Ahrensburg/Glinde. Studie zeigt, ob sich günstigere Immobilienpreise im Umland für Arbeitnehmer wirklich rechnen. Dabei schneiden vier Städte gut ab.
Wer in Hamburg arbeitet, aber die hohen Immobilienpreise in der Hansestadt nicht zahlen möchte, der zieht ins Umland und pendelt – diese Devise gilt für viele Arbeitnehmer nach wie vor. Doch ob sich der Umzug in den Speckgürtel wirklich lohnt – und umgekehrt, wer darüber nachdenken sollte, eine Wohnung in der Metropole zu erwerben – hängt nicht nur von den Preisen auf dem Wohnungsmarkt ab. Vielmehr spielen auch andere Faktoren wie der Arbeitsweg, die Benzinpreise und die Anbindung an das Bus- und Schienennetz eine entscheidende Rolle.
In einer neuen Studie hat das Hamburgische Weltwirtschaftsinstitut im Auftrag der Postbank untersucht, von welchen Orten im Speckgürtel sich das Pendeln wirklich lohnt. Dabei hat das Institut betrachtet, wie viele Jahre sich der Immobilienerwerb im Umland rechnet und wann der Kostenvorteil durch das Pendeln aufgezehrt ist. Mit dabei sind auch vier Städte in Stormarn: Ahrensburg, Bad Oldesloe, Glinde und Reinbek. Das Ergebnis: Besonders wer eine große Wohnung sucht und öffentliche Verkehrsmittel nutzt, profitiert von einem Umzug in den Speckgürtel. Berechnet wurde dabei immer die zu fahrende Strecke vom nächsten Bahnhof, oder, falls nicht vorhanden, vom Ortsmittelpunkt, zum Hamburger Hauptbahnhof.
Immobilien in verkehrsgünstig gelegenen Zentren teurer
Für die Immobilienpreise hat das Institut den durchschnittlichen Kaufpreis für eine Wohnung in Stormarn und in Hamburg im Jahr 2021 zugrundegelegt. In Stormarn wurden demnach im Schnitt 4402 Euro pro Quadratmeter Wohnraum fällig, in Hamburg 6489 Euro. Zusätzlich wurde laut Studienautorin Dörte Nitt-Drießelmann einkalkuliert, dass Immobilien in den verkehrsgünstigen Zentren des Umlands teurer sind als im Schnitt des Kreises. Eine Wohnung in Reinbek koste beispielsweise mehr als eine gleich große in Delingsdorf oder Siek.
Am attraktivsten für Pendler ist laut Studie von den vier Städten im Kreis Stormarn Ahrensburg. Wer in der Schlossstadt eine 120-Quadratmeter-Wohnung erwirbt und mit Bus und Bahn zur Arbeit nach Hamburg fährt, profitiert mehr als 55 Jahre von dem niedrigeren Kaufpreis für die Immobilie im Vergleich mit der Hansestadt, ehe der Kostenvorteil durch das Pendeln aufgezehrt ist. Auch in Reinbek rechnet sich der Wohnungskauf kräftig, insgesamt rund 42 Jahre. In Bad Oldesloe rentiert sich der Immobilienerwerb immerhin fast 34 Jahre und sogar beim Schlusslicht Glinde noch knapp 32 Jahre.
Wer im Homeoffice arbeiten kann, ist deutlich im Vorteil
Noch deutlicher schlägt sich der Kostenvorteil im Umland für diejenigen nieder, die an einigen Tagen von zu Hause arbeiten können. Wer nur an drei Tagen zur Arbeit in die Metropole pendeln muss und den Rest der Woche im Homeoffice verbringen kann, profitiert in Ahrensburg ganze 93 Jahre von den günstigeren Immobilienpreisen des Speckgürtels. In Reinbek stehen immerhin noch 70,5 Jahre auf der Uhr, in Bad Oldesloe knapp mehr als 57 Jahre. Erneut ist Glinde Schlusslicht, doch auch dort rechnet sich der Wohnungskauf noch knappe 54 Jahre.
Weniger deutlich fällt der Kostenvorteil des Umlands für Arbeitnehmer aus, die auf das Auto angewiesen sind. Wer mit dem eigenen Wagen zur Arbeit fährt, gibt deutlich mehr für Benzin aus als die Kosten eines ÖPNV-Tickets. Eine mit dem Auto zurückgelegte Strecke kostet laut den Studienautoren etwa 45 Cent pro Kilometer und ab 21 Kilometer Entfernung 43 Cent. Für die Fahrt mit Bus und Bahn werden hingegen im Schnitt nur 13 Cent pro Kilometer fällig, ab einer Distanz von 21 Kilometern zwölf Cent.
Glinder sollten für Weg zur Arbeit eigenes Auto nehmen
Wer täglich mit dem Auto pendelt, sollte laut der Studie am ehesten über einen Umzug nach Glinde oder Reinbek nachdenken. Arbeitnehmer, die in einer 120-Quadratmeter-Wohnung in Glinde leben, haben das beim Immobilienkauf gesparte Geld demnach nach knapp 34 Jahren wieder ausgegeben. Damit ist die Stadt nicht nur in Stormarn, sondern auch in der gesamten Studie der einzige Ort, von dem aus sich das Pendeln mit dem eigenen Auto mehr lohnt als der Umstieg auf Bus und Bahn. Dafür liefern die Analysten auch eine Erklärung: Die Anbindung Glindes an das Hamburger ÖPNV-Netz sei einfach ungünstig. So verfügt Glinde etwa weder über einen Bahnhof noch über U- und S-Bahnstationen. Die Folge: Mit dem Bus lasse sich die Strecke zum Hamburger Hauptbahnhof schnellstens in 37 Minuten erledigen, mit dem Auto hingegen schon in 22 Minuten.
Auch die Fahrtzeit haben die Studienautoren einkalkuliert. Für die Umrechnung in eine finanzielle Größe wurde der im Mittel erzielte Bruttolohn im Jahr 2020 (26,25 Euro je Stunde) veranschlagt. Im Unterschied zu Glinde ist Ahrensburg mit zwei Stationen an das Hamburger U-Bahnnetz angebunden, Reinbek verfügt über einen Haltepunkt der S-Bahnlinie 21. Ahrensburg (zwei Bahnhöfe) und Bad Oldesloe sind zusätzlich an den Regionalverkehr angebunden, teilweise mit direkter Verbindung zum Hamburger Hauptbahnhof.
Bei kleineren Wohnungen ist Preisvorteil deutlich geringer
Auch der Wohnungskauf in Reinbek rentiert sich laut der Studie für Autofahrer recht lang – immerhin noch etwas mehr als 31 Jahre. In Ahrensburg ist der Kostenvorteil dagegen schon nach weniger als 24 Jahren aufgebraucht und in Bad Oldesloe sogar bereits nach knapp über 15 Jahren.
Nicht jeder Arbeitnehmer hat Familie und benötigt 120 Quadratmeter Wohnraum. Deshalb hat das WeltWirtschaftsinstitut auch untersucht, inwiefern sich der Umzug ins Umland bei weniger Platzbedarf lohnt. Hier ist der Kostenvorteil deutlich weniger groß, wie die Ergebnisse zeigen. Wer in Ahrensburg eine 70-Quadratmeter-Wohnung erwirbt, hat das beim Immobilienkauf eingesparte Geld bereits nach 32 Jahren ausgegeben, wenn Bus und Bahn zum Pendeln genutzt werden.
In den anderen Städten ist der Kostenvorteil noch schneller aufgebraucht: In Reinbek nach etwas mehr als 24 Jahren, in Bad Oldesloe nach knapp 20 Jahren und in Glinde nach 18,5 Jahren. Wer wenig Wert auf viel Platz legt, für den lohnt sich ein Umzug aus der Metropole in den Speckgürtel also deutlich weniger stark.
Studie berücksichtigt Ausgaben wie Kita-Gebühren nicht
Zu beachten ist bei alldem allerdings, dass Zusatzausgaben, die im Umland abseits der Fahrkosten und -zeiten anfallen, von den Studienautoren nicht berücksichtigt wurden. Zum Beispiel müssen Eltern im Schleswig-Holstein für einen Kita-Platz bezahlen, während die Betreuung in Hamburg kostenlos ist.
Stephan Hellmann, Regionalbereichsleiter bei der Postbank Immobilien GmbH, betont mit Blick auf die Studienergebnisse: „Immobilieninteressenten sollten sich den Wohnungskauf im Umland nicht schönrechnen und den Umzug genau durchdenken.“ Zu beachten sei, dass Pendler weniger Zeit mit ihrer Familie oder Hobbys verbringen könnten. „Sich für diesen Nachteil mehr Platz zu gönnen, rechnet sich auf längere Sicht nicht“, so Hellmann. „Als Überbrückung bis zu einem neuen Job oder dem Ruhestand kann dies aber kurzfristig in Kauf genommen werden“, empfiehlt er.