Stapelfeld. Peter Weinert warnte seit Jahren davor, dass zwei Pappeln umkippen könnten. Jetzt sind sie umgekippt. 100.000 Euro Schaden.
„Diesen Sachschaden kann sich die Kreisverwaltung auf die Fahnen schreiben“, sagt Stapelfelds Bürgermeister Jürgen Westphal (Wählergemeinschaft WSG) erbost. Seit Jahren habe die Gemeinde die Naturschutzbehörde beim Kreis darauf hingewiesen, dass zwei Pappeln in der Gemeinde ein Sicherheitsrisiko darstellten. Doch ein Fällgenehmigung blieb bislang verwehrt – mit fatalen Folgen. Am Dienstagabend stürzten die jeweils etwa 25 Meter hohen Bäume, deren Stämme Durchmesser von mehr als einen Meter haben, auf ein Mehrfamilienhaus an der Reinbeker Straße. Schaden: knapp 100.000 Euro.
„Ich konnte mich gerade noch in Sicherheit bringen“, sagt Peter Weinert, dem das Grundstück an der Reinbeker Straße gehört, auf dem die Pappeln standen. „Ich war mit dem Hund spazieren. Als es anfing zu regnen, bin ich schnell nach Hause gelaufen.“ Er ging noch an den Pappeln vorbei. „Dann hörte ich schon das Knacken und bin losgelaufen“, sagt er.
Und auch er betont: „Das hätte verhindert werden können.“ Er hat vor fünf Jahren beim Kreis den Antrag gestellt, die Bäume fällen zu dürfen. „Ich hab’ schon damals vor den Gefahren gewarnt“, sagt der Gärtner. „Pappeln sind Flachwurzler und haben nicht so einen festen Stand wie Eichen oder Buchen.“
Weinert wirft der Behörde vor, Menschenleben aufs Spiel zu setzen
Auch der Gemeinderat sah die Gefahr durch die tonnenschweren Bäume, die zwischen Häusern standen und an denen täglich Dutzende Menschen vorbeigingen. „Wir haben diesen Antrag unterstützt“, sagt der Bürgermeister. Es kam zu einem Ortstermin. „Dabei kamen wir zu dem Ergebnis, dass die Pappeln vital, in einem sehr guten Zustand und sehr gut gepflegt sind“, sagt nun Joachim Schulz, Leiter der Kreisnaturschutzbehörde.
Ferner sind die beiden Pappeln laut Schulz ortsbildprägend und müssten deswegen geschützt werden. Für Peter Weinert und Jürgen Westphal war das völlig unverständlich. „Muss denn erst etwas passieren, damit Sie handeln“, soll Weinert eine Mitarbeiterin der Naurschutzbehörde beim Ortstermin gefragt haben. „Ich habe dann die Antwort bekommen, dass ich doch gut versichert sei“, so Weinert, der nicht verstehen kann, wie man so das Leben von Menschen aufs Spiel setzt.
„Natürlich sind die Bäume gut gepflegt, ich habe regelmäßig die Kronen zurückgeschnitten und Totholz ausgeschnitten, weil ich nachts nicht ruhig schlafen konnte“, sagt Weinert und mutmaßt: „Hätten wir Ostwind gehabt, wären die Bäume auf ein kleines Häuschen gestürzt, in dem ein Paar lebt.“ Doch glücklicherweise ist ein Baum auf das Dach eines Schuppens und der andere gegen das Dach des Mehrfamilienhauses gekippt. Weinert fordert die Behörde jetzt zum Umdenken auf: „Seit einigen Jahren werden die Stürme immer schwerer, da muss man auch gesunde, alte Flachwurzler fällen.“
Heftiges Unwetter tobt über Hamburg
Die Bilanz eines stürmischen Abends:
„Das war kurz und heftig.“ So beschreibt Ahrensburgs Wehrführer Florian Ehrich Tief „Zoran“. Ein Unwetter, das zwar nur 15 bis 20 Minuten über Stormarn wütete, dessen Auswirkungen jedoch Feuerwehr, THW und Polizei stundenlang im Atem hielten. Bäume stürzten auf Häuser, Autos und Gleise. Keller liefen voll Wasser, und auf den Autobahnen im Kreis kam es zu zahlreichen Unfällen.
Feuerwehr Ahrensburg zählt 56 Einsätze
„Wir waren ab 17.20 Uhr für sechs Stunden im Dauereinsatz“, sagt Ehrich, der mit 50 Kameraden unterwegs war und dabei 56 Einsätze zählte. Insbesondere in den Westen Ahrensburgs musste die Feuerwehr häufig ausrücken. „Am Wulfsdorfer Weg wurden fünf Bäume entwurzelt, stürzten auf Autos, Häuser und Carports“, sagt Ehrich. Auch im Hagen stürzten Bäume auf Autos.
An der Stormarnstraße kippte eine Tanne auf ein Mehrfamilienhaus. „Eine Familie hatte dann Tannenäste im Wohnzimmer“, sagt Ehrich. Verletzt wurde niemand. In der Nähe des Ostrings in Richtung Großhansdorf liefen zahlreiche Keller voll Wasser.
U-Bahn fährt gegen umgestürzten Baum
Die U-Bahnstrecke zwischen dem U-Bahnhof Ahrensburg-West und Hamburg musste für mehrere Stunden gesperrt werden, weil Bäume auf die Gleise gestürzt waren und eine U-Bahn gegen einen Baum gefahren war. Die Fahrgäste mussten bis zu einer Stunde in den Waggons ausharren, bis die Stromschienen abgeschaltet waren. „Die Menschen liefen dann an den Schienen zurück zum Bahnhof“, so Wehrführer Ehrich. Auch der Regionalverkehr war beeinträchtigt. Bei Wesenberg stürzte ein Baum auf die Gleise, der Bahnverkehr zwischen Lübeck und Reinfeld war zeitweise eingestellt.
Wie Zoran über Stormarn wütete
Auf der Autobahn gab es lange Staus
Besonders dramatisch war die Lage auf den Autobahnen. Die linken Fahrspuren waren oftmals überschwemmt. „Es haben sich zentimetertiefe Wasserlachen gebildet“, sagt Polizeisprecherin Sonja Kurz. Eine Gefahr, die eine 28 Jahre alte Reinbekerin offenbar unterschätzte. Die VW-Polo-Fahrerin war gegen 18.10 Uhr auf der A 21 in Richtung Kiel unterwegs. Kurz vor der Anschlussstelle Bad Oldesloe Süd geriet sie in ein 50 Meter lange Wasserlache. Der Polo schleuderte. Er touchierte zunächst einen Lkw. Der Sattelzug kam daraufhin von der Fahrbahn ab und prallte gegen die Leitplanke. Ein Citroën-Fahrer fuhr anschließend auf das Heck des Polos auf. Die VW-Fahrerin und ihr Beifahrer, 16, erlitten dabei leichte Verletzungen. Fast zeitgleich geriet ein Opel-Fahrer einige Meter weiter ins Schleudern und rutschte gegen einen Bordstein. Auch auf der A 1 krachte es mehrfach. Zudem musste die Autobahnpolizei an sechs unterschiedlichen Stellen Fahrspuren sperren, nachdem Bäume auf die Fahrbahnen gestürzt waren.
In Rümpel bricht Bahnschranke ab
Eine Bahnschranke an der Straße Im Seybeck hielt dem Sturm nicht stand und brach ab. Die Polizei musste die Straße sperren. In Braak flog die Abdeckung einer Ampel weg. „Das waren extreme Kräfte“, sagt Polizeisprecherin Sonja Kurz: „Auf der B 75 in Ahrensburg rollte ein großer Stein auf die Fahrbahn.“
Bäume in Klein Wesenberg entwurzelt
In Klein Wesenberg wurden im Kirchenwald beim Dorfgemeinschaftshaus laut Pastor Erhard Graf mindesten 50 Bäume entwurzelt. Auch auf dem Ehrenfriedhof und am Regenbogen-Kindergarten kippten zahlreiche Bäume um. In der benachbarten Gemeinde Wesenberg flog gegen 18.35 Uhr ein Zaun auf das Grundstück eines Autohändlers am Stubbendorfer Ring. Ein Auto wurde dabei beschädigt.
Feuerwehr muss sich Weg freischneiden
In Hammoor wurden Feuerwehrmänner auf einem Feld von dem Unwetter überrascht. Sie waren dorthin gerufen worden, nachdem ein Strohballenbrand (wir berichteten) erneut entfacht worden war. Florian Ehrich: „Als die Kammeraden zu anderen Einsätzen gerufen wurden, mussten sie sich selbst mehrfach den Weg aus der Feldmark freischneiden, weil zahlreiche Bäume umgestürzt waren und sie mit ihren großen Autos nicht durchkamen.“