Ganz düster sieht es im Baugewerbe und in Autowaschanlagen aus. Reisebüros und Schuhgeschäfte zählen zu den Gewinnern des Dauerfrostes.
Ahrensburg/Bargteheide/Reinbek. Vereiste Gehwege, zugeschneite Straßen - der Rekordwinter macht Handel und Dienstleistern zu schaffen. Dierk Böckenholt, Hauptgeschäftsführer des Einzelhandelsverbands Nord, sagt: "Es sind weniger Menschen in den Geschäften." Das schlage sich in den Umsätzen nieder. "Wer zum richtigen Zeitpunkt die richtige Ware hatte, konnte noch ein Geschäft machen", sagt Rena Beischreiber von der Gewerbegemeinschaft Trittau. Das Problem sei jedoch, dass die Winterware nicht nachgeliefert werden könne. Beischreiber: "Jetzt kommt die Frühjahrsware, aber noch niemand will sie haben."
Probleme bereitet das Wetter auch vielen Markthändlern. Sven Fümel, Sprecher des Ahrensburger Wochenmarktes, sagt: "Blumen-, Gemüse- und Obsthändler meiden den Markt, weil ihre Waren von der Kälte in Mitleidenschaft gezogen werden. Ich mit meinem Imbiss profitiere dagegen." Warme Getränke und Würstchen seien jetzt sehr gefragt.
Besonders hart hat es die Baubranche getroffen. "Seit Anfang des Jahres liegt die Bautätigkeit brach", sagt Innungsobermeister Kay Boysen aus Reinbek. "Etwa 80 Prozent der 400 Mitarbeiter in den Mitgliedsbetrieben können zurzeit nicht arbeiten. Die Ausfälle sind extrem." Dabei sei die Auftragslage an sich nicht schlecht. Nur ließen sich die Aufträge derzeit nicht abwickeln.
Ähnlich hart trifft der Winter die Baumärkte. Ricci Zenge, Angestellter bei Holländer in Trittau, sagt: "Bei diesem Wetter baut niemand, wir verkaufen nichts." Schneeschieber, Schlitten und Streusalz könnten den Verlust nicht ausgleichen: Sie seien schnell ausverkauft, und es dauere zu lange, bis sie nachgeliefert würden. Auch die Mitarbeiter des Hagebau-Marktes in Ahrensburg sehnen den Frühling herbei. "Normalerweise beginnen wir ab Februar mit dem Verkauf von Primeln", sagt Marktleiter Manfred Ruckinski. Ende des Monats beginne normalerweise der Verkauf von Gartengeräten, Rasenmähern, Gartenmöbeln und Blockhütten. "Im Außenbereich und auf dem Parkplatz liegt ein halber Meter Schnee", sagt Ruckinski. "Wir überlegen daher, den Start des Gartenartikelverkaufs zu verschieben."
Über weniger Kunden klagen auch die Restaurants. "Insbesondere Senioren stornieren ihre Reservierungen, weil sie sich nicht vor die Tür trauen", sagt Manuela Cors vom Steakhaus Maredo in Ahrensburg.
Nicht nur zu Fuß, auch mit dem Auto sind weniger Menschen unterwegs - sehr zum Leidwesen der Besitzer von Autowerkstätten. "Wir machen deshalb zurzeit ein schlechtes Geschäft", sagt Andreas Beckmann vom Trittauer Mercedes-Autohaus. "Außerdem fahren die Leute jetzt besonders vorsichtig, es passieren weniger schwere Unfälle." Henning Koch von der Ahrensburger Firma Autoteile Hansen: "So ruhig wie dieses Jahr war der Januar noch nie. Wir langweilen uns."
Und wer lässt bei diesem Wetter schon sein Auto waschen? "Niemand", sagt Sven Völz, Geschäftsführer des Autopflege-Dienstleistungszentrum Ahrensburg H.W.I. im Gewerbegebiet. "Januar und Februar sind für uns ohnehin umsatzschwache Monate, aber dieses Jahr läuft es besonders schlecht." Auch bei Car Wash zwei Straßen weiter hat der Angestellte Klaus Gotthardt nicht viel zu tun. Er sagt: "Heute waren bisher drei Kunden da." Normalerweise kämen mehr als 200 an einem Tag. Ihm bleibt nichts anderes übrig, als in seinem Büro die Wetterprognose im Internet zu verfolgen. Danach richtet sich auch der Einsatz der Aushilfen. Gotthardt: "Sobald die ersten Sonnenstrahlen rauskommen, wird es aber wieder rappelvoll in der Anlage." Noch ruhiger als in der Waschanlage ist es auf Stormarns Golfplätzen. Seit Weihnachten werden keine Abschläge mehr gemacht. "Golflehrer haben nichts zu tun", sagt der Sieker Golftrainer Sean FitzGerald. Viele Golflehrer würden deshalb auf Golfreise fliegen.
Aber es gibt nicht nur Verlierer. Wer noch warme Schuhe im Angebot hat, kann auf gute Umsätze hoffen. Im Bargteheider Schuhhaus Frömer an der Bahnhofstraße sei das Geschäft in den vergangenen zehn Wochen blendend gelaufen, sagt Inhaberin Petra Hinsch. "Das ist ein Super-Januar. Gekauft wird alles, was warm und wasserdicht ist." Auch andere Branchen profitieren von den Minusgraden.
"So einen guten Januar hatten wir noch nie", sagt Uwe Kopecky, Chef der Bode Heizungs- und Wartungsgesellschaft in Glinde. Derzeit gebe es zahlreiche Ausfälle von Kesselanlagen. Kopecky: "Wir machen Notdienst am Wochenende. Dadurch haben wir viele neue Kunden gewonnen."
Auch die Mitarbeiter in den Reisebüros haben dank des anhaltenden Winterwetters mehr zu tun. "Viele wollen kurzfristig in die Sonne", sagt Jessica Hensmann, Inhaberin vom Ihr-Reisezentrum in Ahrensburg. "Dabei kommen viele Leute lieber gar nicht erst aus ihren Dörfern in die Stadt", sagt Sabine Kalau von Hofe, Inhaberin vom Holiday Land Reisebüro in Bargteheide. Stattdessen greife die Kundschaft zum Telefonhörer. Unterm Strich steht ein zehnprozentiges Plus im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Beliebte Ziele seien die Kanarischen Inseln und Ägypten, aber auch Mallorca zur Mandelblüte. "Viele wollen einfach nur Frühling haben", sagt Kalau von Hofe. 17 Prozent mehr Buchungen als vor einem Jahr vermeldet das TUI Reisecenter zur Mühlen in Bad Oldesloe. "Wir sind mit dem Geschäft sehr zufrieden", sagt die Büroleiterin Petra Buntfuss.
Zu den Gewinnern im Winter zählen auch die Taxiunternehmer. "Der Ansturm ist gewaltig", sagt Rolf Peters von Tele-Taxi Ahrensburg. "Wir haben doppelt so viele Fahrten wie sonst."
Auch der ADAC berichtet von Rekorden. Ob das positiv oder negativ ist, lässt Norbert Ilchmann, Leiter der ADAC-Pannenhilfe in Kiel, allerdings offen. Fest steht: "Unsere Pannenhelfer sind bis an die Grenze der Belastbarkeit im Dauereinsatz."