Sylt. Weil viele Urlauber die Leinenpflicht missachten, werden immer wieder Tiere angegriffen. Welche Besucher noch Probleme machen.

Wer einen Hund hat, muss jeden Tag mit ihm raus, bei jedem Wetter. Für Stella Kinne macht es deshalb keinen allzu großen Unterschied, ob es regnet oder sommerlich heiß ist. Sie ist auch jeden Tag draußen unterwegs. Denn die 25-Jährige ist die erste fest angestellte Rangerin für das Listland auf Sylt, das im Privatbesitz zweier Familien ist. Sie sorgt dafür, dass Schafe und Lämmer, die frei herumlaufen, sowie Vögel und Seehunde in dem Naturschutzgebiet besser geschützt werden.

Es ist ein besonderer Ort: Der Lister Ellenbogen begrenzt im Norden mit seiner weiten Dünenlandschaft und den langen Stränden die Insel. „Mein Fokus liegt auf den Hundehalterinnen und Hundehaltern“, sagt die Naturschützerin. Denn am Ellenbogen gelte, anders als an anderen Sylter Strandabschnitten, ganzjährig die Leinenpflicht für Hunde, die aber von einigen missachtet werde.

Sylt: Rangerin muss Schafe und Brutvögel vor Hunden schützen

Kinne unterstützt damit den Schäfer Jürgen Wolf-Diedrichsen, der seine Schafe auf dem Listland weiden grasen und frei laufen lässt.

„Jetzt haben alle Bundesländer Ferien. An der Ellenbogenspitze allein sind häufig 20 bis 30 Hunde gleichzeitig am Strand“, sagt die neue Rangerin, die ihren Dienst im Juli begonnen hat. Der Großteil der Tiere sei angeleint, aber immer seien Hundehalter dabei, die die Leinenpflicht missachten. Manche würden beleidigend, wenn sie sie darauf hinweist, und bei vielen treffe es auf Unverständnis, dass sie ihre Hunde nicht frei laufen lassen dürfen.

„Ich höre dann solche Sachen wie ,wir sind im Urlaub’ oder ,er ist ein ganz Lieber’ oder ,er mag die Leine nicht’.“ Sie versuche, es den Leuten auf nette Art zu verdeutlichen, warum die Leinenpflicht nötig ist.

List auf Sylt: Drei Tiere der großen Schafherde wurden bereits getötet

Längst nicht jeder Hund ist friedlich. Von den 250 Mutterschafen und 350 Lämmern seien allein in diesem Jahr sieben Tiere durch freilaufende Hunde verletzt worden, drei seien an ihren Verletzungen gestorben. Nur wenn man einen Hund auf frischer Tat „überführt“, könne man eine Anzeige stellen und die Hundehalter für die Behandlungskosten haftbar machen, sagt Kinne.

Auch für die vielen Brutvögel seien freilaufende Hunde eine ständige Gefahr, sagt die Naturschützerin. Noch sei Brutzeit bei vielen Vögeln. „Sandregen- und Seeregenpfeifer und Austernfischer brüten. Außerdem die Küsten- und Zwergseeschwalben, die ihre letzte Kolonie auf Sylt auf dem Ellenbogen haben“, so die Rangerin.

Stella Kinne kam während ihres Studiums der Buchwissenschaften zum Freiwilligendienst bei der Schutzstation Wattenmeer auf Sylt und war eine Weile Naturschutzbotschafterin der Insel. Das erste Halbjahr 2023 verbrachte sie als Rangerin in Neuseeland, ehe sie nun ihre neue Aufgabe auf Sylt übernahm.

Sylt: Auch Raucher sind ein Problem auf der Nordseeinsel

Diese Stelle ist befristet. Sie hofft aber, dass sie weitermachen kann, um noch mehr bewirken zu können. Denn neben Hundehaltern gibt es noch eine Spezies, die etwas sorglos mit der Natur umgeht. „Der Strand ist voller Kippen“, sagt Stella Kinne.

Sie habe deshalb nach dem Vorbild der Naturschutzgemeinschaft Sylt mit dem Miteigentümer Thomas Diedrichsen auf dem gesamten Ellenbogen Kippengläser angebracht. Die Idee: Die Raucher sollen ihre Zigarettenreste in Kippengläser werfen statt in den Sand. „Die Gläser werden sehr gut angenommen, sagt Kinne.