Bad Oldesloe. Torben Breuß und Axel Lepine sind für die Sicherheit auf 80 Kilometer Autobahn im Kreis verantwortlich. Ein abwechslungsreicher Beruf.
„Torben, gleich heben wir ab“, sagt Axel. „Ich bemüh’ mich“, sagt Torben. Er fährt mit Tempo 200 – und wäre dies ein kleines Flugzeug und kein Auto, würde das zum Abheben reichen. Ein bisschen fühlt es sich tatsächlich an wie Fliegen. Stormarns Autobahn wäre der Himmel, die Stormarner wären Engel, zumindest tun sie so. Denn Torben Breuß und Axel Lepine sind im Polizeiauto unterwegs. „Wir merken schon, wie vorsichtig die Leute fahren, wenn sie uns sehen“, sagt Torben Breuß. „Übervorsichtig.“ So mit 40 Kilometern pro Stunde in der Stadt und sehr langsam auf der Autobahn.
Die beiden Beamten, zwei von 302 im Kreis Stormarn, fahren häufig nicht erkennbar, sondern im Videowagen, wie an diesem Tag kurz zuvor. Der Wagen sieht von außen unauffällig aus, so wie Breuß und Lepine, wenn sie darin sitzen. In Zivil. Torben Breuß im grauen Kapuzenpullover, Axel Lepine mit grauer Mütze. Tarnfarben vor Asphalt. Für fast alle. „Ah! Der kennt uns“, sagt Breuß, als jemand in einem Sportwagen sehr schnell angefahren kommt, bremst, rechts rüberfährt und plötzlich alles richtig macht. „Es gibt Menschen, die sich in Internetforen darüber austauschen, mit welchen Fahrzeugen die Polizei unterwegs ist. Manche machen auch Fotos von den Kennzeichen, wenn sie kontrolliert werden“, sagt Breuß.
Auf der A 1 sind täglich 80.000 Fahrzeuge unterwegs
Breuß und Lepine gehören zur Autobahnpolizei Bad Oldesloe. Zum Revier gehören etwa 80 Kilometer Autobahnstrecke auf der A 1, A 20 und A 21. Allein auf der Autobahn 1 zwischen Hamburg und Lübeck sind täglich 80.000 Fahrzeuge unterwegs, etwa 9500 davon sind Lastwagen. Axel Lepine ist Truppenleiter der technischen Verkehrsüberwachung vom Fachdienst Bezirk der Autobahnpolizei Bad Oldesloe, Breuß ist vom Trupp Allgemeine Verkehrsüberwachung. „Die Autobahnpolizei ist vor ein paar Jahren mit dem Bezirksrevier zusammengelegt worden“, sagt Lepine. „Jetzt sind wir nicht nur im Stadtgebiet unterwegs, sondern im ganzen Kreis: Also übergreifend, ein bisschen so wie die Sheriffs in Amerika“, sagt er und lächelt. Ebenfalls nach amerikanischem Vorbild sind das Rotlicht neben der Anzeigentafel auf dem Dach und der Ton, den die neueren Polizeiautos machen: Yelp heißt der Heulton, der Menschen zum Anhalten bringen soll. Die Polizeiwagen heißen bescheiden „Stormarn 74/10“, „Stormarn 48/11“ oder ähnlich. Mit den erstgenannten sind Lepine und Breuß an diesem Tag unterwegs. Bei der Regionalleitstelle Süd, Rufname Südwind, werden auch die Einsätze in den Kreisen Herzogtum Lauenburg, Ostholstein sowie der Stadt Lübeck gemeldet. Die Autos der anderen Bereiche haben interessantere Namen, sie heißen Iltis, Freischütz oder Trave, dann folgt, wie auch in Stormarn, eine Nummer.
42 Kripo-Beamte arbeiten im Kreis Stormarn
Mit den Autos fahren die Mitarbeiter des Oldesloer Reviers Streife, kontrollieren den Verkehrs und sind für die Sicherheit auf den Autobahnen zuständig. Sie beschäftigen sich mit Umweltdelikten, sind Spezialisten für Schwer- und Gefahrgut- und Gefangenentransporte. Sie unterstützen Kollegen im Einsatz bei Demos und Fußballspielen. Und sie sind darauf spezialisiert, Autofahrer unter Drogeneinfluss zu erkennen. So wie neulich auf einem Parkplatz bei Ahrensburg. „Ich habe den Mann angesprochen. Er sagte: Ach, scheiße, Sie haben mich erwischt“, sagt Breuß. „Aber der war total nett. Er durfte natürlich nicht weiterfahren, sondern hat eine Hängematte aufgespannt und auf dem Parkplatz übernachtet.“ Bei minus vier Grad. „Am nächsten Tag hat er bei Axel angerufen und gefragt, ob er wieder los fahren darf.“ Lepine fügt hinzu: „90 Prozent der Leute, die wir stoppen, sind in Ordnung. Aber natürlich sind auch manche pöbelig.“ Bestechungsversuche gebe es selten. Einmal in 23 Jahren habe jemand Geld geboten, erzählt Lepine.
Von Serien im Fernsehen ist die Realität „Lichtjahre“ entfernt
Beiden gefällt, dass der Beruf so abwechslungsreich ist. „Spannend sind die Einsätze, bei denen man viel Kopfarbeit leisten muss“, sagt Axel Lepine. „Zum Beispiel an Unfallstellen, wo nur ein Trümmerhaufen ist“, wo rekonstruiert werden und man ruhig bleiben muss. Und dann gibt es Einsätze, die hängen bleiben, die so schlimm sind, dass sie nicht vergessen werden können. Für beide sind das Fälle, an denen Kinder beteiligt sind. Breuß: „Zum Beispiel der Fall in Glinde, wo ein Zahnarzt seine Kinder umgebracht hat.“ Der psychisch kranke Mann hatte seine vier und sechs Jahre alten Kinder getötet, als diese schliefen. „Ich war mit einem Kollegen dort, wir waren nicht im Objekt, sondern nur an der Absperrung. Aber so was bleibt nach.“
5773 Verkehrsunfälle gab es 2014
Von Serien im Fernsehen ist die Realität weit entfernt. „Lichtjahre“, sagt Lepine. „Schülerpraktikanten denken häufig: Oh, Kripo, da will ich hin. Aber es ist viel Schreibtischarbeit“, sagt Torben Breuß. „Im ‚Tatort‘ sieht man nie jemanden, der mal was aufschreibt. Und die Schutzpolizisten sind nur die, die das Absperrband hoch halten.“ Lepine sagt, er sei trotzdem Fan der Sendung. „Aber nur der Folgen, die in Köln und Münster spielen. Wenn man sich da Schreibtischarbeit hinzu denkt, kommt es einigermaßen hin“, sagt er. „Aber Til Schweiger hat in den ersten fünf Minuten mehr geschossen als ich in den vergangenen zwei Jahren.“ Sicher, es gebe Schießübungen. „Aber bis wir ne Waffe ziehen... Wir schießen mal ein Stück Rehwild, um nach einem Unfall das Leid zu verringern. Aber eigentlich sind wir froh, wenn wir nicht schießen müssen.“
Das erste Mal ein Funkgerät in der Hand. Das erste Mal schießen.
Wie geschossen wird, lernen Schleswig-Holsteins Polizisten auch in Eutin. Hier, bei der Polizeidirektion für Aus- und Fortbildung, haben auch Lepine und Breuß gelernt. „Hier verändert sich nie was“, sagt Lepine, als er über das Gelände geht. Beide haben einst in der Kantine gegessen, in den Backsteinbauten gewohnt und sind um den Kellersee gejoggt. „Man läuft viel, es wird sehr auf Sportlichkeit geachtet.“ In der Kantine gibt es trotzdem Schweinebraten und Pommes. Darf man dick werden? „Nicht, bevor man auf Lebenszeit verbeamtet wurde“, sagt Lepine und lacht.
325 Menschen werden in diesem Jahr ihre Ausbildung beginnen, der Starttermin für den mittleren Dienst ist immer der erste Februar, wer in den gehobenen Dienst will, beginnt am ersten August. Auf dem Hof probt eine Gruppe gerade ihre erste „Lage“, ein Verdächtiger macht sich an einem Auto zu schaffen, er soll durchsucht werden. „Die sind schon aufgeregt“, sagt Lepine. Das erste Mal ein Funkgerät in der Hand. Das erste Mal schießen. Das erste Mal die Runde um den Kellersee.
Torben Breuß und Axel Lepine legen inzwischen die längsten Strecken nicht mehr laufend zurück. Sie schätzen, dass sie täglich etwa 300 Kilometer mit dem Auto fahren. Fahren sie noch gern? „Ja“, sagen beide. Gern, aber nicht unbefangen. „Wenn ich privat unterwegs bin, fallen mir immer Sachen auf.“ Jemand, der Schlangenlinien fährt zum Beispiel, Leute, die telefonieren, oder die wirklich, wirklich schnell fahren. Jemanden der so schnell gefahren ist, dass er tatsächlich abgehoben ist, haben die beiden aber noch nicht gesehen auf dem Asphalthimmel in Stormarn.