Pölitz. Rund 70 Bäume sind an der Landesstraße 88 in Pölitz bei einem Unwetter entwurzelt worden. Aus dem Holz könnten Altare geschnitzt werden.

Aleksander Wozniczek zieht am Startseil der Motorsäge. Knatternd springt sie an. Dann gibt Wozniczek Gas, der Motor heult laut auf. Holzspäne fliegen viele Meter weit. Wozniczek ist einer von acht Forstwirten, die seit Montag auf der Lindenallee zwischen Schmachthagen und Barkhorst versuchen, die Verwüstung zu beseitigen, die Sturmtief Zoran vor gut zwei Wochen angerichtet hat.

Wie berichtet, sind rund 70 Bäume an der Landesstraße 88 in Pölitz entwurzelt worden. Die meisten liegen seitdem auf der Fahrbahn, die seit dem Unwetter gesperrt ist – und wohl noch mehrere Wochen gesperrt bleibt.

Denn allein die Aufräumarbeiten, mit denen die Firma Claus Rodenberg Waldkontor GmbH beauftragt worden ist, dürften zwei bis drei Wochen dauern. Anschließend wird die Straße begutachtet, denn schon jetzt ist offensichtlich, dass die Asphaltdecke an zahlreichen Stellen zerstört ist. Die Wurzeln haben die Fahrbahn regelrecht aufgerissen. Doch bis das ganze Ausmaß des Schades sichtbar ist, müssen die Forstwirte jetzt die Bäume von der Straße räumen.

Das Holz des dicken Lindenstammes ist am wertvollsten

„44 Linden liegen auf der Fahrbahn, weitere 33 müssen wir fällen“, sagt Matthias Riese von der Firma Claus Rodenberg. Aleksander Wozniczek, sein Kollege, zeigt auf einen Baum, der schräg steht. „Der Baum ist angeschoben, das Wurzelwerk zerstört“, sagt der 37-Jährige. Wie so viele der Bäume hat auch der Stamm dieser Linde eine orangefarbene Markierung. Das Zeichen dafür, dass sie nun gefällt werden muss.

Aufräumarbeiten an der Lindenallee zwischen Barkhorst und Schmachthagen nach Unwetter
Aufräumarbeiten an der Lindenallee zwischen Barkhorst und Schmachthagen nach Unwetter © Dorothea Benedikt

Aber auch Bäume, die nicht entwurzelt worden sind, fallen der Kreissäge zum Opfer. Wozniczek zeigt auf eine mehr als 30 Meter hohe Linde, deren Stamm noch kerzengrade an der Allee steht. „Oben sind größere Äste abgebrochen. Dort wird sich das Regenwasser sammeln. Der Baum würde dann von innen verfaulen“, sagt der Forstwirt.

Doch bevor die orangefarben markierten Linden gefällt werden, müssen die Stamme, die auf der Straße liegen, beseitigt werden. Etwa zehn Tonnen wiegt ein Baum, der fast 100 Jahre alt ist. „Wir unterteilen die Linden in drei Bereiche“, erklärt Riese.

Stamm zwischen Wurzeln und Krone am wertvollsten

Der dicke Stamm zwischen den Wurzeln und der Krone ist am wertvollsten. „Dieses Holz wird an Sägewerke oder Schnitzer verkauft“, sagt Riese und fügt hinzu: „Linde ist das typische Schnitzholz für Krippenfiguren, Marien-Statuen und Altare.“

Der dünnere Stamm in der Krone ist qualitativ nicht so gut und wird zu Grobspanplatten, sogenannten OSB-Platten, verarbeitet. „Äste und Zweige kommen in den Holzhacker. Die Hackschnitzel werden dann an Heizkraftwerke verkauft“, sagt Matthias Riese. Er rechnet damit, dass in den nächsten Wochen etwa 400 Festmeter Holz auf der Lindenallee verarbeitet werden. „Wir haben heute schon mit einem Trecker die einzelnen Stämme sortiert“, sagt Jens Groth, der am Montag mit einer Motorsäge die Äste und Zweige von den auf der Straße liegenden Stämmen gesägt hat. Ab Dienstag kommt auch ein Holztransporter zur Lindenallee. Mithilfe dieses Gefährts, das einen Kran hat, können die Arbeiter die massiven Stämme auf den Lkw laden und abtransportieren.

Der Schulbus kann sieben Haltestellen nicht mehr anfahren

Sobald alle umgestürzten Bäume beseitigt und die beschädigten gefällt sind, müssen die Forstwirte mit einer Hebebühne in die Kronen der noch wenigen standsicheren Linden auf dem etwa 1,2 Kilometer langen Abschnitt. „Dort schneiden wir dann angebrochene Äste raus“, sagt Groth.

Ob an der Lindenallee wieder neue Bäume gepflanzt werden, können die Arbeiter nicht sagen. Das entscheidet die für Landesstraßen zuständige Behörde in Lübeck, der Landesbetrieb Straßenbau und Verkehr (LBV). Genauso, ob die Straße komplett neu gebaut oder repariert wird. Allein für die Aufräumarbeiten und die Gutachten rechnet der LBV mit Kosten von etwa 80.000 Euro. Hinzu kommen die Kosten für die Erneuerung oder Reparatur der Straße, die noch nicht absehbar sind.

Pendler müssen über Oldesloe fahren

Für die Menschen in Barkhorst und Schmachthagen bedeutet dies, dass sie noch mehrere Wochen Umwege in Kauf nehmen müssen. Beispielsweise ist die Landesstraße 88 für viele Menschen aus Schmachthagen der Weg zur Autobahn 1 am Autobahnkreuz Bargteheide und damit nach Hamburg. Jetzt müssen die Pendler über Bad Oldesloe fahren.

Auch zahlreiche Schulkinder müssen mit einem längeren Schulweg rechnen. Ihr Schulbus, die Linie 8122, kann sieben Bushaltestelle rund um die Lindenallee nicht mehr anfahren. Der Bus fährt ab der Haltestelle Pölitz über die Hauptstraße und die Haltestelle Schmachthagen bis zum Ehrenmal, dreht dort und fährt wieder Richtung Bad Oldesloe zurück.

Schulkinder müssen lange Fußwege in Kauf nehmen

Somit müssen Kinder, die in Bad Oldesloe zur Schule gehen und zuvor an der Lindenallee in den Bus gestiegen sind, lange Fußwege in Kauf nehmen, mit dem Fahrrad zu Haltestellen fahren oder von den Eltern dorthin gebracht werden.

Obwohl viele Menschen in den umliegenden Dörfern von der Sperrung betroffen sind, sehen sie aber auch etwas Positives: Endlich könnte die Straße, die einem Flickenteppich gleicht, erneuert werden. (Dorothea Benedikt)