Barsbüttel. Pachtvertrag für beliebte Gaststätte in Willinghusen gekündigt. Neuer Eigentümer will nach Abriss des Gebäudes Wohnungen bauen.
Das alte Bauernhaus in der Mitte des Barsbütteler Ortsteils Willinghusen wird seit 40 Jahren als Kneipe genutzt. Es ist seitdem Treffpunkt und das Herz des Dorfes mit rund 2200 Einwohnern. Doch damit ist es bald vorbei. Jetzt wurde das Grundstück verkauft. Das Gebäude, das als Gaststätte „Willinghus“ bekannt ist, soll abgerissen werden. Im Ort wird gemunkelt, dass dort stattdessen bis zu 15 Reihenhäuser gebaut werden sollen.
Klaus-Jürgen Krüger (SPD), Ortsbeiratsvorsitzender von Willinghusen, sagt: „So viel ich weiß, werden dort zwei Häuser mit je drei Eingängen gebaut.“ Diese Information will er von der Fachdienstleiterin des Barsbütteler Bauamtes, Rita Dux, bekommen haben. Dux wollte sich gegenüber dem Hamburger Abendblatt dazu nicht detailliert äußern. Sie bestätigte lediglich, dass ein Bauantrag eingegangen sei und das Grundstück wieder bebaut werden solle.
Da es für das Gebiet keinen Bebauungsplan gebe, könnten auf dem Grundstück, so Dux, an der Umgebungsbebauung orientierte Häuser entstehen. Rechtlich sei alles in Ordnung. Das Grundstück wurde von dem Eigentümer an eine weitere Privatperson verkauft.
Der Pächter des Willinghus, Edgar Weber, findet es aber moralisch nicht richtig. „Damit verliert Willinghusen den Dorfmittelpunkt und sein kulturelles Zentrum“, sagt der 57-Jährige. Ihm und seiner Lebenspartnerin Susanna Bruhns, die die Kneipe seit knapp acht Jahren betreiben, wurde der Pachtvertrag zum 31. Dezember 2015 gekündigt. „Wir sind traurig und wütend, fühlen uns machtlos“, sagt Bruhns. Weber fügt hinzu: „Unsere Existenz ist dahin.“
Gaststättenbetreiber organisiert Musikevents und Seniorentreffs
Bereits Ende der 1990er-Jahre hatte der Abriss des Gebäudes laut Weber zur Debatte gestanden. Um den Dorfkern zu erhalten, habe daraufhin Axel Werner das Grundstück samt Kneipe und den sieben dazugehörigen Wohnungen gekauft. „Axel hat immer gesagt, dass in jedes Dorf eine Kirche und eine Kneipe gehöre“, sagt Weber.
Die Vorgänger von ihm und Susanna Bruhns taten sich schwer, drei gingen pleite. Doch mit Bruhns und Weber kam frischer Wind in das alte und verbaute Haus. „Wir hatten Lust dazu, etwas Neues aufzubauen“, sagt die 56-Jährige.
Nachdem alles saniert und im Stil einer urigen Dorfkneipe hergerichtet war, fing das quirlige Paar an, Musikevents zu organisieren. Neben einem regelmäßigen Seniorentreff und Dartspielabenden sorgte nicht zuletzt die alte Kegelbahn im Keller dafür, dass das Willinghus zu einer zentralen Anlaufstelle wurde, wo sich Jung und Alt begegneten und jeder auf seine Kosten kommen konnte.
Vor zweieinhalb Jahren starb der bisherige Besitzer Axel Werner, der mehrmals in der Woche „in der Ecke seinen Whisky-Cola trank“, wie der Wirt Edgar Weber sagt. Die Söhne Malte und Steffen Werner erbten das Grundstück und verkauften es an Jörg Heidler, der bereits mehrere Reihenhäuser in Willinghusen, Barsbüttel und Großensee gebaut hat.
Für die beiden Gaststättenbetreiber ist die Kündigung des Pachtvertrages ein herber Schlag. Bruhns: „Wir empfinden das als ungeheuerlich.“ Aber sie denken bereits weiter, haben konkrete Pläne. Weber: „Wir verhandeln schon mit dem Tennisclub Barsbüttel.“ Aber für den Ort sei die Schließung schlimm. Krüger stimmt ihm zu: „Es ist sehr schade, dass Willinghusen seine einzige Kommunikationsstätte verliert.“ Er ist der Meinung, dass die Gemeinde einschreiten müsste. So hätten die viel kleineren Ortsteile Stellau und Stemwarde Dorfgemeinschaftshäuser, in Barsbüttel gebe es neben dem Bürgerhaus mehrere Gaststätten. „Und Willinghusen hat nichts“, klagt der Sozialdemokrat.
Der Ortsbeirat will daher auf seiner nächsten Sitzung am 6. Juni prüfen, welche Grundstücke in Willinghusen Eigentum der Gemeinde sind und einen Antrag an die Verwaltung stellen, dass der Ortsteil eine „Begegnungsstätte“, wie Krüger es nennt, bekommt. „Wir brauchen etwas Offizielles“, sagt der Ortsbeiratsvorsitzende. „Es besteht dringender Handlungsbedarf.“
Bürgervorsteher Tehge: Bau von Dorfgemeinschaftshaus nicht jetzt
Barsbüttels Bürgervorsteher, Friedrich-Wilhelm Tehge, sagt dazu: „Wir in der Politik sind von den Ereignissen ebenfalls überrascht worden.“ So habe er erst vor drei Wochen per Zufall von dem Verkauf und der Kündigung des Pachtvertrages erfahren. Zwar räumt er ein, dass es für einen Ort nicht gut sei, wenn es keinen Treffpunkt gebe, aber momentan sei es, so Thege, „kein Anliegen der Politik, vonseiten der Gemeinde eine Art Dorfgemeinschaftshaus zu schaffen“.