Bad Oldesloe. Die Brüder Klaus und Gerd Strahlendorf gehen nach 41 Jahren in den Ruhestand. Die Zukunft des Restaurants Zum Kamin ist noch ungeklärt.

Wer sich fragt, was das Erfolgsgeheimnis von Klaus und Gerd Strahlendorf ist, der muss nicht lange rätseln. Es reicht, den Inhabern des Oldesloer Traditionslokals Zum Kamin einige Minuten zu lauschen, wenn sie über ihr Berufsleben der vergangenen vier Jahrzehnte sprechen. „Auch heute noch freue ich mich jeden Tag aufs Neue, die Tür aufzuschließen und für unsere Gäste zu kochen“, sagt Klaus Strahlendorf. Es sind der Spaß und die Leidenschaft, die die Brüder in all den Jahren nie verloren haben.

41 Jahre lang war das Restaurant am Berliner Ring unter der Führung Strahlendorf aus der Gastronomielandschaft der Kreisstadt nicht wegzudenken. Generationen an Oldesloerinnen und Oldesloern sind hier ein und aus gegangen, haben von der Taufe über die Konfirmation bis hin zur Hochzeit und Beerdigung alle Stationen des Lebens mit einer Mahlzeit im Kultlokal begangen.

Oldesloer Traditionslokal schließt – eine Ära geht zu Ende

Nun geht eine Ära zu Ende. Die Brüder gehen zum Ende des Jahres in den Ruhestand, suchen für den Fortbestand ihres Restaurants eine Nachfolge. „Wir haben immer gern gearbeitet“, sagt Klaus Strahlendorf. „Der Abschied wird bestimmt nicht leicht.“ Aber: „Wir haben das Rentenalter erreicht“, so der bald 65-Jährige. Deshalb werde es langsam Zeit, den Staffelstab weiterzureichen.

Dass er eine Lehre zum Koch machen wollte, wusste Klaus Strahlendorf früh. Die gebürtigen Oldesloer Brüder kommen aus einer Familie mit fünf Kindern und einem landwirtschaftlichen Hintergrund. „Wir hatten Schweine, Hühner und andere Tiere auf dem Hof, die auch verarbeitet wurden“, so Strahlendorf. Das Interesse an Lebensmitteln war schon immer groß. „Als kleiner Junge habe ich versucht, Mayonnaise selbst zu machen“, erinnert sich der Koch. Das sei zwar gründlich in die Hose gegangen, habe seine Leidenschaft aber nicht geschmälert – im Gegenteil.

Zahlreiche Stammtische wie der Imkerverein oder
Zahlreiche Stammtische wie der Imkerverein oder "Die Mümmelmänner" treffen sich regelmäßig im Kultlokal.  © Juliane Minow

Mit 23 Jahren übernahm Klaus Strahlendorf das Restaurant am Berliner Ring

Im Hotel Zur Windmühle in Stapelfeld absolvierte er seine Ausbildung zum Koch. „Die war zwar hart, denn der Umgangston in der Gastronomie war auch damals schon rau, hat mir aber auch sehr viel beigebracht und war das beste Fundament für alles, was danach kam“, sagt er. Strahlendorf bestand die Lehre mit Auszeichnung.

Mit gerade einmal 23 Jahren übernahm er das Restaurant, das für die kommenden 41 Jahre sein berufliches Zuhause sein sollte. „Die damaligen Betreiber hörten auf, es wurde jemand Neues gesucht“, sagt er. Klaus Strahlendorf entschied sich, das Lokal zu übernehmen. Immer mit dabei: die tatkräftige Unterstützung seiner Familie. „Meine Eltern und Geschwister haben mir und uns all die Jahre immer zur Seite gestanden“, so Strahlendorf.

Bruder Gerd Strahlendorf absolvierte zunächst eine Ausbildung zum Konditor

Sein kleiner Bruder Gerd absolvierte zunächst eine Ausbildung zum Konditor und half immer wieder im Lokal des großen Bruders aus, bevor er einige Jahre später so richtig in den Betrieb mit einstieg. Seit vielen Jahren führen sie das Restaurant gemeinsam. Doch nicht nur deshalb war und ist Zum Kamin ein waschechter Familienbetrieb. „Die Verwandten haben immer mit angepackt. Unsere jüngere Schwester hat hier sogar ihre Ausbildung zur Köchin absolviert“, so Klaus Strahlendorf.

Auch nach mehr als 40 Jahren steht Klaus Strahlendorf mit Leidenschaft am Herd.
Auch nach mehr als 40 Jahren steht Klaus Strahlendorf mit Leidenschaft am Herd. © Juliane Minow

Nach der Übernahme im Jahr 1982 hat Strahlendorf das damalige Konzept erst einmal ordentlich umgekrempelt. „Vorher gab es Hawaii-Toast, Currywurst und Brathähnchen“, sagt er. „Es war eher einfache Küche.“ Das wollte der junge, ambitionierte Koch ändern. Sein Konzept: gehobene deutsche Küche – mit der Kombination aktueller Trends und gelegentlichen Ausflügen ins Ausland. „Anfang der 80er-Jahre waren Lebensmittel wie Kiwis und Avocados noch neu“, so Strahlendorf. Es machte ihm Spaß, damit zu experimentieren und sie in seine Gerichte einzubauen.

Emotionaler Abschied: Viele Stammgäste sind traurig über das Aus

Auch heute noch sind die Brüder bestrebt, mit der Zeit zu gehen. „Immer mehr Menschen wünschen sich vegetarische Kost“, so Gerd Strahlendorf. Darauf nehmen die Brüder Rücksicht, bauen mehr pflanzliche Gerichte in ihr Angebot ein. Dennoch: „Die beliebteste Speise ist wohl nach wie vor das Schnitzel“, so Klaus Strahlendorf. Aber auch Grünkohl, Spargel, Sauerfleisch, Kohlrouladen oder Ente sind Gerichte, für die das Restaurant bekannt ist. „Es war uns immer wichtig, beste Qualität zu liefern“, so die Brüder.

Der Erfolg gibt ihnen recht. „80 bis 90 Prozent unserer Gäste sind Stammgäste“, sagt Klaus Strahlendorf. Unter denen habe sich die Nachricht, dass die Ära Strahlendorf zu Ende geht, schon herumgesprochen. „Die Menschen sind traurig, aber verständnisvoll“, so Gerd Strahlendorf. „Viele sagen so etwas wie: Mensch, das ist so schade, aber wir gönnen euch den Ruhestand von Herzen.“

In den vergangenen vier Jahrzehnten sind viele Freundschaften entstanden

Mittlerweile seien über die Zeit viele enge Bindungen und auch echte Freundschaften entstanden. „Der Kontakt zu den Gästen wird auf jeden Fall fehlen“, sagt Gerd Strahlendorf. „Es gibt so viele Menschen, die wir über Jahre hinweg begleitet haben, deren komplette Lebensgeschichten wir kennen, die sich uns anvertraut haben. Man nimmt Teil am Leben der Gäste.“

41 Jahre lang stand das Restaurant „Zum Kamin
41 Jahre lang stand das Restaurant „Zum Kamin" für gute deutsch Küche. Die Inhaber würden sich wünschen, dass das Konzept in ähnlicher Form fortgeführt wird. © Juliane Minow

Außer der Leidenschaft zum Kochen sei es auch immer der große Zuspruch gewesen, der die Brüder stets motiviert hat. Wenn die Gäste Sachen sagen wie: „Mensch, war das heute wieder lecker“ oder: „Danke für den schönen Abend“, dann sei das fast mehr wert als das Geld im Portemonnaie. Klaus Strahlendorf: „Die Zufriedenheit der Leute hat einen großen Teil dazu beigetragen, dass wir all die Jahre mit Liebe und Freude im Herzen zur Arbeit gegangen sind.“ Die Loyalität der Gäste habe auch wesentlich dazu beigetragen, dass das Lokal die Corona-Krise so gut überstanden habe.

Unter den Abschiedsschmerz mischt sich eine große Portion Vorfreude

Trotz allem: „Es ist auch ein anstrengender Job“, sind sich die Brüder einig. Gastronomie bedeutet oft nämlich auch Stress, Zeitdruck und Arbeit, wenn andere frei haben: abends, am Wochenende und an den Feiertagen. Und: „Es gibt immer etwas zu tun“, so Klaus Strahlendorf. Nicht nur das Kochen selbst, sondern auch das Bestellen und Einkaufen von Lebensmitteln, Buchhaltung oder handwerkliche Tätigkeiten gehören zu ihren Aufgaben.

Deshalb mischt sich unter den Abschiedsschmerz und die Wehmut bei beiden auch eine gehörige Portion Vorfreude auf den Ruhestand. „Ich freue mich so unendlich darauf, auszuschlafen“, sagt Klaus Strahlendorf. Ab dem nächsten Jahr möchte er nachholen, was in den vergangenen Jahren manchmal zu kurz gekommen ist. „Ich möchte Zeit mit meiner Frau, meinen Kindern und Enkelkindern verbringen, angeln gehen und Motorrad fahren.“ Ähnliches hat sein Bruder im Sinn: „Ich möchte einfach das Leben genießen“, sagt er.

Nachfolge unsicher: Die Kinder haben beruflich andere Wege eingeschlagen

Es bleibt die Frage: Wie geht es mit dem Traditionslokal weiter? „Wir suchen aktuell eine Nachfolge“, so die Brüder. Interessenten können sich bei dem Restaurant melden. Fest steht: In familiären Händen wird es nicht bleiben. „Unsere Kinder haben beruflich andere Wege eingeschlagen.“ Klaus Strahlendorfs Sohn ist Lehrer, Gerd Strahlendorfs Tochter Flugzeugbauerin.

Wer auch immer das Restaurant übernimmt: „Wir würden uns freuen, wenn derjenige das aktuelle Konzept fortführt“, sagt Strahlendorf. Denn das würde wohl nicht nur die vielen Stammgäste, sondern auch die zahlreichen Vereine und Gruppen wie den Shantychor oder den Imkerverein freuen, die sich regelmäßig im Lokal treffen. Auch würden die Brüder sich freuen, wenn die zwölf Mitarbeiter übernommen werden.

„Für den Übergang könnten wir uns auch vorstellen, erst einmal zu bleiben und bei der Einarbeitung zu helfen“, sagt Strahlendorf. „So können wir auch die Namen, Vorlieben oder Unverträglichkeiten der Stammgäste an den neuen Chef weitergeben. Das mach ihnen den Wechsel vielleicht auch leichter.“