen im Kreis Stormarn, sind Hannoveraner, Oldenburger und Trakehner.
Auf dem Hof Düwiger in Hoisdorf gab es lange gar keine Pferde, die Landwirtschaft begann mit Kuh- und Schweinehaltung. „Los ging es mit dem Bauernhaus, das hat der Großvater meines Mannes gebaut“, sagt Dagmar Niemeyer-Reeckmann. 1939 kaufte Karl Düwiger den Betrieb als Siedlungshof, 1940 wurden die ersten Gebäude gebaut. Erst Anfang der 1960er-Jahre stellte die Familie langsam auf Pensionspferdehaltung um.
Es ist ein gewachsener Betrieb. Es gibt Luftaufnahmen des Geländes. Wer das Bild aus dem Jahr 1954 neben dem von 1993 sieht, erkennt, wie neben einem alten Bauernhaus mit Gemüsegarten ein Altenteil gebaut wurde, wie Weiden entstanden, die Reithallen, Dressurvierecke, Plätze zum Springreiten und neue Boxen. Ebenso gewachsen ist die Tradition: Alle haben eine landwirtschaftliche Ausbildung. „Sönke und mein Mann sind Landwirtschaftsmeister, ich habe Landwirtschaft studiert“, sagt Dagmar Niemeyer-Reeckmann.
Den Hof zu betreiben sei Lebensinhalt und Lebensaufgabe
„Auch unser Reitlehrer, Arno Knickrehm stammt aus einer alten Reiterfamilie.“ Und noch eine Tradition: Jedes Jahr geht es im Winter zum Skifahren. Das ist die einzige Zeit im Jahr, zu der Familie Niemeyer-Reeckmann gemeinsam Ferien machen kann. „Es ist mühselig, das zu organisieren. Aber wir haben sehr gute Mitarbeiter und nette Kunden. Es helfen alle mit.“ Den ganzen großen Rest des Jahres können alle immer nur mal ein paar einzelne Tage wegfahren – und vor allem: allein.
So einen Hof zu betreiben ist viel Arbeit. „Es ist Lebensinhalt und Lebensaufgabe“, sagt Sönke Niemeyer-Reeckmann. „Man muss darin aufgehen.“ Ein Hobby? „Der Betrieb.“ Er lächelt. Der 25-Jährige ist nebenbei noch Jugendobmann bei der Kreisjägerschaft Stormarn und in der Freiwilligen Feuerwehr. Viel Arbeit. „Aber dafür sind wir ja auch eine Familie, wir können uns absprechen“, sagt er. „Wenn ich nachts zu einem Großbrand muss, kann ich eine SMS schreiben und muss dann doch nicht so früh raus auf den Hof.“ Nebenbei kümmert er sich noch um seine Hunde, einen Kleinen Münsterländer und einen Parson Jack Russell Terrier.
Derzeit ist der Hof mit den Vorbereitungen für die Kreismeisterschaft im Juli beschäftigt. „Wir haben schon vor Weihnachten mit der Planung angefangen“, sagt Dagmar Niemeyer-Reeckmann. Bald werden wieder bunte Hindernisse auf den Plätzen stehen, das Publikum wird auf dem Wall sitzen und einigen der 8553 Stormarner Pferden zuschauen – beim Springen, bei Dressuraufgaben, wie sie frisch gestriegelt über den Platz stolzieren – zwischen drei regelmäßig servierten Mahlzeiten pro Tag.
15 Euro kostet die Anmeldung eines Pferds
Nach der Viehverkehrsordnung müssen Pferde auch im Kreis Stormarn beim Fachdienst Recht und Veterinärwesen angemeldet werden. Für Halter, also die unmittelbaren Besitzer der Tiere, gibt es hierzu ein Formular im Internet (www.kreis-stormarn.de). Angegeben werden müssen die Zahl der im Jahresdurschnitt gehaltenen Pferde, ihre Nutzungsart und ihr Standort. Wer sein Pferd bei einem Halter eingestellt hat, muss sich nicht selbst registrieren lassen. Die Gebühr für die Erteilung einer Registriernummer beträgt 15 Euro. Die Anmeldung ist wichtig, damit Tierseuchen effektiv bekämpft werden können. Gemeldet werden müssen neben Pferden auch Rinder, Schweine, Schafe, Ziegen, Hühner, Puten, Enten, Gänse, Fasane, Rebhühner, Laufvögel, Wachteln und Tauben.
Insbesondere gegen Tetanus sowie verschiedene Virusinfektionen wie Influenza oder Herpes sollten Pferde regelmäßig geimpft werden. Rechtlich vorgeschriebene Impfungen gibt es zurzeit allerdings nicht.