Ahrensburg/Glinde. Das Berufliche Gymnasium in Ahrensburg soll für SNG-Schüler die Oberstufe werden. Die rechtlichen Bedingungen wurden geschaffen.

Es soll für alle Beteiligten eine Win-Win-Situation sein: Schülerinnen und Schüler, die an der Sönke-Nissen-Gemeinschaftsschule (SNG) in Glinde nach der zehnten Klasse ihren Schulabschluss machen, haben künftig einen Rechtsanspruch auf einen Oberstufenplatz an der Beruflichen Schule des Kreises Stormarn in Ahrensburg (BSA). Einen entsprechenden Kooperationsvertrag unterschrieben am Mittwoch BSA-Schulleiter Johannes Kahlke, SNG-Schulleiter Henning Stehn, Glindes Bürgermeister Rainhard Zug und Stormarns Landrat Henning Görtz. Der Kreis ist Schulträger der Beruflichen Schule Ahrensburg.

Für die Berufliche Schule ist es die dritte Kooperation dieser Art

Zum Hintergrund: Die Sönke-Nissen-Gemeinschaftsschule in Glinde ist eine Schule ohne gymnasiale Oberstufe. Wer die Schule besucht, aber Abitur machen möchte, muss auf eine andere Schule ausweichen. Zur Wahl stehen etwa die Glinder Gemeinschaftsschule Wiesenfeld, das Gymnasium Glinde oder eben auch das Berufliche Gymnasium in Ahrensburg. Letztere Möglichkeit bestand bereits zuvor. Durch die Kooperationsvereinbarung haben Schülerinnen und Schüler laut Schulgesetz nun aber ein Recht darauf. Mit der Friedrich-Junge-Schule in Großhansdorf und der Gemeinschaftsschule am Heimgarten in Ahrensburg hat die Berufliche Schule bereits Kooperationen.

Damit soll Schülern und Eltern bei der Wahl der weiterführenden Schule der Druck genommen werden. „Für die Schulentscheidung der Eltern ist es oft wichtig früh zu wissen, ob ihr Kind Abitur machen kann“, sagt Landrat Henning Görtz. „Mit dem Vertrag besteht nun für die Sönke-Nissen-Gemeinschaftsschule eine hundertprozentige Gewissheit.“ Für die Schule ist es der erste Kooperationsvertrag dieser Art. Wie berichtet, sind in diesem Schuljahr von den 2361 Kindern in Stormarn nur 381, also 16 Prozent, auf eine Gemeinschaftsschule ohne Oberstufe gewechselt. Möglicherweise spielt die Unsicherheit der Eltern eine Rolle.

Viele Schülerinnen und Schüler aus dem Südkreis wechseln nach Hamburg

Etwa 35 Schülerinnen und Schüler verlassen die SNG jedes Jahr mit der Berechtigung zum Oberstufenbesuch. „Etwa 80 bis 90 Prozent von ihnen besuchen dann auch weiter die Schule“, so Schulleiter Stehn. „Einige bleiben in Glinde, wenige gehen zum Beispiel nach Barsbüttel, aber recht viele Schülerinnen und Schüler aus dem gesamten Stormarner Südkreis verlieren wir auch nach Hamburg“, sagt Stehn.

Landrat Henning Görtz (v. l.), Johannes Kahlke (Schulleiter der Beruflichen Schule Ahrensburg), Henning Stehn (Schulleiter der Sönke-Nissen-Gemeinschaftsschule Glinde) und Glindes Bürgermeister Rainhard Zug unterschrieben die Kooperationsvereinbarung. 
Landrat Henning Görtz (v. l.), Johannes Kahlke (Schulleiter der Beruflichen Schule Ahrensburg), Henning Stehn (Schulleiter der Sönke-Nissen-Gemeinschaftsschule Glinde) und Glindes Bürgermeister Rainhard Zug unterschrieben die Kooperationsvereinbarung.  © Juliane Minow

Doch genau das wollen die Beteiligten möglichst vermeiden. „Wir haben ein großes Interesse daran, dass unsere Schülerinnen und Schüler in Stormarn bleiben“, sagt Landrat Henning Görtz. „Wenn die jungen Menschen eine starke Bindung zum Kreis haben und hier zur Schule gehen, ist die Wahrscheinlichkeit größer, dass sie auch hier eine Berufsausbildung machen und uns als Fachkräfte erhalten bleiben.“ Denn die werden auch in Stormarn händeringend gesucht – ob im Handwerk, im Gesundheitswesen oder in der öffentlichen Verwaltung. Für junge Menschen indes, die in den Beruf starten wollen, sei der Fachkräftemangel eine Chance. Denn sie sind gefragt. Görtz: „Sie haben in Stormarn alle Möglichkeiten.“

41 Stationen und eine Stunde Fahrtzeit: In Sachen Busverkehr ist noch Luft nach oben

Doch eine praktische Frage bleibt zu klären: Wie kommen die Glinder Schülerinnen und Schüler, die das Berufliche Gymnasium Ahrensburg besuchen wollen, in die Schlossstadt? Die Schulen sind etwa 20 Kilometer voneinander entfernt. Das ist mit dem Fahrrad für gewöhnlich zu weit. Führerschein und Auto besitzen nicht alle. Also bleibt für viele nur der Öffentliche Personennahverkehr, sprich: Busfahren. Doch genau da hakt es im Moment noch. „Derzeit fahren morgens und nachmittags jeweils zwei Busse“, sagt Barbara Präger, Abteilungsleiterin Berufliches Gymnasium. Wer den Weg auf sich nimmt, muss Zeit mitbringen: 41 Stationen sind es vormittags, am Nachmittag noch mehr. „Eine Stunde muss man für den Weg locker einplanen“, so Präger.

Doch an dieser Situation versuche man derzeit etwas zu ändern. Akteure aus Schule, Kreis und Hamburger Verkehrsverbund (HVV) seien im Austausch. „Wir müssen noch feststellen, wie hoch der Bedarf ist, was der Kreis bereit ist zu zahlen und was man verändern kann, ob etwa eine neue Linie oder Expressverbindungen ohne so viele Zwischenhalte realisiert werden können“, so Görtz. Konkrete Pläne gibt es dazu bislang nicht. Doch die Verantwortlichen hoffen, dass die Kooperationsvereinbarung auch ein Signal für die Entscheidungsträger ist, den Busverkehr auszubauen.

Interesse ist bei den Glinder Schülerinnen und Schülern vorhanden

Es bleibt die Frage: Ist es denn realistisch, dass Glinder Schülerinnen und Schüler bereit sind, den langen Weg auf sich zu nehmen? Ja, sagt SNG-Schulsprecherin Dilan Sakar. „Wir haben das Interesse abgefragt: 90 Prozent wären bereit nach Ahrensburg zu fahren.“ Kapazitäten wären laut Präger auf jeden Fall da. Außerdem biete die Schule gerade im Hinblick auf den späteren Beruf viele Vorteile. „Jeder unserer Lehrer hat auch eine Ausbildung absolviert“, so Schulleiter Kahlke. Und: „Es heißt zwar berufliches Gymnasium, ist aber eine normale gymnasiale Oberstufe, mit Spanisch oder Darstellendem Spiel. Aber auch Wirtschaft kann gewählt werden“, so Präger. Über das Angebot wollen die Schulen Eltern und ihre Kinder bei Infoveranstaltungen aufklären.

Für Enrico Bornholdt war der Wechsel auf das Berufliche Gymnasium in Ahrensburg die richtige Entscheidung. „Ich möchte Lehrer für Politik werden und habe hier den wirtschaftlichen Zweig gewählt. Das ist eine gute Grundlage“, so der Schülersprecher. Aber: „Für mich war die Unsicherheit, ob ich den Platz bekomme oder nicht, noch groß. Das wünsche ich mir für künftige Schülerinnen und Schülern anders.“ Die Weichen dafür sind nun auf jeden Fall gestellt.