Bei der Fähnchenaktion zum Abschluss der Stormarner Kindertage wurden 6500 blaue Fähnchen aufgestellt. Die Fähnchen stehen stellvertretend für alle Stormarner Kinder, die am Existenzminimum leben.
Ahrensburg. Schon von Weitem zieht das Geschehen auf der Ahrensburger Schlosswiese die Blicke der Passanten auf sich. Kinder laufen mit blauen Fähnchen umher, Autos halten an der Bushaltestelle an, Fußgänger bleiben stehen und schießen Fotos.
Thema am Weltkindertag war die Kinderarmut. Bei der zehnten Fähnchenaktion zum Abschluss der Stormarner Kindertage wurden 6500 blaue Fähnchen von zahlreichen Kindern, Jugendlichen im Freiwilligen Sozialem Jahr und weiteren Verantwortlichen aufgestellt. Die Fähnchen stehen stellvertretend für alle Stormarner Kinder, die am Existenzminimum leben. Die Aktion wurde vom Deutschen Kinderschutzbund (DKSB) und dem Kreisverband Stormarn organisiert.
120.000 Kinder in Schleswig Holstein haben Anspruch auf das Bildungs- und Teilhabepaket. Das ist jedes vierte Kind. In Neumünster, Lübeck und Kiel liegen die Zahlen sogar bei über 40 Prozent, sagt Irene Johns, Landesvorsitzende des DKSB in Schleswig-Holstein. „Wir machen uns große Sorgen um die Zukunft der Kinder“, fügt sie hinzu.
Da die Zahl der Kinder, die unter dem finanziellen Limit leben, bleibt seit Jahren konstant hoch, sagt Ingo Loeding, Geschäftsführer des Deutschen Kinderschutzbunds in Stormarn: „Wir erwarten von der am Sonntag neu gewählten Regierung weitere Konzepte, die dazu beitragen, den Armutskreislauf zu durchbrechen.“ Er fordert, dass allen Kindern die Ganztagsbetreuung in Kitas und Schulen kostenlos zur Verfügung stehe.
Kristin Alheit (SPD), Ministerin für Soziales, Gesundheit, Familie und Gleichstellung des Landes Schleswig Holstein, zeigte sich beeindruckt von der blauen Fähnchenwiese. Ihrer Meinung nach achte man zu wenig darauf, was die Zuschüsse wirklich bewirken. „Wir haben in Deutschland etwa 150 ehe- oder familienbezogene Leistungen. Aber erreichen wir damit, dass der Kreislauf der Kinderarmut einbricht? Nein. Das ist schlecht. Wir müssen darauf achten, welche Wirkung diese Leistungen haben“, sagte Alheit.
Ministerin hofft, dass es 2014 weniger Fähnchen gibt
Das Schloss und die Wiese mit den vielen Fähnchen böten ein eindrucksvolles Bild, sagte sie. Es zeigt, dass noch viel zu tun sei, weil zu viele Fähnchen auf der Wiese stehen. „Wir hoffen, dass im nächsten Jahr weniger Fähnchen aufgestellt werden müssen.“ Die Veranstaltung sei eine Mahnung an die Politik, sie werde die Debatte angehen.
Auch Sabine Andresen, Vizepräsidentin des Deutschen Kinderschutzbundes, ist der Meinung, dass noch viel mehr getan werden muss. „Was mir besonders aufstößt, ist die öffentliche Debatte, die die Eltern dieser Kinder beschämt. Die Kinder drückt es zusätzlich runter, wenn man ihre Eltern beschämt. Der Fokus auf dieses Thema muss anders gerichtet werden, denn die Eltern sind nicht schuld.“
Sie betont, dass das Bildungs- und Teilhabepaket lange nicht ausreiche. Es werde inzwischen erwartet, dass sich Kinder auch außerhalb der Schule weitere Qualifikationen aneignen, am besten in Vereinen oder Musikschulen. Dies können sich viele Eltern nicht leisten.
Passend dazu verweist Ingo Loeding auf Zahlen in Bezug auf Ganztagsschulen und Freizeitangebote in Stormarner Städten. Man müsse Familien nicht nur finanziell, sondern auch mit qualifizierter Bildung unterstützen, sagt er. In Ahrensburg zahlen Eltern sozial benachteiligter Eltern nur vier Euro für die Ganztagsschule in einer Woche. Dies summiert sich auf 16 Euro im Monat. Ahrensburg sei da ein gutes Vorbild, so der Geschäftsführer des DKSB Stormarn an.
In Großhansdorf zahlen Eltern im Monat 152 Euro dafür. Viele Kinder können dieses Angebot aufgrund der finanziellen Situation dann nicht nutzen. So bleibe ihnen die Teilnahme verwehrt, ohne dass sie etwas dafür können. Bei Ferienprogrammen schneidet Ahrensburg nicht mehr so gut ab, von 176 Angeboten waren nur 28 Prozent der Aktivitäten kostenlos. Dies führe wieder dazu, dass viele Kinder ausgeschlossen seien. In Bargteheide dagegen seien 75 Prozent aller Ferienangebote umsonst. „So können auch Kinder, die nicht in den Urlaub fahren, viel Spaß in ihrer Stadt haben.“