Ahrensburg. In diesem Sommer sind sehr viele der großen Insekten unterwegs, eine invasive Art aus Asien ist auf dem Vormarsch. Was der Experte sagt.
Sie ist etwa drei Zentimeter lang, hat sechs Beine, zwei Flügel und sieht der hierzulande bekannten Wespe ähnlich. Die Rede ist von der Hornisse. Normalerweise bekommen Bürgerinnen und Bürger die größte in Mitteleuropa lebende Faltenwespenart seltener zu Gesicht als Bienen, Wespen oder Hummeln. Doch in diesem Sommer ist das anders.
„Es gibt in diesem Jahr tatsächlich außergewöhnlich viele Hornissen“, sagt Axel Drews von der Abteilung Naturschutz des schleswig-holsteinischen Umweltamts. Er berät auch den Kreis Stormarn und erteilt zum Beispiel die notwendigen Genehmigungen, wenn Hornissen umgesiedelt werden müssen.
Allein aus Ammersbek zehn Meldungen wegen Hornissennestern
Einen Gesprächstermin mit Drews zu finden, ist gar nicht so leicht – hat er doch gerade alle Hände voll zu tun. „Wenn ich nicht zu erreichen bin, telefoniere ich wahrscheinlich gerade in Sachen Hornissen“, schreibt er in einer E-Mail. Das Telefon stehe kaum still. „Aktuell ist es wirklich viel.“ Es melden sich zum Beispiel Leute, die ein Hornissennest bei sich zu Hause entdecken und sich fragen, wie sie damit umgehen sollen.
Auch im Kreis Stormarn seien überdurchschnittlich viele Hornissen unterwegs. „Allein aus Ammersbek habe ich in der vergangenen Zeit zehn Anträge auf Beseitigung von Hornissen bekommen, das ist wirklich außergewöhnlich“, so Drews. Normalerweise kommen solche Anträge aus kleineren Ortschaften höchstens mal vereinzelt.
Wegen milder Temperaturen konnten Hornissen gut überwintern
Woran es liegt, dass es so viele Hornissen gibt? „Insekten allgemein und auch Hornissen sind empfindlich gegen starke Kahlfröste“, so Drews. Von Kahlfrost sprechen Experten, wenn tiefe Minusgrade auf einen kahlen, nicht von Schnee bedeckten Boden treffen. „Sehr tiefe Temperaturen von etwa minus zehn Grad hatten wir im vergangenen Winter auf jeden Fall nicht.“
Auf diese Weise konnten die Hornissen wahrscheinlich gut überwintern. Doch wer sich nun Sorgen macht, Hornissen könnten eine Gefahr für den Menschen darstellen – in dieser Sache gibt Drews Entwarnung: „Hornisse sind meistens harmlos“, sagt er. „Im Insektenreich haben sie im Prinzip keine Feinde und sind im Vergleich zu Wespen deshalb auch sehr friedfertig.“
Warum Hornissen selten am Esstisch anzutreffen sind
Anders als Wespen, die an gedeckten Kaffeetafeln oder beim Grillen unangenehm und aufdringlich werden können, sei dieses Verhalten für Hornissen mehr als ungewöhnlich. Denn das Insekt ist ein Fleischfresser und jagt vornehmlich lebende Beute. Für Kuchen, Steak und Cola interessiert es sich weniger. „Wenn sie nicht gerade Wespen jagen, wird man Hornissen kaum am Esstisch antreffen“, so Drews.
Sollten Menschen einer Hornisse aber doch mal zu nahe kommen, zum Beispiel, weil sie dort wohnen, wo Hornissen ihr Nest gebaut haben, könne es vorkommen, dass sie brummen, um sich zu verteidigen. Stechen können Hornissen zwar auch. Drews: „Das passiert aber erfahrungsgemäß wirklich sehr selten.“ Wer nicht gestochen werden möchte, solle sich einfach ruhig verhalten. Bestimmte Gerüche wie Schweiß oder Parfüm, die Hornissen provozieren, sind Drews nicht bekannt.
Der Stich einer Hornisse ist mit dem von Bienen und Wespen vergleichbar
Sollte es doch mal vorkommen, sei der Stich mit dem einer Biene oder Wespe vergleichbar. „Gefährlich wird er nur, wenn Menschen allergisch darauf reagieren. Dann kann es zu schweren Reaktionen kommen, und es sollte dringend ein Arzt aufgesucht werden“, so Drews. Auch bei Einstichstellen wie in Mund- oder Augennähe oder wenn die Einstichstelle stark anschwillt, sei Vorsicht geboten.
Ansonsten sei ein Hornissenstich zwar unangenehm, aber meist nicht gefährlich. „Die Stelle sollte gekühlt und beobachtet werden. Nach ein paar Tagen ist meist alles wieder verheilt“, so der Mitarbeiter des Umweltamts. Eine Gefahr für den Menschen besteht durch die vielen Hornissen in diesem Sommer also eher nicht.
Hornissen zählen zu den besonders geschützten Arten
Auch für das Ökosystem sei die hohe Anzahl der Hornissen eher positiv als negativ. „Die Hornisse kann nützlich sein, weil sie viele andere Insektenarten dezimiert“, sagt Drews. Denn Hornissen ernähren sich zum Beispiel von Bienen, Wespen, Hummeln oder Fliegen.
Unter anderem wegen ihres Nutzens in der Natur, aber auch, weil die Bestände zeitweise stark zurückgegangen waren, zählen Hornissen zu den besonders geschützten Arten. „Das liegt daran, dass man früher davon ausging, dass Hornissen wahnsinnig gefährlich sind und sie deshalb stark bekämpft wurden“, so Drews. Heutzutage dürften Hornissen normalerweise nicht getötet und ihre Nester nicht zerstört werden.
Aktuell haben sich die Hornissenbestände wieder erholt
Aber: „Es kann Ausnahmefälle geben, wenn Hornissen doch mal so im Weg sind, dass es ärgerlich wird“, so Drews. Er arbeitet in der Behörde, die für das Land Schleswig-Holstein genau solche Ausnahmen genehmigt. „Das kann zum Beispiel der Fall sein, wenn jemand sein Dach neu decken will und genau dort ein Hornissennest angesiedelt ist“, sagt er.
Diese Ausnahmen würden auch erteilt, weil sich die Hornissenbestände hierzulande wieder spürbar erholt hätten. „Mittlerweile gibt es wieder verhältnismäßig viele Hornissen“, sagt Drews. Wären es wesentlich weniger, würden vielleicht seltener Ausnahmen von den Regeln des Naturschutzes zugelassen werden. Doch aktuell müsse man sich um den Fortbestand der Art keine großen Sorgen machen.
Die asiatsche Hornisse ist in Europa auf dem Vormarsch
Immer wieder ist in den Medien davon die Rede, dass sich auch die asiatische Hornisse zunehmend in Deutschland ausbreite. Die invasive Art profitiert ebenfalls von den warmen Sommern und milden Wintern der vergangenen Jahre. Aber: „In Schleswig-Holstein ist sie noch nicht verbreitet“, so Drews. Kollegen in Hamburg würden das intensiv beobachten.
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Es sei aber wahrscheinlich, dass sich die Art in den kommenden Jahren weiter nach Norden ausbreite. „Sie ist recht anpassungsfähig und wird zum Beispiel in Frankreich und Belgien auch nicht mehr bekämpft“, so Drews. Die Ausbreitung der Art sei ein normaler Prozess, der sich aus den Folgen des Klimawandels ergebe. Die asiatische Hornisse kommt normalerweise in Südostasien vor und ist etwas kälteempfindlicher als die in Europa lebende Art. Aber: „Wenn es hier wärmer wird, hat auch die asiatische Hornisse gute Überlebenschancen.“
Die Befürchtung, dass sie dadurch hier lebende Arten verdrängen würde, besteht durchaus, sagt Drews. Auch Schäden an Bienenvölkern können nicht ausgeschlossen werden. Aktuell sehe es aber laut den gesammelten Daten zumindest nicht danach aus, dass die heimische Hornisse dort, wo die asiatische Hornisse lebt, seltener vorkommt. Drews: „Das muss aber weiter beobachtet werden.“