Westerland. E-Busse sollen Dieselfahrzeuge ersetzen. Die salzige Meerluft ist dabei eine der großen Herausforderungen bei dem Millionenprojekt.

Wer einen Sylter Linienbus besteigt, hat zunehmend gute Chancen, klimaneutral und fast geräuschlos durch die Dünenlandschaft gefahren zu werden. Denn die Sylter Verkehrsgesellschaft (SVG) hat ihre Flotte bereits mit fünf Elektrobussen von MAN bereichert, der sechste wird Anfang Februar folgen. Noch werden die Fahrzeuge im Betriebshof in Westerland provisorisch mit mobilen Ladestationen versorgt. Doch noch in diesem Jahr soll eine Ladeinfrastruktur stehen, die von List bis Hörnum reicht.

Fast zehn Millionen Euro investiert die SVG in die Energiewende des Sylter Personennahverkehrs. Die Busse kosten zusammen rund 4,8 Millionen Euro. Sie werden staatlich gefördert: Das Bundesumweltministerium übernimmt 80 Prozent des Preisunterschieds zwischen einem herkömmlichen Diesel-Bus (für rund 400.000 Euro zu haben) und einem E-Bus zum Durchschnittspreis von gut 750.000 Euro.

Sylter E-Busse tanken in Westerland Ökostrom

"Wir stellen uns den Herausforderungen des Klimawandels", sagt SVG-Inhaber Sven Paulsen, es sei die größte Investition seines Unternehmens seit 30 Jahren. "Sechs unserer 22 Busse fahren nun elektrisch über die Insel. Dieser Anteil von 30 Prozent liegt weit über den politischen Vorgaben." Ziel sei es, innerhalb der kommenden fünf bis zehn Jahre die gesamte Busflotte auf E-Antrieb umgestellt zu haben. Insgesamt fahren die Busse 150 Haltestellen an, während des Sommers im 15-Minuten-Takt.

Betriebsleiter Sven-Olaf Seddig (l.) und SVG-Chef Sven Paulsen stehen vor einem der vier elektrisch betriebenen Gelenkbussen.
Betriebsleiter Sven-Olaf Seddig (l.) und SVG-Chef Sven Paulsen stehen vor einem der vier elektrisch betriebenen Gelenkbussen. © HA | Angelika Hillmer

Vier Gelenk- und zwei Solobusse werden demnächst im Einsatz sein. Die MAN-Busse seien die optimalen Fahrzeuge, denn sie haben eine relativ große Reichweite von knapp 400 Kilometern, so Paulsen. Aber sie müssen verlässlich (Öko-)Strom tanken können. Dazu werden im Betriebshof 22 Ladepunkte installiert. Weitere sechs Punkte sind am ZOB in Westerland geplant. Zwei Reserve-Ladepunkte werden in den Häfen von List und Hörnum installiert, falls bei einem Bus technisch mal etwas schief läuft.

Sylter Linienbusse fahren 150 Haltestellen an

"Bis zum Jahresende soll die Infrastruktur stehen", sagt Finn Blunck, Mobilitätsmanager bei der SVG. Insgesamt werden Um- und Aufbau fünf Millionen Euro kosten, die zur Hälfte vom schleswig-holsteinischen Umweltministerium bezahlt werden. Der erste Spatenstich erfolgte im November. Gebaut wird die Ladeinfrastruktur von dem darauf spezialisierten Unternehmen SBRS in Dinslaken.

"Wer auf Sylt eine Ladeinfrastruktur installieren kann, kann es überall", sagt Andreas Stahl, Geschäftsführer von SBRS. Die salzige Meeresluft sei für die Hochleistungstechnik eine echte Herausforderung. Schließlich solle sie 30 Jahre durchhalten. Stahl blickt auf die orangefarbigen mobilen Ladegeräte: "Derzeit sind bestimmte technische Komponenten auf dem Weltmarkt nicht zu bekommen. Deshalb müssen wir vorerst mit dieser Notlösung leben."

"Mit der modernen Technik wollen wir noch mehr Fahrgäste in unsere Busse bekommen", sagt SVG-Geschäftsführer Paulsen (2021 waren es 2,4 Millionen). Gleichzeitig gelte es, den Autoverkehr spürbar zu reduzieren. Doch das sei eine "Frage der Politik auf der Insel".

Sylt hat rund 300 Ladestellen für E-Mobile

Sylts Bürgermeister Nikolas Häckel nahm den Ball auf: "Wenn das so weitergeht, kollabieren wir. Wir müssen die Menschen aus ihren Autos holen." Häckel lobte Paulsen für die innovativen Impulse, die er mit seinem Unternehmen setze: "Die SVG ist eine Marke von Sylt, die zeigt, wie modern unsere Insel ist."

Noch sind viele Insulaner und Urlaubsgäste mit dem Auto unterwegs. Bestenfalls annähernd klimaneutral in mit Ökostrom betriebenen E-Mobilen. Auch für sie gebe es bereits ein dichtes Netz an Ladestationen, sagt Häckel. Der örtliche Energieversorger EVS hat bislang gut 40 öffentliche Ladestationen eingerichtet. Und in Hotels oder Pensionen mindestens 250 sogenannte Wallboxen installiert, an denen E-Autos über Nacht geladen werden können. "Wir sind da schon ziemlich weit", sagt EVS-Geschäftsführer Georg Wember.