Bad Oldesloe. Lange Trockenheit und dann zu viel Regen haben Landwirten die Bilanz verhagelt. Was das für die Verbraucher bedeutet.
Erst war es lange viel zu trocken, dann wochenlang deutlich zu nass: Schleswig-Holsteins Landwirte haben jetzt eine erste Bilanz der diesjährigen Getreideernte gezogen. Geprägt war sie von aufeinanderfolgenden Wetterextremen, die auch bei den Bauern im Kreis Stormarn zu erheblichen Ertragseinbußen geführt haben. „Während das Ergebnis bei der Wintergerste noch ganz in Ordnung war, sah es beim Winterweizen sehr viel schlechter aus“, sagt Peter Koll, Geschäftsführer des Kreisbauernverbands. Zudem seien die Erzeugerpreise teilweise um 50 Prozent eingebrochen, und das bei gesunkenen Erträgen und stetig steigenden Energie- und Produktionskosten.
Nach der Aussaat machte den Landwirten in den Monaten Mai und Juni eine extrem lange Trockenphase zu schaffen. „Während es in Südstormarn bis nach Trittau wenigstens noch ab und an etwas regnete, blieben die Äcker in der Mitte und im Norden des Kreises weitgehend knochentrocken“, berichtet Koll.
Oft ist das Korn auf den Halmen gekeimt
Anfang des zweiten Halbjahrs hat sich die Situation dann vollkommen gedreht. In den Monaten Juli und August ist es überdurchschnittlich nass und unbeständig gewesen. Was insbesondere auch die Ernte selbst massiv behindert hat. „Durch den Dauerregen konnte das Korn teilweise nicht eingeholt werden. Doch mit jedem Tag Verzug wird die Qualität schlechter“, so Koll.
Das Hauptproblem: Durch die warmen Temperaturen und die beständige Feuchtigkeit ist das Korn auf dem Halm gekeimt. „Dann aber taugt das Korn nicht mehr zum Brot- und Backweizen“, erklärt Joachim Rukwied, Präsident des Deutschen Bauernverbands. So sei ein Großteil der bundesweit geernteten 41,9 Millionen Tonnen Weizen in den Futtertrögen der Viehhöfe gelandet. Wo Schadpartien zusätzlich noch von Pilzen befallen waren, taugt das Korn sogar nur noch zur energetischen Verwertung in Biogasanlagen.
Preise für Brot und Backwaren werden weiter steigen
„Angesichts der extremen Witterungsbedingungen lagen die Nerven teilweise blank, weil die Getreideernte in vielen Regionen zu einer echten Zitterpartie geworden ist“, unterstrich Rukwied die Brisanz der Lage. Zu echten Versorgungsengpässen werde das in unseren Breiten unterdessen nicht führen. „In Frankreich und Österreich fiel die Getreideernte wesentlich besser aus“, so Rukwied. Zudem könnten nationale Ertragsausfälle durch erhöhte Importe aus der Ukraine kompensiert werden. Die Verbraucher werden das alles allenfalls durch weiter steigende Preise bei Brot und anderen Backwaren zu spüren bekommen.
Laut Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein lagen Erträge bei Winterweizen mit 8,3 Tonnen pro Hektar rund 14 Prozent unter dem Vorjahresniveau und sieben Prozent unter dem langjährigen Durchschnitt von 8,8 Tonnen pro Hektar. Die Erntemenge sank im Vergleich zum Vorjahr um rund 1,2 Millionen Tonnen.
Nur ein Drittel des Korns taugt zum Backen
Im Kreis Stormarn waren die Ertragseinbußen teilweise noch drastischer. „In einigen Bereichen sind die Erträge auf unter sechs Tonnen pro Hektar gefallen“, weiß Kreisverbandsgeschäftsführer Peter Koll. In guten Zeiten sind es mehr als neun Tonnen, im Schnitt über acht Tonnen. Erschwerend hinzu komme, dass von der Ernte wegen der widrigen Umstände vorsichtig geschätzt nur ein Drittel zum Brot- und Backweizen tauge.
Von einer Katastrophe mochte Koll dennoch ausdrücklich nicht sprechen. Ja, Winterweizen sei mit einem Flächenanteil von mehr als 50 Prozent das im Kreis meistangebaute Getreide. „Doch weil Stormarn eine Überschussregion ist, in der mehr Getreide produziert wird, als lokal gebraucht wird, fallen die Verluste nicht so gravierend ins Gewicht“, erläutert er.
Nachfrage nach Futterweizen ist rückläufig
Zumal auch die Nachfrage nach Futterweizen deutlich rückläufig sei. „Viele Schweinehalter haben wegen der angespannten Marktlage samt sinkender Nachfrage ihre Bestände reduziert, einige die Zucht sogar ganz aufgegeben, das macht sich bereits deutlich bemerkbar“, sagt Koll.
Das alles könne aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Erzeugerpreise erheblich gefallen seien. „Lagen Sie im Vorjahr noch bei 380 Euro pro Tonne, so liegen sie jetzt zum Teil bei nur noch etwas über 200 Euro. Laut Landwirtschaftskammer sind die Erzeugerpreise für B-Weizen um 25 Prozent auf rund 220 Euro gefallen. Und Futterweizen werde derzeit zu Preisen von rund 180 Euro pro Tonne gehandelt.
Höchsterträge sind nur noch selten möglich
Die große Enttäuschung über die durchwachsene Getreideernte halte sich auch deshalb in Grenzen, weil das Jahresergebnis in den verbleibenden Monaten womöglich doch noch versöhnlich ausfallen könne. Für Mais und das Grünland seien die üppigen Niederschläge der vergangenen Wochen genau richtig gekommen, Wachstumsrückstände hätten so aufgeholt werden können. Und auch die Kartoffel- und Zuckerrübenernte gäbe durchaus Anlass zu vorsichtigem Optimismus.
Schleswig-Holsteins Landwirtschaftsminister Werner Schwarz fürchtet in den kommenden Jahren eine weitere Zunahme von extremen Wetterlagen. „Die Landwirtschaft spürt schon jetzt die Auswirkungen des Klimawandels deutlich. Deshalb werden Höchsterträge nur noch selten zu erreichen und die Erträge zunehmend schwankend sein“, so der CDU-Politiker, der lange einen Familienhof bei Bad Oldesloe bewirtschaftete.
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Die Präsidentin der Landwirtschaftskammer, Ute Volquardsen, die auf einem landwirtschaftlichen Betrieb im Oldesloer Ortsteil Poggensee aufgewachsen ist, bestätigt ein „extrem herausforderndes Jahr“ für die Landwirte im Norden der Republik. „Bei allen Kulturen – Raps, Weizen, Gerste und den Sommerkulturen – hat sich das schwierige Anbaujahr bemerkbar gemacht“, so Volquardsen.
Der Präsident des Bauernverbands Schleswig-Holstein, Klaus-Peter Lucht, fordert deshalb von der Politik mehr Unterstützung. Neben einer pragmatischen Beratung der bäuerlichen Betriebe brauche es vor allem ein Wassermanagement, das Wasser in der Fläche hält und zur Verfügung stehe, wenn eine Dürre drohe. „Acker- und Futterbau sind essenziell für die Versorgungssicherheit und den Erhalt unserer Kulturlandschaft. Daher sollte eine klimaresiliente Landwirtschaft in unser aller Interesse sein“, so der Verbandschef.