Bargteheide. Lesungen in der Heimatstadt sind für den Familienberater auch nach 30 Jahren besonders. Sein Thema diesmal: Geschwisterkinder.

Endlich unterwegs: Nach zwei Jahren voller coronabedingter Absagen und Terminverschiebungen seiner Auftritte gibt es für den Bargteheider Familienberater und Erfolgsautor Jan-Uwe Rogge einiges nachzuholen. Gerade war er in Köln, Frankfurt und der Oberpfalz, demnächst geht es nach Österreich in die Steiermark. „Es ist toll, den Menschen wieder in die Gesichter sehen zu können und direkt mit ihnen zu sprechen“, sagt er. „Auch wenn man merkt, dass die Leute teilweise noch zögerlich sind.“

Zur nächsten Veranstaltung hat er’s nicht ganz so weit: Die eineinhalb Kilometer vom Reihenhaus, in dem er mit Ehefrau Regine lebt, ins Kleine Theater Bargteheide lassen sich sogar bequem zu Fuß zurücklegen. „Auch nach 30 Jahren ist es für mich immer noch etwas ganz Besonderes, in der Heimat aufzutreten“, sagt Rogge. Er freue sich jedes Mal, mit Freunden und Bekannten zu plauschen. „Das wird hyggelig“, sagt der 74-Jährige mit dem Wort, das für das gemütliche dänische Lebensgefühl steht.

Schon „Kinder brauchen Grenzen“ präsentierte Rogge im Kleinen Theater

Hinzu kommt seine besondere Verbindung zum Kleinen Theater. „Da hängen viele schöne Erinnerungen dran“, sagt Rogge. Anfang der 1990er-Jahre erschien „Kinder brauchen Grenzen“, das sich inzwischen drei Millionen Mal verkauft hat und in mehr als 20 Sprachen übersetzt wurde. In der Ägide der 2013 gestorbenen Theaterchefin Kirsten Martensen lud Rogge stets zu den Buchpremieren in sein Heimattheater ein und leitete den Förderverein für den Kulturtreffpunkt. Auch privat ist er regelmäßig zu Gast, hat dort schon Geburtstage gefeiert.

„Erst wenn man auf der Bühne steht, macht es keinen Unterschied mehr, wo man ist“, sagt Rogge. „Dann geht es darum, präsent zu sein.“ Ob Volkshochschule, Kirchengemeindesaal oder Stadthalle: Mit seinen humorvoll vorgetragenen Geschichten aus dem Erziehungsalltag schafft es Rogge, den Zuhörern sowohl Praxistipps zu geben als auch sie zu unterhalten. Dabei möchte er Eltern Mut machen, gelassener zu bleiben und nicht immer alles perfekt machen zu wollen. „Und in meinem Alter wird mir nun auch vielleicht eine Spur Weisheit zugestanden.“

Der Wunsch, alle Kinder gleich zu behandeln, geht an der Realität vorbei

In Bargteheide liest Jan-Uwe Rogge, dessen Abende manche als Erziehungskabarett bezeichnen, aus seinem neuen Buch „Geschwister – eine ganz besondere Liebe“. Geschwister mögen sich, streiten sich, haben sich gern, gehen sich manchmal auf den Wecker. Rogge fasst das mit „einem wundervollen Satz“ von Kurt Tucholsky zusammen: „Geschwister sind wie Indianer: Entweder sie sind auf dem Kriegspfad oder sie rauchen die Friedenspfeife.“

Eltern und Großeltern seien häufig verunsichert, wann sie bei Geschwisterrivalität eingreifen sollten. „Streiten ist ausgesprochen wichtig. Geschwister lernen, sich Konflikten zu stellen und sie zu lösen“, sagt der Fachmann. Deshalb sollten Erwachsene Meinungsverschiedenheiten nicht von vornherein unterbinden oder gar in „einer Mischung aus Staatsanwalt, Richter und Vollzugsbeamter“ auftreten. Statt Lösungen vorzuschreiben sei es besser zu schauen, was hinter dem Streit stecke. „Es kommt dabei immer auf das Wie an“, sagt Rogge. „Wenn körperliche oder psychische Grenzen überschritten werden, muss man intervenieren.“

Eltern sollten nicht erwarten, dass sich Geschwister stets vertragen

Viele Eltern erwarteten, dass ihre Kinder sich stets vertragen und nett miteinander umgehen. „Es gibt allerdings immer unterschiedliche Phasen von Nähe und Distanz, diesen Wandel der Lebensperspektiven sollte man akzeptieren“, sagt Rogge. Das sei auch bei ihm und seinem jüngeren Bruder so, zu dem er seit jeher ein sehr gutes und einvernehmliches Verhältnis habe.

Der Wunsch vieler Eltern, alle Kinder doch gleich zu behandeln, gehe ebenfalls an der Realität vorbei. Auch Geschwister seien verschieden. Ihre Einzigartigkeit gelte es zu akzeptieren. „Ein ausgesprochen wichtiges Element ist zudem das gemeinsame Lernen, dem Platz gelassen werden sollte“, sagt Rogge. Und schließlich könnten Kinder auch mal ihre Eltern erden, wenn sie sich „als wunderbare Koalitionspartner“ zusammentun.

Im zweiten Teil des Abends können die Besucher freie Fragen stellen

In Bargteheide haben die Besucher in der Pause Gelegenheit, Fragen zu allen Themen rund um Kinder aufzuschreiben und abzugeben. Darauf geht Rogge im zweiten Teil des Abends ein. „Die Essentials haben sich über die Jahrzehnte kaum verändert“, sagt er. Aktuell seien die weltweiten Krisen und die Medienflut hinzugekommen.

Wenn es nach ihm geht, möchte Jan-Uwe Rogge noch ein bisschen länger unterwegs sein. „Ursprünglich wollte ich ja mit 70 aufhören“, sagt er. Und ergänzt mit einem Lächeln: „Aber ich habe das jetzt einfach auf 80 verschoben.“

Im Kleinen Theater Bargteheide (Hamburger Straße 3) steht Jan-Uwe Rogges Buch „Geschwister – eine ganz besondere Liebe“ im Mittelpunkt. Die in Kooperation mit der Arkaden-Buchhandlung von Birgit Ristau organisierte Lesung beginnt am Dienstag, 7. Juni, um 19.30 Uhr. Der Eintritt kostet zehn und ermäßigt acht Euro. Vorverkauf: in Bargteheide Arkaden-Buchhandlung (Bahnhofstraße 5), Bargteheider Buchhandlung (Rathausstraße 25) und KulturServiceBüro im Kleinen Theater; in Ahrensburg Buchhandlung Stojan (Hagener Allee 3a); in Bad Oldesloe Kultur- und Bildungszentrum (Beer-Yaacov-Weg 1) sowie online auf www.kleines-theater-bargteheide.de.

In der Komödie Winterhuder Fährhaus in Hamburg (Hudtwalckerstraße 13) tritt Rogge am Montag, 13. Juni, um 19.30 Uhr mit „Kinder wollen Grenzen“ auf. Der Eintritt kostet zwölf Euro. Vorverkauf: Kartentelefon 040/48 06 80 80 und online auf www.komoedie-hamburg.de.

Das Buch „Geschwister – eine ganz besondere Liebe“ ist in Zusammenarbeit mit der Zukunftsforscherin Alu Kitzerow und dem Theologen Konstantin Manthey im Gräfe und Unzer Verlag erschienen. Die gebundene Ausgabe kostet 19,99, das E-Book 15,99 Euro.