Ahrensburg. Marion Meyer und Mehmet Dalkilinc kandidieren gemeinsam für den Vorsitz. Tobias von Pein tritt nach nur einer Amtszeit nicht mehr an.

Zeitenwende in der Stormarner SPD: Wenn die Genossen am Sonnabend, 31. Oktober, in der Oldesloer Stormarnhalle ihren neuen Kreisvorstand wählen, kandiert für den Vorsitz erstmals eine Doppelspitze. Marion Meyer aus Barsbüttel und Mehmet Dalkilinc aus Bargteheide wollen Nachfolger des Trittauers Tobias von Pein (35) werden, der nicht mehr antritt. Er hatte das Amt erst im September 2018 übernommen.

Im Kreistag ist die SPD derzeit zweitstärkste Kraft

Tobias von Pein ist seit September 2018 Kreisvorsitzender und seit 2012 Landtagsabgeordneter.
Tobias von Pein ist seit September 2018 Kreisvorsitzender und seit 2012 Landtagsabgeordneter. © SPD Kreis Stormarn

„Wir wollen die Partei sichtbarer machen, vor allem in der Außendarstellung. Da gibt es deutliche Reserven“, sagen M & M unisono. Während die Partei auf Bundesebene weiter im Umfragetief steckt und mit Werten zwischen 14 und 17 Prozent bei allen Meinungsforschungsinstituten hinter CDU und Grünen (18 bis 21 Prozent) auf Rang drei rangiert, sehen beide einiges Potenzial, zumindest in Stormarn deutlich voranzukommen. Im Kreistag ist die SPD mit 14 Sitzen derzeit zweitstärkste Kraft hinter der CDU (24) und vor den Grünen (12).

„In die kommende Amtszeit bis 2022 fallen die Bundestagswahl Ende September 2021 und die Landtagswahl 2022. Da wollen wir für die Partei einiges bewegen und unsere Kandidaten bestmöglich unterstützen“, sagt Mehmet Dalkilinc. Da dürfe das Duett keine Zeit verlieren – so es denn gewählt werde.

Kritik an der Zusammenarbeit zwischen Vorstand und Basis

Bislang gibt es keine Gegenkandidaten und angeblich auch keinen einzigen negativen Kommentar. Dafür aber viele positive Rückmeldungen aus den Ortsvereinen. „Vor zwei Monaten habe ich Tobias von Pein persönlich darüber informiert, dass ich kandidieren will“, sagt Marion Meyer, momentan stellvertretende Kreisvorsitzende. Der Landtagsabgeordnete habe das respektiert und wissen lassen, es nicht auf eine Kampfkandidatur ankommen lassen zu wollen.

Befragt nach ihren Beweggründen, gibt die 55-Jährige freimütig zu, andere Vorstellungen von der Zusammenarbeit zwischen Kreisvorstand und Basis zu haben, als das in den vergangenen beiden Jahren praktiziert worden sei. „Es ist wichtig, die Stimmung an der Basis zu spüren, die Meinung der Mitglieder ernst zu nehmen und alle Gruppierungen mitzunehmen“, so die ausgebildete Erzieherin, die derzeit im Wahlkreisbüro des Reinbeker Landtagsabgeordneten Martin Habersaat arbeitet.

Marion Meyer hält das Modell Doppelspitze für sinnvoll

Weil die gebürtige Hamburgerin, die in Glinde aufgewachsen ist und in Barsbüttel wohnt, das auch in der Bundespartei und ihrem Ortsverein gepflegte Modell der Doppelspitze für sinnvoll hält, hielt sie Ausschau nach einem geeigneten Partner. Den fand Meyer in dem 20 Jahre jüngeren Bargteheider Fraktionschef Mehmet Dalkilinc. „Er war sofort mein Favorit: männlich, jung, zuverlässig, pünktlich – da passt einfach alles“, so die Mutter einer Tochter.

Dalkilinc, in Bad Oldesloe geboren und in Bargteheide aufgewachsen, ist nach eigenem Bekunden Stormarner und Sozialdemokrat „mit jeder Faser“. Die Idee einer Doppelspitze habe er sofort gut gefunden. „Vier Ohren hören ja bekanntlich mehr als zwei, und auch die Arbeit lässt sich so natürlich viel besser teilen“, sagt der Vater zweier Kinder, der als Versicherungskaufmann beim Konzern Generali arbeitet.

Gespann nutzt alle Kanäle, um sich modern zu präsentieren

Meyer und Dalkilinc wollen buchstäblich alles auf den Prüfstand stellen, um den Mitgliederschwund zu stoppen und die Partei vor allem für junge Leute und Frauen zu öffnen. „Wir haben in den vergangenen zwei Jahren etwa 60 Mitglieder verloren. Die Mehrzahl zwar aus Altersgründen, doch gerade die Überalterung ist ein Problem. Die Partei muss unbedingt jünger werden, wollen wir den Abwärtstrend stoppen“, so Dalkilinc, dessen Mutter aus der Nähe Istanbuls und dessen Vater aus der Nähe von Antalya stammen.

Deshalb gelte es, mit alten Klischees der Parteiarbeit zu brechen und sich in der öffentlichen Wahrnehmung auf allen Kanälen moderner zu präsentieren. Insbesondere auf den sozialen Netzwerken, aber auch auf bekannten Videoplattformen wie Youtube und Tiktok.

Gesamte Parteiarbeit soll digitaler und emotionaler werden

Mit ihrer Bewerbungskampagne unter dem Motto „#gemeinsam2020 – voneinander, füreinander, miteinander“ zeigen sie schon mal, wie sie sich das vorstellen. Es gibt eine Homepage (www.meyer-dalkilinc.de), sie sind auf Facebook, Twitter und Instagram präsent und haben beim letztgenannten Onlinedienst bereits 400 Follower.

Auf der Homepage können Vorlagen für Karten und Plakate heruntergeladen werden. Helfer sind zudem aufgefordert, Fotos und Videosequenzen zu erstellen, mit der sie ihre Kampagne unterstützen. „In so einer alten Volkspartei ist das für viele Mitglieder sicher Neuland. Doch klar ist, dass die gesamte Parteiarbeit digitaler und vor allem emotionaler werden muss“, sagt Dalkilinc.

Wichtige Themen: Kostenfreie Bildung und Alltagsrassismus

Forderungen wie „mehr Zusammenhalt“, „mehr Gleichberechtigung“ und „mehr Solidarität“ müssten nicht nur gelebt, sondern offensiv transportiert werden. M & M wollen vor allem die kostenfreie Bildung für alle von der Kita bis zur Hochschule und den Kampf gegen den Alltagsrassismus in den Fokus rücken. „Bildung ist das A und O, sie macht den Menschen aus, ist der Schlüssel zu Wohlstand und sozialer Sicherheit“, sagt Meyer. „Die Übergriffe auf Menschen anderer Hautfarbe und Religion darf eine demokratische Gesellschaft nicht tolerieren. Hier ist mehr Aufklärung und Prävention nötig, um schon den Anfängen solcher Auswüchse zu wehren“, so Dalkilinc.

Einig sind sich die beiden auch beim Kanzlerkandidaten ihrer Partei, Olaf Scholz. „Vielleicht schlägt da mein Hamburger Blut durch. Aber ich mag ihn einfach, weil er durch und durch Hanseat ist, genau wie ich“, sagt Marion Meyer. „Ganz klar, er gilt momentan als die Galionsfigur der SPD“, bekräftigt Mehmet Dalkilinc. Zur Wahrheit gehöre allerdings auch, dass er derzeit niemanden in der Partei sehe, der außer Scholz das Format für diese Aufgabe habe.