Ahrensburg. Berüchtigter Hamburger Arzt sorgt bei Gegnern von Corona-Schutzmaßnahmen für Gejohle – und bei Gegendemonstranten für Wut.

Mehr als 80 Teilnehmer haben am Sonnabend in Ahrensburg gegen die von der Regierung verhängten Coronavirus-Schutzmaßnahmen demonstriert. Damit kamen deutlich mehr Menschen zu der Kundgebung als von der Polizei im Vorfeld erwartet. Die Beamten hatten mit rund 50 Teilnehmern gerechnet. Die Demonstranten prangerten die von der Politik seit Beginn der Pandemie eingeführten Auflagen zum Schutz vor dem Virus als „überzogen“ und „unverhältnismäßig“ an und bezweifelten deren Wirksamkeit. Auch die Gefährlichkeit von Covid-19 stellten sie infrage und kritisierten eine einseitige Berichterstattung in den Medien.

„Was wir seit Februar erleben, ist Gleichschaltung“, sagte Gregor Kopka zum Abendblatt. Der Ahrensburger hatte die Demonstration vor dem Rathaus angemeldet und ist Begründer des Ablegers der Initiative „Querdenken“ in der Schlossstadt. Die ursprünglich in Stuttgart entstandene Bewegung sieht sich als Verteidiger des Grundgesetzes und der Freiheitsrechte in der Corona-Pandemie. Auf ihren Kundgebungen treten regelmäßig bekannte Verschwörungstheoretiker auf, auch eine Nähe zu AfD, NPD und anderen rechten Gruppen wird „Querdenken“ vorgeworfen.

"Querdenker"-Organisator Gregor Kopka © HA | Filip Schwen

Gegendemonstranten: "Es schmerzt, sich das anzuhören"

„Wir werden nicht weiter hinnehmen, dass Fachleute, die sich gegen den Kurs von Drosten, Wieler und Co aussprechen, als inkompetent abgestempelt werden“, begründete Kopka die Kundgebung. Er betonte: „Jeder kann sich seine eigene Meinung über das Coronavirus und den Kurs der Regierung bilden, aber wir wollen, dass unsere Argumente gehört werden.“ Kopka versicherte: „Wir wollen einen Dialog.“

Genau das bezweifelten die rund zwei Dutzend Gegendemonstranten, die das Geschehen von der anderen Straßenseite aus verfolgten. „Ich beobachte das mit großer Sorge“, sagte Bernadette Kölker, Sprecherin des Runden Tisches gegen Rechtsextremismus Ahrensburg. Die Rednerliste zeige, dass sich die Organisatoren nicht von Verschwörungstheorien und esoterischen Haltungen distanzierten.

Bernadette Kölker, Sprecherin des Runden Tisches gegen Rechtsextremismus Ahrensburg
Bernadette Kölker, Sprecherin des Runden Tisches gegen Rechtsextremismus Ahrensburg © HA | Filip Schwen

„Besonders die Tatsache, dass auf vergleichbaren Demos in der Vergangenheit immer wieder Sprecher rechter Gruppen aufgetreten sind, alarmiert uns“, so Kölker. Unter den Gegendemonstranten war auch der Ahrensburger Stadtverordnete Detlef Steuer von der Wählergemeinschaft WAB. „Ich kann nicht nachvollziehen, warum man jemanden wie Herrn Dr. Weber hier sprechen lässt“, sagte er. Es „schmerze, sich das anzuhören“.

Hamburger Arzt und Maskenverweigerer sorgt für Gejohle

Der Hamburger Mediziner Dr. Walter Weber ist in rechten Kreisen kein Unbekannter. Der Mitbegründer der Initiative „Ärzte für Aufklärung“ hatte im Jahr 2000 bundesweit für Schlagzeilen gesorgt, als er einer 66-Jährigen wegen ihrer Furcht vor Menschen mit schwarzer Hautfarbe eine "Angsterkrankung" bescheinigte. In Ahrensburg behauptete der Internist, das Coronavirus sei nicht gefährlicher als eine gewöhnliche Erkältung.

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„Wissen Sie, warum ich keine Angst habe? Ich habe ein Immunsystem!“, rief Weber unter dem johlenden Applaus der Demonstranten. Er selbst weigere sich, eine Maske zu tragen und stelle seinen Patienten Atteste aus, die sie von der Pflicht, einen Mund-Nasenschutz zu tragen, befreien.

Rund 80 Gegner der Corona-Regeln nahmen an der Demo in Ahrensburg teil.
Rund 80 Gegner der Corona-Regeln nahmen an der Demo in Ahrensburg teil. © HA | Filip Schwen

Versuchter Bühnensturm: Polizei muss einschreiten

Der Hamburger wurde immer wieder von Gegendemonstranten unterbrochen, die „Lügner“ und „Hau ab“ von der anderen Straßenseite herüberriefen. Schließlich musste die anwesende Polizei einschreiten, als ein Gegendemonstrant von der anderen Straßenseite herüber gerannt kam und versuchte, auf die Bühne zu stürmen.

Die Gegendemonstranten verfolgten die
Die Gegendemonstranten verfolgten die "Querdenker"-Veranstalter von der anderen Straßenseite aus. © HA | Filip Schwen

Der Mediziner warnte vor einer „Impfflicht durch die Hintertür“. Er behauptete: „Die Pharma-Lobby hat es längst geschafft, die Gesetze heimlich ändern zu lassen.“ Zwangsimpfungen seien längst möglich. „Polizisten ist es erlaubt, Ihre Tür einzutreten, sie festzuhalten und von Apothekern zwangsimpfen zu lassen“, so Weber. Darüber würden die „Mainstream-Medien“ nur nicht berichten. „Die Medien kommen ihrer Verpflichtung als vierte Gewalt im Staat nicht mehr nach“, sagte der Mediziner. Und rief zum Abschluss unter heftigem Applaus: „Wir sind ab jetzt die fünfte Gewalt!“

Hamburger Heilpraktikerin warnt vor Corona-Impfung

Ebenfalls auf der Rednerliste war die Hamburger Heilpraktikerin Daniela Gerlemann zu finden. Die Impfgegnerin ist Mitbegründerin des "netzwerk impfentscheid Deutschland“. Zu Beginn warnte sie vor einem Corona-Impfstoff. Ein solcher dürfe niemals kommen. „Uns wird gesagt, Impfungen seien etwas Gutes“, so Gerlemann. Doch das sei „Manipulation“.

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Sie erzählte von ihrer Tochter, bei der es nach einer Impfung im Alter von zehn Monaten zu Komplikationen gekommen sei und schloss mit der Behauptung, Infektionswellen seien eine direkte Folge von Massenimpfungen. Eine Maske trug während der rund viereinhalb Stunden dauernden Kundgebung kaum jemand.

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