Ahrensburg. Bei vielen Vorhaben in Ahrensburgs Zentrum drohen zwei Jahre Stillstand. Stadt verliert möglicherweise Millionenförderung.
Die Zahl der Parkplätze im Ahrensburger Zentrum darf nicht reduziert werden – das steht nach dem Bürgerentscheid vom vergangenen Sonntag fest. Noch größtenteils offen ist hingegen, welche Konsequenzen das Ergebnis für künftige Bauvorhaben in der Innenstadt hat. Sicher ist allerdings: Vieles von dem, was bereits geplant und beschlossen ist, wird vorerst nicht umsetzbar sein.
„Wir werden uns in den kommenden Wochen verwaltungsintern einen Überblick verschaffen“, sagt Ahrensburgs Bürgermeister Eckart Boege. So oder so sei das Ergebnis eine „große Herausforderung“, weil es einen eng gesteckten Rahmen vorgebe. Eine denkbar knappe Mehrheit von 51,6 Prozent hatte am Sonntag die Frage positiv beantwortet, ob künftig Parkplätze in der Innenstadt nur noch dann abgebaut werden dürfen sollen, wenn dafür an anderer Stelle im Zentrum Ersatz in gleicher Anzahl geschaffen wird.
Großprojekt Hamburger Straße ist in bisher geplanter Form wohl nicht umsetzbar
Das Ergebnis ist für zwei Jahre bindend. „Und auch danach kann es nur durch einen Beschluss der Stadtverordneten aufgehoben werden“, sagt Boege. Rechtlich habe das Votum der Bürger denselben Stellenwert wie ein Grundsatzbeschluss des Kommunalparlaments. Die Verwaltung geht davon aus, dass gleich mehrere Beschlüsse aus der Vergangenheit durch das Votum obsolet sind.
„Das größte der betroffenen Projekte ist sicherlich die Hamburger Straße“, sagt der Bürgermeister. Sie ist Teil des Innenstadtkonzeptes, das Ahrensburgs Stadtverordnete Anfang 2018 beschlossen haben. Der ruhende Verkehr soll demnach weitgehend aus der beliebten Einkaufsstraße am Kaufhaus Nessler verschwinden, stattdessen eine Flaniermeile mit Bäumen, Bänken und breiten Gehwegen entstehen. Statt 53 soll es künftig nur noch 17 Parkplätze am Straßenrand geben.
Ahrensburg könnte zugesagte Fördermittel in Millionenhöhe verlieren
Eigentlich sollten die Arbeiten nach Verschiebungen 2023 beginnen, doch ob es dabei bleibt, ist nun unklar. „Wir werden schauen, ob es Lösungen ohne eine Reduzierung der Stellplätze gibt, aber bislang sehe ich das nicht“, sagt Boege. Zuletzt waren in der Hamburger Straße Versorgungsleitungen erneuert worden, im Anschluss wurden die Baugruben provisorisch verschlossen.
„Möglicherweise geht es in den kommenden zwei Jahren nicht weiter“, sagt Boege. Unklar sei auch, ob Ahrensburg weiterhin mit Mitteln von rund 50 Millionen Euro aus dem Städtebauförderprogramm rechnen kann, dem die Stadt seit 2018 angehört. Die Förderzusage ist nach Auffassung der Verwaltung unter anderem an eine autoarme Umgestaltung des Zentrums gekoppelt.
Für eine Verlagerung der Parkplätze an andere Stellen fehlen die Flächen
Nicht umsetzbar sei der Beschluss, die Stellplätze an der Klaus-Groth-Straße, direkt nach der Ausfahrt aus der Tiefgarage des CCA-Einkaufszentrums, zu entfernen. Ahrensburgs Politiker hatten im September 2021 dafür gestimmt, die zehn Parkplätze zu streichen, weil es an der Stelle immer wieder zu gefährlichen Situationen zwischen Fußgängern, Radfahrern und ein- und ausparkenden Autos kommt. Ausgenommen sollten die Plätze für Behinderte und Elektro-Fahrzeuge sein.
Auch am Lehmannstieg sollten die öffentlichen Parkplätze wegfallen. Die Formulierung des Bürgerentscheids erlaubt es zwar, die Stellplätze an eine andere Stelle zu verlagern. Laut Boege ist das aber keine Option. „Es gibt keine verfügbaren Flächen, insofern sehe ich diese Möglichkeit nicht“, sagt der Verwaltungschef. Ein großes Fragezeichen steht hinter dem Schotterparkplatz auf dem Stormarnplatz.
Provisorischer Parkplatz auf dem Stormarnplatz könnte dauerhaft bleiben
Die Fläche direkt hinter dem Rathaus mit 122 Stellplätzen war im November 2021 als Provisorium für die Zeit der Bauarbeiten an der Hamburger Straße und auf dem ehemaligen Parkplatz Alte Reitbahn, auf dem ein Edeka-Markt, Wohnungen und eine Tiefgarage mit 196 Plätzen entstehen, gedacht. Anschließend soll der Parkplatz eigentlich zurückgebaut werden, damit auf dem Stormarnplatz ein Stadtpark mit Skateranlage entstehen kann. Ob das nun noch möglich ist, sei unklar.
„Da der Interimsparkplatz zum Zeitpunkt des Bürgerbegehrens schon vorhanden war, fällt er möglicherweise unter die Sperre, die eine Reduzierung der Stellplätze verbietet“, sagt Boege. Zunächst habe das zwar keine Auswirkungen, weil die Arbeiten auf der Alten Reitbahn ohnehin noch mindestens zwei Jahre dauerten. „Danach bräuchte es aber mutmaßlich einen neuen politischen Beschluss, um den Parkplatz zurückzubauen“, so der Bürgermeister.
Bürgermeister möchte jetzt alle Beteiligten an einen Tisch bringen
Denn die Verwaltung geht zurzeit davon aus, dass getroffene, aber noch nicht umgesetzte Beschlüsse aus der Zeit vor dem Bürgerbegehren aufgehoben und nicht nur ausgesetzt sind. Folglich müsste jeder Beschlusseinzeln erneut gefasst werden.
„Dass es überhaupt zu diesem Bürgerentscheid gekommen ist, finde ich nach wie vor sehr bedauerlich“, sagt Boege. Für ihn sei das vor allem ein Zeichen, dass es in der Vergangenheit bei Planungen und Beschlüssen nicht gelungen sei, alle Beteiligten mitzunehmen. Der Bürgermeister ergänzt: „Leider war der Bürgerentscheid zu Beginn meiner Amtszeit schon in vollem Gange, sodass ich daran nichts ändern konnte.“ Jetzt sehe er seine Aufgabe darin, alle Beteiligten an einen Tisch zu bringen, um gemeinsam durchdachte Lösungen für die zukünftige Innenstadtentwicklung zu finden.