Der Kinderschutzbund hat seinen Bericht zur Kinderarmut im Kreis vorgelegt. Wie in den Vorjahren sind 6500 Kinder von der Armut ihrer Familien betroffen – ein alarmierendes Zeichen in Zeiten wirtschaftlichen Aufschwungs.
Bargteheide. Die Zahl ist seit einigen Jahren konstant: Etwa 6500 Kinder in Stormarn wachsen in Armut auf – also ungefähr jeder sechste Einwohner des Kreises unter 18 Jahre. Für Ingo Loeding, den Geschäftsführer des Kinderschutzbundes Stormarn, ist das in Zeiten wirtschaftlichen Aufschwungs alarmierend. „Wir haben sprudelnde Steuereinnahmen, die niedrigsten Arbeitslosenzahlen seit Jahren, die Realeinkommen steigen, doch die Gruppe der armen Kinder ist nicht kleiner geworden, obwohl immer weniger Kinder geboren werden“, sagt Loeding und fügt hinzu: „Es gab Jahre, da waren sogar 7000 Kinder betroffen. Dass es inzwischen 500 arme Kinder weniger gibt, ist aber kein Gewinn für uns. Denn die Zahl der armen Kinder hat sich verfestigt, während es den meisten anderen Menschen im Land immer besser geht.“
Der Kinderschutzbund weist in seinem aktuellen Bericht zur Kinderarmut überdies darauf hin, dass es im Kreis ein strukturelles Problem gebe, nämlich den Anstieg der Kinderarmut im südlichen Stormarn. Glinde zum Beispiel verzeichne einen Zuwachs von 15,31 Prozent bei den Kindern, die in Bedarfsgemeinschaften leben, also in Haushalten, die Hartz IV beziehen. In Ahrensburg sind es 9,1 Prozent mehr.
Lebenshaltungskosten steigen nahe Hamburg schneller als anderswo
Die Gründe dafür sieht Loeding auch darin, dass im Hamburger Umland wegen des Bevölkerungsdrucks aus der Großstadt die Lebenshaltungskosten stärker steigen als auf dem Land. „Höhere Mieten und vor allem die rapide gestiegenen Energiekosten sind für Menschen, die Hartz IV beziehen, kaum noch zu tragen, zumal es keine Anpassung der Transferleistungen gibt.“
Glindes Bürgermeister Rainhard Zug bestätigt, dass die Region sich stark wandele und dass es in seiner Stadt für Menschen mit geringem Einkommen schwieriger werde, bezahlbaren Wohnraum zu finden. „Bei uns fallen zurzeit einige Wohnungen aus der Preisbindung, sodass dort marktübliche Mieten verlangt werden können. Das ist für Menschen, die schon mit einer subventionierten Miete Probleme haben, nicht zu bezahlen.“
Glinder Bürgermeister plädiert für mehr Sozialwohnungen
Der Bürgermeister sieht dringenden Handlungsbedarf, in Glinde rasch weitere Gebiete für den Wohnungsbau auszuweisen und verstärkt den Bau von öffentlich gefördertem Wohnraum zu unterstützen.
Kinderschutzbund-Geschäftsführer Loeding mein, dass den Kindern oft schon im Kleinen geholfen werden kann. „Soziale Teilhabe und Bildung für alle sind wichtig. Kostenfreie Mitgliedschaft im Sportverein ist ebenso sinnvoll wie Ferienangebote, die nichts kosten.“ Immer wichtiger werde auch das Bewusstsein dafür, dass es nicht allein öffentliche Maßnahmen seien, die etwas bewirkten, sondern dass jeder etwas für arme Kinder tun könne.
Wie prekär deren Lage inzwischen ist, sieht Loeding am Stormarner Familienhilfe-Notfonds des Kinderschutzbundes: „Wir haben etwa 1000 Kindern mit 450 verschiedenen Leistungen geholfen und dafür 40.000 Euro ausgegeben. Vor zwei Jahren war es etwa die Hälfte.“
Ingo Loeding appelliert auch an die lokalen Politiker, das Thema im Blick zu behalten: „Ich wünsche mir eine regelmäßige Armutsberichtserstattung in Stormarns Kommunen."