Westerland. Die Gemeinde hat den angespanntesten Markt in Schleswig-Holstein. Die neue Wohnungsbau-Förderung wird aber wohl ins Leere gehen.

Die Gemeinde Sylt mit ihren Ortsteilen Westerland, Tinnum, Rantum, Keitum, Archsum, Morsum und Munkmarsch hat den größten Wohnraummangel aller 1106 Städte und Gemeinden in Schleswig-Holstein. Das zeigt ein neues Gutachten.

Auf der Insel ist das Missverhältnis zwischen Ferienwohnungen und dauerhaftem Wohnen längst ein Thema. Das „Gegensteuern“ sei ein langjähriger Prozess, sagt Sylts Bürgermeister Nikolas Häckel: "In diesen Prozess sind wir seit einigen Jahren eingestiegen und sichern den bestehenden Wohnraum über Bebauungspläne ab."

Sylt kämpft mit Wohnungsmangel

Auch die anderen Sylter Gemeinden List, Kampen, Wenningstedt-Braderup und Hörnum stehen auf der Liste der 67 Städte und Gemeinden mit angespanntem Wohnungsmarkt, die das schleswig-holsteinische Innenministerium gerade herausgegeben hat.

Anlass ist das Baulandmobilisierungsgesetz, das am 10. Februar in Kraft tritt. Es bietet den Gemeinden mehr Möglichkeiten, den Wohnungsbau zu forcieren. Sie können unter anderem ihr Vorkaufsrecht auf brachliegende Grundstücke ausweiten oder Baugebote zur Wohnbebauung aussprechen.

Leerstehende Wohnungen auf Sylt eine große Ausnahme

Für Sylt sind die Instrumente offenbar wenig hilfreich. Beispiel Vorkaufsrecht: Es kann nur ausgeübt werden, wenn ein Grundstück gerade veräußert wird. Und dann müsse die Gemeinde in den Kaufvertrag eintreten, "das heißt auch in den Kaufpreis (soweit der Preis nicht rechtswidrig hoch ist). In den Inselgemeinden gibt es Marktpreise für Grundstücke, die sich die kommunalen Haushalte oft kaum leisten können", antwortet der Kreis Nordfriesland auf eine Abendblatt-Anfrage.

Zudem ist der Begriff „brachliegende Grundstücke“ nicht eindeutig geklärt. Was er im rechtlichen Sinne bedeuten soll, "muss der Gesetzgeber oder müssen die Gerichte klären", so die Kreisverwaltung. "Falls damit ein normaler Leerstand eines Gebäudes gemeint ist, greift das Vorkaufsrecht ziemlich früh. Es ist aber eher unwahrscheinlich, dass dies verfassungskonform wäre."

Vorkaufsrechte wahrzunehmen, können sich die Inseln kaum leisten

Ohnehin ist die Betrachtung eher theoretisch: In der Gemeinde Sylt gebe es "keine nennenswerte Anzahl von brachliegenden Grundstücken (unbebaute Grundstücke mit Baurechten)", sagt der Bürgermeister. Und auch keinen Wohnungsleerstand (jenseits von Ferienwohnungen): "Leerstehende Mietwohnungen sind die Ausnahme – diese Ausnahme liegt dann oft am Missverhältnis von Wohnungszustand und geforderter Miete."

Auch die Möglichkeit, Baugebote auszusprechen, wenn sich der Baustart bei genehmigten Projekten zu sehr verzögert, hilft der Gemeinde Sylt nicht weiter: "Aufgrund der Marktsituation sowie dem hohen Maß an Bautätigkeit ist das Instrument des Baugebotes für die Insel Sylt nicht wirklich relevant", urteilt Häckel.

Dennoch sei er dankbar, dass seine Gemeinde in die Liste der betroffenen Gemeinden und Städte aufgenommen wurde: "Dies hat für Sylt eine große Bedeutung, um auf unsere Wohnungsnot hinzuweisen."

Bebauungspläne auf dauerhaftes Wohnen ausrichten

Diese sei nur langfristig über das Instrument der Bauleitplanung zu bekämpfen, sagt Häckel. Das heißt, zukünftige Flächennutzungspläne und Bebauungspläne der Gemeinde müssen größtenteils auf das dauerhafte Wohnen ausgerichtet sein. Bislang wurde beschlossen, dass mindestens eine Dauerwohnung in Wohngebäuden vorhanden sein muss.

Derzeit erarbeitet die Gemeinde Sylt ein Beherbergungskonzept, das sich ebenfalls mit dem Thema befasst. Ein Gutachten zur Bestandsaufnahme kam im Mai 2022 zu dem Schluss: "In der Gemeinde Sylt unterhalten wir uns nicht mehr darüber, ob ein Ungleichgewicht zwischen touristischen und übrigen Funktionen der Gemeindeentwicklung eingetreten ist, sondern nur noch darüber, ob und wie die längst eingetretene Fehlentwicklung wieder eingefangen werden kann."

Sylt habe sich zu sehr Richtung Tourismus entwickelt

Das Beherbergungskonzept hat zwar auf die bestehenden Wohnungen keinen Einfluss. Doch wenn es, wie geplant, als städtebauliche Entwicklungsmaßnahme beschlossen wird, müsste das Konzept bei allen Bauleitplänen in die Abwägung einbezogen werden. Damit könnte zumindest bei Neubauten dem Dauerwohnen Vorrang gegeben werden.

"Bezahlbarer Mietwohnungsbau kann aber meiner Meinung nach in erster Linie im Zuge des kommunalen Wohnungsbaus geschaffen und gesichert werden", betont Bürgermeister Häckel. Die Gemeinde Sylt betreibt das Unternehmen KLM (Kommunales Liegenschafts-Management). Es vermietet mehr als 1200 Dauerwohnungen und baut an mehreren Orten auf der Insel neue Wohnungen, mit Schwerpunkt in der Gemeinde Sylt.