Elmenhorst. Einer von ihnen gehört den Unverhaus. Sie sind Tomaten-Experten aus Elmenhorst. Seit 2008 leben sie vom Geschäft mit den Bio-Lebensmitteln.

Der Wall ist 50 Meter lang, zwei Meter breit, 1,20 Meter hoch und mit einer grünen Fleece-Folie überdeckt. Darunter ist es bis zu 70 Grad heiß. „Dreimal im Jahr wird er umgebaggert und belüftet, dann können die Bakterien mehr umsetzen“, sagt Lutz Unverhau, der stets ein wachendes Auge auf das von ihm geschaffene Werk hat. Darunter verbirgt sich Kompost. Rund zwölf Monate beträgt die Liegezeit, dann hat er sich zersetzt und ist perfekt. Etwa 60 Kubikmeter kommen heraus. Damit düngt Unverhau seine rund 100 Anbauprodukte – und verzichtet dabei auf moderne Pflanzenschutzmittel und Kunstdünger. Anders als die konventionellen Landwirtschaftsbetriebe darf Unverhau die nicht benutzen.

Mit seinem Bruder Tim, 50, betreibt der 48-Jährige den Kleverhof in Elmenhorst, es ist ein Biohof. 25 davon gibt es im Kreis Stormarn. So unterschiedlich die Schwerpunkte in Sachen Anbau auch sind, gelten für sie dieselben Regeln und Merkmale. Unter anderem die Beachtung der Fruchtfolge. Demnach wird frühestens alle fünf Jahre die gleiche Pflanze auf einem Acker angebaut. Auch ist für Bio-Tiere ein wesentlich höheres Platzangebot vorgeschrieben als in der konventionellen Haltung. Zudem werden sie erst nach einer etwa doppelt so langen Mastzeit geschlachtet.

650 verschiedene Sorten Tomaten bauen die Unverhaus an

Die Brüder aus Elmenhorst halten nur drei Pferde und sechs Enten. Der von den Tieren erzeugte Mist ist ein wesentlicher Bestandteil des Komposts. Lutz und Tim Unverhau haben den Hof geerbt. Seit 2008 leben sie vom Geschäft mit Bio-Lebensmitteln. 1996 begannen die Unverhaus mit dem Aufbau der Räumlichkeiten und damit, die Flächen urbar zu machen. Heute bewirtschaften sie sechs Hektar Land, drei davon gehören ihnen, der Rest ist gepachtet. Doch die Anbaufläche ist wesentlich kleiner: Auf 5000 Quadratmetern Außenfläche ernten sie Feingemüse wie Salate, Gurken, Mangold und Kohlrabi, dazu Obst und Pilze.

Spezialisiert haben sich die Bio-Gemüse-Gärtner, wie sich die Unverhaus bezeichnen, auf Tomaten. 650 verschiedene Sorten in vielen unterschiedlichen Farben bauen die Elmenhorster an, einige sind sogar gestreift. Sie tragen witzige Namen wie Spanish Dancer, Bananenbein, Huf vom Wildschwein oder Roter Spitzel. „In den Supermärkten sind Haltbarkeit und Ertrag am wichtigsten, bei unseren Tomaten steht der Geschmack im Vordergrund. Zudem sind mehr Nährstoffe drin“, sagt Tim Unverhau. Dass Erzeugnisse aus biologischem Anbau teurer sind, verstehe sich von selbst. „Zum Glück gibt es aber immer mehr Menschen, die bewusst essen. Das merken wir auch an unseren Kunden.“

90 Prozent der Erzeugnisse werdenim eigenen Hofladen verkauft

Mit ihren Tomaten beliefern die Unverhaus auch den Großhandel. 90 Prozent ihrer Anbauprodukte werden aber im eigenen Biohof-Laden verkauft. Besonders beliebt sind die Tomaten-Jungpflanzen. „2014 haben wir 5000 Stück gehabt, seit Mitte Mai sind sie ausverkauft“, sagt Tim Unverhau. Immer wieder kommen Kunden und fragen an. Sie müssen bis kommendes Jahr warten.

Hier können Sie Bio-Produkte direkt vom Erzeuger kaufen

In Elmenhorst hat der Hofladen Kleverhof (Mönkenbrook 26) montags bis freitags von 8 bis 19 Uhr und am Sonnabend von 8 bis 16 Uhr geöffnet.

In Neritz befindet der Obsthof Lienau (Bergstraße 2). Er hat täglich von 9 bis 18 Uhr geöffnet.

In Tangstedt beim Hofladen Gut Wulksfelde (Wulksfelder Damm 15) kann von montags bis sonnabends zwischen 8 und 19 Uhr eingekauft werden.

In Ahrensburg bietet der Hofladen Wulfsdorf (Bornkampsweg 39) von Montag bis Freitag zwischen 9 und 18.30 Uhr und am Sonnabend von 8 bis 16 Uhr seine Bio-Produkte an.

I n Bad Oldesloe hat der Hof Wilken (Kneeden 1) montags bis freitags von 8 bis 20 Uhr geöffnet.

In Lütjensee hat der Hofladen am Hof Lütjensee (Alte Schulstraße 13) von Montag bis Freitag zwischen 9 und 19 Uhr, und am Sonnabend zwischen 8 und 13 Uhr geöffnet. (hppk)

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Demnächst ernten die Unverhaus ihre Tomaten wieder selbst, das geschieht immer von Juni bis November. Sie sind auf 2500 Quadratmetern in sechs Kaltgewächshäusern untergebracht. Tim Unverhau: „Wir heizen nicht und verschwenden damit keine Energie.“ Genauso ökologisch ist der Bewässerungsprozess angelegt. Über ein System wird Dachwasser von den Gewächshäusern in ein Becken geleitet und von dort aus verteilt. Somit wird der Grundwasserspiegel nicht gesenkt.

Die Aufgaben auf dem Kleverhof sind klar verteilt. Lutz Unverhau, der früher im Großhandel gearbeitet hat, ist hauptsächlich für die Feldarbeit zuständig. „Im Büro zu sitzen ist nicht so meine Sache“, sagt er. Viel lieber kümmert er sich um den Kompost, das erfordert sehr viel Know-how. Der wird aus Holzhackschnitzeln, Pferdemist, Grasschnitt und organischen Abfällen wie Kohl- und Salatblättern sowie Kaffeesatz erzeugt. „Dazu kommen dann sogenannte Kompostpräparate wie Eichenrinde und Brennnesseln. Zum Schluss wird der Haufen mit einer Spritzbrühe aus Baldrian umhüllt“, sagt Lutz Unverhau.

Die Herstellung von Kunstdüngern, die in der konventionellen Landwirtschaft verwendet werden, erfordert hingegen eine enorme Menge an Energie. Für die Produktion eines einzigen Kilogramms wird rund ein Liter Erdöl benötigt.

Tim Unverhau ist Diplom-Ingenieur. Er schmeißt vornehmlich den Hofladen und kümmert sich um die Buchhaltung. Unterstützt werden die Brüder von drei Mitarbeitern. Der Jahresumsatz beträgt bis zu 250.000 Euro. „Reich werden wir damit zwar nicht, haben aber mächtig Spaß bei der Arbeit“, sagt Tim Unverhau.

70-Stunden-Wocheist Standrad

Und Arbeit gibt es reichlich. Bis zu 70 Stunden an sechs Tagen in der Woche sind die Unverhaus im Einsatz. Mehr als eine Woche Urlaub pro Jahr ist nicht drin – und vor allem können nie beide gleichzeitig weg sein.

Der Betrieb basiert auf drei Säulen: Hofladen, Bio-Gärtnerei und Gastronomie. „Wobei der Hofladen uns am Leben hält“, sagt Tim Unverhau. Auf einer Fläche von 200 Quadratmetern sind 3000 Produkte im Angebot, selbst eine Zahnpasta mit dem Bio-Siegel gehört dazu.

11 Betriebe nutzen das staatliche Bio-Siegel

Zurzeit nutzen 4486 Unternehmen das nationale deutsche Bio-Siegel. Elf dieser Siegel werden von Unternehmen im Kreis Stormarn genutzt. Aber was ist eigentlich der Unterschied zwischen dem deutschen Bio-Siegel, dem EU-Bio-Siegel und den Warenzeichen der Anbauverbände?

Das deutsche Bio-Siegel wurde ins Leben gerufen, um dem Verbraucher den Überblick der unterschiedlichen Öko-Kennzeichen zu erleichtern. Im Unterschied zu dem Bio-Siegel der EU wird es von Herstellern freiwillig genutzt. Bioprodukte müssen also nicht zwingend mit dem deutschen Bio-Siegel gekennzeichnet sein. Beide Siegel basieren auf der Einhaltung der EG-Öko-Verordnung. Außer den Bio-Siegeln können an den Produkten auch die Warenzeichen der Ökoanbauverbände, etwa Demeter oder Bioland, angebracht werden. Viele Biolandwirte sind diesen Verbänden angeschlossen und verpflichten sich damit, die jeweiligen Richtlinien einzuhalten, die zum Teil deutlich strenger sind als die EU-Rechtsvorschriften.

Beispielsweise wird Demeter-Betrieben der Einsatz spezieller Präparate aus Heilkräutern, Mineralien und Kuhdung vorgeschrieben. Die Präparate werden dosiert verwendet und in der Regel von den Höfen selbst hergestellt. Die Tiere auf Demeter-Höfen bekommen ausschließlich biologisch angebautes Futter. Ein Demeter-Betrieb im Kreis Stormarn ist zum Beispiel das Ahrensburger Gut Wulfsdorf.

Bioland-Betriebe wie das Gut Wulksfelde bei Tangstedt verzichten auf synthetische Pestizide und chemische Stickstoffdünger. Oberstes Gebot ist eine nachhaltige, umweltfreundliche Landwirtschaft ohne Gentechnik. Bioland-Erzeuger werden daher regelmäßig überprüft. (hppk)

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Diese und viele andere Produkte liefert ein Großhändler aus Coesfeld im westlichen Münsterland. So kommt auch der Spargel, den der Biohof verkauft, aus dieser Region. Zweimal pro Woche fährt der Großhändler den Kleverhof an. Tim Unverhau: „Das System funktioniert und ist vor allem ökologisch. Wenn wie in diesem Fall vieles von einem Partner kommt, werden natürlich unnötige Fahrten vermieden.“ Die Hamfelder Hofmilch hätte er trotzdem gern im Angebot. Doch das würde sich für den Verkäufer wegen der abgenommenen Menge in Verbindung mit der Standzeit des Autos nicht lohnen, sagt der 50-Jährige. „Das soll sich aber demnächst ändern.“

Geändert hat sich auch einiges in Sachen Räumlichkeiten auf dem Kleverhof. Vor Kurzem wurde eine Seminar- und Schulungsküche mit 80 Quadratmetern Fläche gebaut. Hier wird unter anderem Gesundheitskochen angeboten. Zudem offerieren die Unverhaus Führungen über den Hof inklusive Kaffee und Kuchen sowie eines Vortrages über Tomaten. Auch gehört zum Konzept der Brüder die Zusammenarbeit mit Schulen. Dabei wird den Jungen und Mädchen praxisnah das Thema ökologische Landwirtschaft nähergebracht.

Im vergangenen Jahr besuchte Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Torsten Albig (SPD) den Hof. Beim Biss in die Bio-Tomate sprach er von einer „Geschmacksexplosion“.