Ahrensburg. Die Nachbarschaftsinitiative „NebenanSolar“ aus Ahrensburg und Ammersbek hilft anderen Bürgern bei Auswahl und Montage.

Das Angebot von Karl Keller, Alfred Schmehl und Christian Warsch ist kostenlos und uneigennützig. Eine Bedingung gibt es aber: „Wir würden uns freuen, wenn es Kaffee und Kuchen gibt. Wir messen unseren Erfolg am Bauchumfang“, sagt Warsch lachend. Im Frühjahr haben die drei Senioren aus Ahrensburg und Ammersbek die Nachbarschaftsinitiative „NebenanSolar“ gegründet, die Interessierten aus der Umgebung beim Aufbau von Balkonkraftwerken hilft. „Wir sind politisch und wirtschaftlich unabhängig. Unser Bestreben ist, einfach etwas Gutes zu tun!“, betont der 69-Jährige.

Diesmal ist Warsch zu Besuch bei Gabriele Richter-Hansen in Ahrensburg – und hat Glück. Die 68-Jährige hat vor ihrer Haustür reichlich Kaffee und Kuchen aufgetischt. Im Februar hatte sie an einem „Solarstammtisch“ in Ammersbek teilgenommen und schließlich den Entschluss gefasst, sich ein Balkonkraftwerk zuzulegen. „Ich finde diese Initiative toll! Sie haben alle Ahnung von der Technik. Ich kann da selbst nicht viel zu beisteuern“, sagt sie.

Balkonkraftwerk: Initiative hilft bei Mini-Solaranlagen

Mit der Aktion tut das Trio aber nicht nur der eigenen Nachbarschaft, sondern auch der Umwelt einen Gefallen. Die Mini-Solaranlagen werden mit einem Stecker an das Stromnetz des Hauses oder der Wohnung angeschlossen. „Wir wollen zeigen, dass Solarenergie sehr einfach zu bekommen ist. Das Grundrauschen von 100 bis 150 Watt am Tag kann man damit schon ganz gut decken“, erläutert Warsch.

Bei einer echten Photovoltaikanlage belaufen sich die Kosten auf rund 30.000 Euro. Für die Installation benötigt man zudem gelistete Elektriker und Handwerker. „Die sind teilweise bis zu zwei Jahre ausgebucht.“ Das rund 1000 Euro teure Balkonkraftwerk könne man hingegen selbst aufbauen. Dazu würde Warsch aber nicht raten: „Wer sich nicht so gut auskennt, sollte sich besser helfen lassen.“ Hier kommt „NebenanSolar“ ins Spiel: „Wir erklären, wie das System funktioniert, und empfehlen, wo und was man kaufen sollte. Danach helfen wir bei der Montage.“

902 Euro an Kosten für ein Balkonkraftwerk

Gabriele Richter-Hansen wollte schon seit Längerem eine Photovoltaikanlage an ihrem Einfamilienhaus installieren. Das Balkonkraftwerk war schließlich eine günstige Alternative. Für die vier Module zahlte sie jeweils 158 Euro inklusive Lieferung. Der Wechselrichter kostete 270 Euro. Insgesamt liegt sie damit bei 902 Euro: „Das habe ich bei den Strompreisen wahrscheinlich wieder relativ schnell drin“, beschreibt sie und führt aus: „Das Schöne ist auch, dass man die Module später erweitern kann. Es sind die gleichen Module wie für die großen Anlagen.“

Ein Modul wiegt etwa 20 Kilogramm und hat eine Leistung von 300 Watt. Bei einem Balkonkraftwerk darf die Abgabeleistung nach deutschen Richtlinien maximal 600 Watt betragen. Zwei Module würden also genügen, doch Warsch sieht das etwas anders: „Wir nehmen immer vier Module. Sie sammeln einfach mehr Licht ein, die Ausbeute ist dadurch höher.“ Den Wechselrichter regelt er im Anschluss über eine Software auf 600 Watt herunter. Für den Zugang hat er sich ein Zertifikat geben lassen. „Laien können so etwas nicht machen“, sagt er.

E-Auto laden? „So viel Leistung haben die Dinger nicht“

Warsch ist promovierter Ingenieur, sein Geld verdiente er als Schifffahrtsbaumann. Vor zwei Jahren begann er, sich in das Thema Balkonkraftwerke zu vertiefen. Unterrichten ließ er sich vor allem vom Netzbetreiber Schleswig-Holstein Netz: „Da wurde mir auch gesagt, dass ich es vergessen könnte, ein E-Auto damit zu laden. So viel Leistung haben die Dinger nicht.“

Die Nachbarschaftsinitiative entstand dadurch, dass sich Alfred Schmehl und er auf eine Anfrage von Karl Keller auf der Plattform nebenan.de gemeldet hatten. „Er wollte sich ein Balkonkraftwerk in den Garten bauen und hat gefragt, ob ihm jemand dabei helfen könne“, erinnert sich Warsch. Das Trio beschloss daraufhin eine Nachbarschaftsinitiative nach dem Vorbild der Hamburger Initiative „SoliSolar“ zu gründen.

Vor allem Kühlschränke können viel Strom ziehen

Beim ersten „Solarstammtisch“ im Februar kamen zehn Besucher, beim zweiten Anfang Juni waren es zwanzig. Mittlerweile hat die Gemeinde Ammersbek eine Schirmherrschaft für die Initiative übernommen. Zusammen mit der Gemeinde kam auch die Idee auf, einen Anhänger zu kaufen, auf dem ein visualisierter Balkonanschluss präsentiert wird. Finanziell gefördert werde die Initiative aber nicht, bekräftigt Warsch: „Wenn man selbst eine Idee hat und es sinnvoll findet, sollte man es einfach machen.“

Vor der Installation ihres Balkonkraftwerks untersuchte Gabriele Richter-Hansen mit Messgeräten ihren Stromverbrauch. „Da habe ich festgestellt, dass meine Kühlschränke sehr viel Strom ziehen“, erzählt sie. Durch das Balkonkraftwerk möchte sie vor allem dabei Geld sparen. Ihre Anlage wird allerdings nicht am Balkon, sondern am Dach angebracht. Deshalb helfen diesmal zusätzlich drei Dachdecker bei der Montage.

Käufer sollten auf Haftpflichtversicherung achten

Insbesondere bei der Errichtung an Balkonen mahnt Warsch zur Vorsicht. „Man sollte aufpassen, dass die Module nicht zu fest angeschlossen werden.“ Ab einer Höhe von vier Metern müssen die Platten zudem aus Sicherheitsglas bestehen. „Wenn ein Modul vom Balkon runterfällt, wäre das fatal.“ Deshalb sollten Mieter und Hauseigentümer sichergehen, dass Balkonkraftwerke in der privaten Haftpflichtversicherung beinhaltet sind. „Das sind nur fünf Euro Aufpreis im Jahr. Im Fall der Fälle könnte es richtig teuer werden.“

Wer auf der Suche nach einem Balkonkraftwerk ist, dem empfiehlt Warsch, über Vergleichsportale das günstigste Angebot herauszufiltern. Gute Anbieter für Wechselrichter seien etwa „AP-Systems“, „Hoymiles“ oder „Dey“. Produkte, die bei Discountern verkauft werden, sieht er kritisch: „Man hat keine Beratung, die Geräte sind sehr kritisch eingestuft.“ Die Versprechungen aus den Werbeanzeigen würden nicht eingehalten: „Statt eines hochwertigen Wechselrichters bekommt man ein Gerät ohne Netz- und Anlagenschutz. Das ist in Deutschland Pflicht, sonst sind sie tendenziell hochgefährlich.“

Hamburger Baustoffhandel liefert kostenlos aus

Bei der Lieferung müssten Käufer abwägen, ob sich die zum Teil hohen Versandkosten lohnen. „Wenn man nur ein Modul bestellt, sollte man sich fragen, ob es Sinn gibt, noch 100 Euro extra zu bezahlen“, sagt Warsch. Ein Tipp von ihm: Der Hamburger Baustoffhändler Handelskönig liefert Balkonkraftwerke kostenlos aus. Beachten ist zudem, dass die Anlage beim jeweiligen Netzbetreiber und im Marktstammdatenregister der Bundesnetzagentur angemeldet werden muss.

Um die Anzahl von Balkonkraftwerken weiter zu steigen, hofft „NebenanSolar“, dass sich in der Region noch mehr Initiativen bilden. Am vergangenen Sonntag lud die Gruppe zu einer „Solarparty“ in Bargteheide ein, an der auch Bargteheides Klimaschutzmanagerin Sarah Sakineh Zarin teilnahm. „Es ist unser Ziel, dass sich die Gemeinden dem Thema mehr annehmen und verstärkt zusammenarbeiten“, betont Warsch.

Nächstes Balkonkraftwerk soll auf Gartenhaus entstehen

Nach dreieinhalb Stunden ist am Dach von Gabriele Richter-Hansen alles erledigt. Die vier Module sind zusammen rund vier Meter lang und 1,70 Meter hoch. Sechs Balkonkraftwerke hat „NebenanSolar“ nun bereits installiert. Und die nächsten sollen folgen: „Demnächst bauen wir eins auf einem Gartenhaus“, verrät Warsch. Solange es Kaffee und Kuchen gibt, sollte das kein Problem sein.

Homepage: nebenan.solar