Bargteheide. Der Erziehungsberater und Autor Jan-Uwe Rogge gestaltet Jubiläumsabend in seiner Heimatstadt. Das Buch gibt es auch in China.

Von Deutschland über Italien und Tschechien bis nach China: Weltweit vertrauen Eltern auf die Tipps des Bargteheider Erziehungsberaters Jan-Uwe Rogge. Sein vor genau 30 Jahren veröffentlichtes Buch „Kinder brauchen Grenzen“ ist mit mehr als zwei Millionen verkauften Exemplaren ein Ratgeber-Klassiker – und zum geflügelten Wort geworden. Zum Jubiläum tritt der 76-Jährige jetzt im heimatlichen Kleinen Theater auf.

Für Rogge schließt sich damit ein Kreis. „1993 hatte ich dort meine erste größere Veranstaltung zu dem Buch, damals noch in der Bar im Foyer“, sagt er. An der Seite der 2013 gestorbenen Theaterchefin Kirsten Martensen folgten anschließend ungezählte weitere Buchpremieren. Die sind so beliebt, dass Rogge seit Langem mit seinen Veranstaltungen in den großen Saal umgezogen ist.

„Kinder brauchen Grenzen“ war für viele eine Provokation

Der Weg hatte für den Bargteheider mit Elternberatung, Familienseminaren und Fortbildungen für pädagogisches Fachpersonal begonnen. Seine Erfahrungen schrieb er auf, landete 1990 mit „Kinder können fernsehen!“ einen ersten Bestseller. „Der Titel war damals eine ziemliche Provokation, weil die Glotze als Feindbild galt“, sagt Rogge. Das Thema sei bei seinen Vorträgen übrigens nach Jahrzehnten heute noch aktuell: Ging es früher um die Zeit vor dem TV, ist es jetzt die Zeit mit Computerspielen und im Internet.

Ähnlich fielen Reaktionen auf „Kinder brauchen Grenzen“ aus in einer Zeit, in der viel über anti-autoritäre Erziehung gesprochen wurde. „Alexander Neill und sein schulisches Modell in Summerhill galt vielen als Vorbild und Sehnsuchtsort zugleich“, so Rogge. Sein Werk sei keineswegs ein Anti-Buch. Denn auch Neill habe genau gewusst, was er tat, und klare Grenzen gesetzt. Die Beziehungen zwischen Eltern und Kindern seien für ihn nicht gleichrangig gewesen, sondern gleichwertig.

Jan-Uwe Rogge arbeitet viel mit lustigen Alltagsgeschichten

In seinen Büchern und Vorträgen arbeitet Jan-Uwe Rogge viel mit lustigen Alltagsgeschichten. Grundsätzlich hat er festgestellt, dass in England oder auch Südeuropa Humor in Erziehungsfragen eine deutlich größere Rolle spielt als in Deutschland. Er selbst zitiert gern einen Grundsatz des Schweizer Pädagogen Pestalozzi: „Lache dreimal am Tag mit deinem Kind.“

Dass seine Ratgeber so gefragt sind, liegt für den Autor auch daran, dass er Mut zur Unperfektheit und zu mehr Gelassenheit mache. „Ich betreibe nie Eltern-Bashing, sondern zeige, was Mütter und Väter alles gut machen.“

Die Eltern aus den Anfangsjahren sind heute häufig Großeltern, und die Kinder von damals sind heute Eltern. „Kürzlich sagte mir im hessischen Babenhausen eine Frau, dass sie vor 24 Jahren mit ihrem damals sechs Jahre alten Sohn in einem Vortrag war. Jetzt waren beide erneut gemeinsam vorbeigekommen, und der mittlerweile 30-Jährige hat auch ein Kind.“ Eine weitere Frau habe ihm einmal grinsend verraten, dass „Kinder brauchen Grenzen“ die Bibel ihrer Mutter gewesen sei. Rückblickend habe die Klarheit allen gutgetan.

Es geht um Streitthemen wie das Anziehen, Aufräumen und Essen

Auch wenn es um Dinge wie das Anziehen und Aufräumen, Essen und Zubettgehen geht – als Rezeptbuch dürfe „Kinder brauchen Grenzen“ nicht missverstanden werden. „Ratschläge sind Schläge der besonderen Art, deren blaue Flecke man erst Tage später wahrnimmt“, sagt Rogge. Für Kinder stelle es eine Überforderung dar, sich ohne Grenzen selbstverantwortlich in einer unübersichtlichen Welt zurechtzufinden. Deshalb gelte es für die Erwachsenen immer, zwischen Festhalten und Loslassen auszubalancieren. Auch Eltern könnten sich selbst in der Erziehung Grenzen setzen, nicht alles planen zu können und im Griff zu haben.

Am Abend im Kleinen Theater können die Zuschauer in der Pause wieder Kärtchen mit individuellen Fragen abgeben. Die beantwortet Rogge im zweiten Teil, was jede Veranstaltung auch unterschiedlich mache. Mit einem Schmunzeln sagt er: „Ich bin ja jetzt ein alter weiser Mann, von dem das eine oder andere vielleicht auch angenommen wird.“

Und der immer offen für Neues ist. Mit dem Mainzer Autor und Pubertätsexperten Matthias Jung hat Rogge das Programm „Chill mal“ – ein Erziehungskabarett mit den Pubertäts-Docs – zusammengestellt. Der Termin im Kleinen Theater Bargteheide ist schon für September gebucht. Dann wollen beide zeigen: Erziehung ist zum Lachen.