Buxtehude. Rückhaltebecken gegen Este-Hochwasser, Stauflächen in Bötersheim, Hollenstedt und Buxtehude – all das soll helfen, wenn Flut kommt.

Nach den heftigen Regenfällen in der vergangenen Woche kam das Wasser der Este mancherorts Häusern schon gefährlich nahe; Wiesen im Oberlauf waren teils überschwemmt. Doch was passiert erst bei einem Wetterextrem, das statistisch vielleicht nur alle paar Jahrzehnte vorkommt? Was, wenn Regen-Hochwasser und Sturmflut auf der Elbe zusammenfallen?

Über diese Fragen diskutiert man in den Este-Kommunen von Kakenstorf bis Cranz schon lange. Als erste Konsequenz schlossen sich 2018 Buxtehude, Hamburg sowie die betroffenen Landkreise und weitere Gemeinden zu einer „Hochwasserpartnerschaft“ zusammen, die dann die TU Hamburg und ein Ingenieurbüro beauftragt hat, ein Hochwasserschutz-Konzept für Ober- und Unterlauf der Este zu erstellen. Das Ergebnis liegt seit kurzem vor und wird derzeit in den politischen Gremien in den Landkreisen Harburg und Stade vorgestellt.

100-jähriges Hochwasser könnte auch früher kommen

Die Wasserbauexperten hatten dabei für ihre Modellrechnungen verschiedene Szenarien angenommen: Zum einen den Fall des 100-jährigen Regen-Hochwassers; also ein Ereignis, das statistisch nur alle 100 Jahre vorkommt. „Das kann aber auch schon morgen sein, muss aber nicht“, sagt der TU-Wissenschaftler Edgar Nehlsen, der das Konzept mit erarbeitet hat.

Ein weiteres Szenario wäre besonders für den Unterlauf relevant: Dabei wird angenommen, dass eine extreme, statistisch nur alle fünf Jahre gemessene Regenmenge mit mehreren aufeinanderfolgenden Sturmfluten an der Elbe zusammenfällt. Dann wäre das Este-Sperrwerk zur Elbe über längere Zeit geschlossen und das erhöhte Estewasser könnte nicht abfließen. Zudem berechneten die Ingenieure auch mögliche Veränderungen durch den Klimawandel, wodurch sich die Niederschlagsmenge noch einmal erhöhen könnte. Für die Modellrechnungen gab es da einen Zuschlag von 15 und von 30 Prozent.

Klimawandel könnte zu schweren Überschwemmungen führen

Dabei zeigte sich, dass es gerade mit dem „Klimazuschlag“ zu teils heftigen Überschwemmungen kommen könnte in den Este-Orten. Besonders eben auch in Buxtehude, wo im westlichen Stadtgebiet nördlich der Bahn weite Teile unter Wasser stehen würden, wie TU-Forscher Nehlsen sagt. „Man muss sich das natürlich nicht vorstellen wie im Ahrtal mit meterhohen Fluten, hier sind es einige Dezimeter.“ Gleichwohl wäre der Schaden groß, weil so viele Häuser betroffen wären. Als Gegenmaßnahme wird in dem Konzept für den Oberlauf zwischen Kakenstorf und Buxtehude die Schaffung von mehreren Hochwasser-Rückhaltebecken empfohlen. Die sollten möglichst oberhalb von gefährdeten Ortschaften liegen, um sie wirksam zu schützen.

Natürliche Senken werden für Rückhaltebecken genutzt

Bei diesen Becken soll es sich allerdings in den meisten Fällen nicht um künstlich angelegte Bauwerke handeln, sondern es sollen dafür meist natürliche Senken und bereits vorhandene Straßen- Bahn- oder Wegedämme genutzt werden, um das Wasser in den tiefen Fluss-Auen zu stauen. Im Fluss muss dann ein sogenanntes Durchlassbauwerk ähnlich wie ein Sperrwerk installiert werden. Im Normalfall ist es so breit und offen wie die Este, so dass Fische oder Paddler es gut passieren können. Für den Hochwasserfall wird durch eine spezielle Bauweise oder auch eine mechanische Vorrichtung die durchfließende Wassermenge aber so gedrosselt, dass nicht zu große Volumen abfließen können und dann weiter unten im Flussverlauf für Überschwemmungen sorgen. Ein Aufstau des Wassers um etwa einen Meter würde dabei reichen, sagt TU-Wissenschaftler Nehlsen. „Ohnehin überschwemmte Auen wären dann nur etwas länger überschwemmt“.

Vor Buxtehude muss ein langer Damm gebaut werden

Konkret sieht das Konzept als erste Maßnahmen zunächst solche Becken bei Bötersheim, an der A1 bei Hollenstedt und nahe der Straße „Am Klöterbusch“ am Buxtehuder Stadtrand kurz vor dem Mühlenteich vor. Das Buxtehuder Becken wäre dabei das größte und würde auch den größten Effekt bringen, in dem es den Wasserstand bei Hochwasser im weiteren Verlauf der Este um einige Dezimeter mindert. Dazu allerdings muss rechts und links der Este dann dort noch ein etwa, 2,50 Meter hoher und insgesamt 300 Meter langer Damm gebaut werden, um das Wasser großflächig zu stauen.

Polder im Unterlauf geplant

Für den Unterlauf sieht das Schutzkonzept ebenfalls im Hochwasserfall eine Art Zwischenspeicherung in Poldern und Gräben im Moorgebiet oder auch ein Schöpfwerk vor, wie es gerade in Hamburg diskutiert wird. Offen ist allerdings noch, wann die Empfehlungen umgesetzt werden können. In einem nächsten Schritt soll aus der Hochwasserpartnerschaft jetzt zunächst ein Verband gegründet werden, um die Kostenaufteilungen und Verantwortlichkeiten zwischen den Kommunen klar zu regeln und Fördermittel einwerben zu können. „Es besteht da Handlungsbedarf, wir versuchen, diesen Verband daher noch in diesem Jahr zu gründen“, sagt der Buxtehuder Oberdeichrichter Wilhelm Ulferts, der dafür bereits als Projektleiter eingesetzt wurde.