Bad Oldesloe. Seit Wochen geistern Anschuldigungen gegen Kinder- und Jugendhaus St. Josef durchs Netz. Einrichtungsleitung nimmt Stellung.

Es sind schwere Vorwürfe, die seit Wochen gegen das Kinder- und Jugendhaus St. Josef in Bad Oldesloe im Raum stehen. In der Facebookgruppe „Eltern Gruppe Erfahrungsaustausch St. Josef Kinder- und Jugendhaus“, die aktuell 21 Mitglieder hat, werden massive Klagen gegen die Einrichtung laut. Zwei Elternteile, die anonym bleiben möchten, haben sich bei unserer Redaktion gemeldet und von Missständen wie Drogenkonsum unter Jugendlichen, Lärmbelästigung und schlechter Kommunikation mit den Eltern berichtet. Was sagt das Kinder- und Jugendhaus zu den Anschuldigungen?

„Es werden Behauptungen in die Welt gesetzt, die geeignet sind, unserem Ruf nachhaltig zu schaden“, sagt Einrichtungsleiterin Birgit Brauer. Etwa 270 Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene betreut die Einrichtung pro Jahr. Sie sind aus den verschiedensten Gründen dort untergebracht: Ursachen können schwierige Familienverhältnisse, erkrankte oder überlastete Eltern, Scheidung oder auch häusliche Gewalt sein. Problem: Diejenigen, die im Internet die Vorwürfe machen, „bleiben anonym und machen es uns so unmöglich, diese Vorwürfe zu verifizieren und aufzuklären“, so Brauer. Sie hätte das Gespräch gesucht, sagte uns ein Elternteil – allerdings ohne Erfolg.

In einigen Fällen räumt die Einrichtung Versäumnisse ein

Eine Liste mit 25 Vorwürfen wurden unserer Redaktion zur Verfügung gestellt. In einigen Fällen räumt das Kinder- und Jugendhaus Probleme ein. „Kinder und Jugendliche sind nachts abgängig“, kritisieren die Eltern etwa. „Im vergangenen Jahr waren von 270 betreuten jungen Menschen 35 vermisst gemeldet, in den ersten drei Monaten dieses Jahres waren es von 150 Betreuten insgesamt acht“, so Brauer. Eine Vermisstenmeldung erfolge, wenn die jungen Menschen nicht zu der erwarteten Zeit in der Wohngruppe seien.

Die Gründe seien vielfältig: „Vom verpassten Zug, der Übernachtung bei Freund oder Freundin, die nicht abgesprochen war, bis hin zu unbegleiteten minderjährigen Ausländern, die nach wenigen Tagen weiter gewandert sind“, so die Einrichtungsleiterin. Dass vermisste Kinder und Jugendliche bei der Polizei gemeldet, aber nicht sofort die Eltern informiert werden – ein weiterer Vorwurf –, solle nicht sein. Brauer: „Das ist aber leider vorgekommen und wurde mit den Mitarbeitenden besprochen.“

Birgit Brauer: „Auf keinen Fall wird Drogenkonsum hingenommen“

Ein weiterer Vorwurf: Durch die Kinder und Jugendlichen komme es zur Lärmbelästigung. Ein Einzelfall sei bekannt: „Im vergangenen Sommer gab es durch Anwohner des Parkhauses am Berliner Ring solche Beschwerden über ältere Jugendliche, darunter auch welche aus unserem Haus“, so Brauer. „Kinder und Jugendliche berichten davon, dass Betreuer aggressiv sind und herumschreien“, kritisieren die Eltern weiter. Das solle nicht sein, könne aber vorkommen, so die Einrichtungsleiterin: „Erzieherinnen und Erzieher haben einen belastenden Beruf und können auch mal die Fassung verlieren. Wir gehen ins Gespräch, wenn wir solche Vorkommnisse mitbekommen.“

Auch, dass einige Jugendliche zwischen 13 und 18 Jahren an öffentlichen Orten wie in Parkhäusern, am Bahnhof, in der Fußgängerzone und im Skatepark Alkohol trinken, rauchen und Drogen konsumierten, räumt Brauer ein. Alle anderen Vorwürfe weist die Einrichtung vehement zurück – auch den, die Drogenproblematik kleinzureden. „Es gibt Drogentests, Besuche bei der Suchtberatung und viele Gespräche“, so Brauer. „Auf keinen Fall wird Drogenkonsum einfach hingenommen, sondern versucht, Motivation zur Entgiftung und Therapie zu wecken.“

Der Vorwurf, dass Kinder eingesperrt würden, sei geprüft worden

Weiterhin berichten Eltern davon, dass Kinder und Jugendliche keinen Zugang zu Essen haben, Kühlschrank und Küche abgeschlossen seien. „Es gibt drei Mahlzeiten am Tag. Wer zu diesen Zeiten nicht im Haus ist, für den wird Essen zurück gestellt“, so Brauer. Küchen könnten aber über Nacht abgeschlossen werden. Denn: „Wir haben es zum Teil mit vernachlässigten jungen Menschen zu tun, die zu Hause hungern mussten und Essen horten. So kam es schon vor, dass der Kühlschrank am Morgen leer war.“

Auch die Behauptung, dass Kinder und Jugendliche in ihren Zimmern eingesperrt würden, weist Brauer entschieden zurück: „Es gibt keinen Zimmerarrest oder Einschluss. Wir haben diese anonym, aber öffentlich geäußerte Behauptung konkret überprüft und der Heimaufsicht gemeldet. Wir konnten kein Fehlverhalten von Erzieherinnen und Erziehern erkennen.“

Einrichtung bittet unzufriedene Eltern um direkte Kontaktaufnahme

Ein weiterer Kritikpunkt betrifft die Elternarbeit: „Der Kontakt zwischen Kindern und Eltern wird von Seiten der Einrichtung unterbunden, es ist keine Elternarbeit gewünscht und es wird gegen die Eltern gearbeitet, um die Kinder länger da zu behalten“, heißt es. Brauer: „Wir haben wesentlich mehr Anfragen als freie Plätze und es nicht nötig, Kinder und Jugendliche hier zu halten.“ Die Eltern würden sehr wohl eingebunden werden: „ Es gibt in den allermeisten Fällen eine konstruktive Zusammenarbeit. Die Kommunikation mit den Eltern ist uns wichtig und ich bedaure sehr, dass dies nicht wahrgenommen wird.“

Die Liste der weiteren Vorwürfe ist lang: Kinder und Jugendliche dürften machen, was sie wollen, würden bedroht, eingeschüchtert, es fehle an Konsequenzen und Kontrollen: Gegen solche und weitere Vorwürfe wehrt sich das Kinder- und Jugendhaus entschieden. Aus Brauers Sicht lasse sich zumindest die Vermutung anstellen, dass es sich auf Facebook um Einzelfälle handelt, in denen Eltern unzufrieden sind und die bewusst Stimmung machen. Flächendeckende Missstände gebe es nicht. Obgleich nicht immer alles rund laufe, täten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ihr Möglichstes und seien auch nur Menschen.

Brauer: „Wir bitten alle Eltern bei Unzufriedenheit mit uns ins Gespräch zu gehen, bei der Heimaufsicht im Landesjugendamt oder der Ombudsstelle zu melden. Anonyme Vorwürfe sind nicht hilfreich.“ Der Schaden für die Einrichtung infolge der öffentlichen Anschuldigungen sei groß und noch gar nicht abzusehen. Nicht nur den Kindern und Jugendlichen schade es, wenn ihr wenn auch vorübergehendes Zuhause öffentlich schlecht geredet werde. Auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter seien verunsichert. Brauer: „Sie setzen sich für die jungen Menschen und die Familien ein und fühlen sich für ihr Engagement abgestraft.“