Großensee. Landwirt Peter Sellhorn aus Großensee hat zwei trächtige Zuchttiere verloren. Der Verlust seiner Tiere schmerzt ihn sehr.
Als Peter Sellhorn am Morgen des 21. November nach seinen Schafen sah, war der Schock für den Landwirt riesengroß: Zwei seiner Tiere lagen tot auf der Wiese in Großensee. „Sie lagen im Bach. Es war nichts mehr zu retten“, so der 73-Jährige. „Das eine Schaf war angefressen, am anderen fehlte jede Menge Wolle. Es ist wohl geflohen und im Bach ertrunken oder erfroren.“ Ein Wolf hatte die Tiere gerissen, wie nun eine DNA-Untersuchung des Landesamts für Landwirtschaft und ländliche Räume (LLUR) bestätigte. Sellhorn: „Mir war sofort klar, dass es ein Wolf war, als ich meine Schafe gesehen hatte.“
Ist einer der Sachsenwaldwölfe für die Attacke verantwortlich?
Es war das erste Mal, dass Tiere in Stormarn von einem Wolf getötet wurden, seit bekannt geworden war, dass ein Wolfspaar sich im Sachsenwald niedergelassen hatte. Noch ist nicht abschließend geklärt, ob einer der Sachsenwald-Wölfe die Schafe in Großensee getötet hat. Dass das weibliche Tier des Paares für den Angriff verantwortlich ist, sei aber laut LLUR zumindest wahrscheinlich.
So oder so: Der Verlust seiner Tiere schmerzt Peter Sellhorn. „Es waren Zuchttiere, Walliser Schwarznasenschafe“, sagt der Großenseer, der die Tiere züchtet. Beide Schafe waren trächtig. Für den finanziellen Schaden soll er zwar vom Land Schleswig-Holstein entschädigt werden. „Ich habe aber von Landwirten, deren Tiere ebenfalls Opfer von Wolfsangriffen geworden sind, gehört, dass die Entschädigung nicht besonders üppig ausgefallen ist“, so Sellhorn. Und: „Der materielle Schaden ist mir aber auch gar nicht so wichtig. Es ist vor allem emotional ein Verlust. Der kann nicht ersetzt werden.“
Den Landwirten hat die ganze Sache schwer mitgenommen
Den Landwirt hat die ganze Sache mitgenommen. „Ich war an dem Tag nicht mehr zu gebrauchen, eigentlich die ganze Woche nicht.“ Kurz nach dem Angriff hatte der 73-Jährige Geburtstag, die Feier fiel ins Wasser. Sellhorn: „Mir war nicht zum Feiern zumute.“ Denn er macht sich auch Sorgen, wie es nun weitergeht, hat Angst vor einem weiteren Angriff. „Dass ein Wolfspaar im Sachsenwald lebt, war mir zwar bekannt“, so der Landwirt. Die Tiere seien häufiger auch in seiner Nähe gesichtet worden. „Ich hätte aber trotzdem nie gedacht, dass sie meine Schafe angreifen, weil sie ja auch recht dicht am Haus stehen.“ Doch in dieser Sache wurde er eines Besseren belehrt.
Nicht nur ihm und seiner Frau sitzt nach dem Angriff der Schock in den Knochen, sondern auch seinen hinterbliebenen Schafen, die während der Attacke auf der Wiese standen. „Die waren völlig verstört“, sagt Sellhorn. „Schafe sind eigentlich sehr menschenbezogene Tiere. Nach der Attacke sind sie tagelang nicht zu mir gekommen.“
Schutzzaun soll Schafe künftig vor Angriffen von Wölfen schützen
Zum Schutz seiner Tiere hat das Land Schleswig-Holstein dem Landwirt einen Elektrozaun zur Verfügung gestellt. Doch weil Sellhorn vor einiger Zeit einen Unfall hatte, bei dem er einen Finger verlor, konnte er diesen nicht selbst aufstellen. „Ich habe nach Hilfe gesucht und bin auf den Freundeskreis freilebender Wölfe gestoßen. Die haben mir beim Aufstellen geholfen, wofür ich sehr dankbar bin“, so der Landwirt.
Dennoch: In der Sache könnten er und die Bündnismitglieder nicht unterschiedlicherer Meinung sein. Der Wolf in hiesigen Gefilden ist ein Thema, das seit längerer Zeit die Gemüter erhitzt. Auf der einen Seite sind Wölfe in Europa als stark gefährdet eingestuft und unterliegen besonderem Schutz. Bündnisse wie der Freundeskreis freilebender Wölfe machen sich für das Tier stark. Viele Landwirte haben auf der anderen Seite Angst vor Wolfsangriffen, sorgen sich um ihre Tiere. „Ich bin natürlich kein Freund vom Wolf“, sagt Sellhorn. „Er bringt uns hier keinen Gewinn.“ Deshalb kann er die Aktivitäten von Wolfsschützern auch nur bedingt verstehen. „Die Wolfsfreunde haben nicht den Schaden“, sagt er. „Den Schaden haben die Landwirte.“
Peter Sellhorn wünscht sich mehr Unterstützung von der Politik
Deshalb wünscht er sich auch mehr Unterstützung von der Politik. Als Signal, dass diese die Sorgen der Landwirte ernst nimmt, hatte der Landtag beschlossen, dass in Ausnahmefällen Wölfe geschossen werden dürfen, wenn sie zum Beispiel vermehrt Nutztiere töten. Doch das ist wirklich nur in Ausnahmesituationen erlaubt. Dass Wölfe überhaupt in Schleswig-Holstein sesshaft werden, ist selten. Neben dem Paar in Sachsenwald sind fünf weitere Tiere im Land bekannt: Ein Paar im Segeberger Forst, ein Weibchen im Kreis Segeberg und zwei Rüden in den Kreisen Pinneberg und Steinburg. Weil der Steinburger Wolf wiederholt Nutztiere gerissen und Zäune überwunden hatte, wurde er zum Abschuss freigegeben.
Das Wolfspaar aus dem Sachsenwald sei laut Ministerium bislang nicht auffällig geworden. „Meine Tiere hat einer von ihnen vielleicht trotzdem auf dem Gewissen“, sagt Sellhorn. Für seine Schafe sei jede Hilfe zu spät gekommen. Deshalb reichen aus seiner Sicht die aktuellen Regeln nicht, um Landwirte und Tiere vor dem Wolf zu schützen.
Nach der Wolfsattacke hat der Landwirt seine Tiere aus dem Bach geholt
Nach der Attacke habe Sellhorn seine toten Schafe erst einmal aus dem Wasser geholt. „Ich wusste zwar, dass man sie eigentlich nicht anfassen soll“, sagt er. „Aber ich habe den Anblick nicht ertragen.“ Danach habe er im Internet geguckt, wie er sich zu verhalten hat, hat er doch so eine Situation noch nie erlebt. „Ich habe den Wolfsbeauftragten des Landes angerufen, der die weiteren Schritte in die Wege geleitet hat“, so der Landwirt. Eine Gutachterin kam, entnahm eine DNA-Probe.
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Ob der Angriff auf das Weibchen des Sachsenwald-Wolfspaares zurückgeht, soll sich in den nächsten Wochen klären. Doch was auch immer herauskommt, für den Landwirt bleiben der Verlust und ein ungutes Gefühl. Sellhorn: „Es ist traurig. Aber ich frage mich auch, ob der Schutzzaun ausreicht.“ Da ist zwar Strom drauf, aber höher als einen Meter ist er nicht. „Ich war mal im Wildpark in Eekholt und habe gefragt, warum die Wolfszäune dort vier Meter hoch sind und bei anderen Schutzzäunen ein Meter reichen soll.“ Eine zufriedenstellende Antwort habe ihm niemand geben können.