Tinnum. Von Westerland nach Tinnum umgezogen: Hunderte Ukrainer und Asylbewerber finden jetzt Hilfe beim Treffpunkt im Tinem Hüs.
Der neue Treffpunkt für auf Sylt lebende Geflüchtete und Asylbewerber liegt etwas versteckt: Rechts am Tinem Hüs vom Tinnumer Dorfverein führt ein Seiteneingang in die "Ankerstube". Sie ist seit Juli 2022 ein beliebter Anlaufpunkt vor allem für Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine und war bislang in Westerland beheimatet. Doch zum Jahreswechsel musste sie ihr Domizil an der Strandstraße verlassen.
Nun geht die Arbeit auf beschränktem Platz und mit beschränkten Öffnungszeiten weiter. "Wir sind sehr glücklich über diese Zwischenlösung", sagt Ulrike Körbs. Die Ehrenamtskoordinatorin der Gemeinde Sylt kümmert sich fast ausschließlich um die "Ankerstube". In etwa sechs Wochen ist ein weiterer Umzug geplant. Dann wird die "Ankerstube" Räumlichkeiten im ehemaligen Bowlingcenter Lucky's an der Industriestraße in Westerland beziehen.
Sylt: In Tinnum ist die "Ankerstube" nur wenige Wochen
Die neue Bleibe wird noch umgebaut und bietet mit rund 100 Quadratmetern etwa doppelt so viel Platz wie das aktuell verkleinerte Ankerstübchen. Ein Teil der Ausstattung ist dort schon eingelagert, etwa Spielsachen. Die gespendete Kinderkleidung befindet sich dagegen, säuberlich nach Größen in Pappkartons sortiert, im Tinem Hüs.
Auch hier herrscht reger Betrieb. Am zweiten Öffnungstag ist vor allem die Hilfe der gebürtigen Ukrainerin Oksana Petersen beim Ausfüllen von Behördenformularen gefragt. Während sie einem ukrainischen Ehepaar aus Saporischschja die deutsche Bürokratie näherbringt, kommen nach und nach vier weitere Ukrainerinnen mit Beratungsbedarf in die "Ankerstube". Während der Wartezeit versorgt Ulrike Körbs die Besucherinnen mit Tee oder Kaffee.
"Wir haben auf Sylt derzeit 128 Ukrainer und 100 Asylbewerber, die Sozialleistungen beziehen. Und natürlich gibt es auch arme Sylter oder schlecht bezahlte Hilfskräfte mit Migrationshintergrund", sagt Körbs, die zugleich Vorsitzende des Sozial- und Gesundheitsausschusses der Gemeinde Sylt ist. Um die Hilfsbedürftigen zu unterstützen, bietet die "Ankerstube" vor allem kostenlose Kinderkleidung und Spielsachen an.
Sylter spendeten mehr Kinderkleidung als benötigt wurde
Nach den ersten Aufrufen über verschiedene Kanäle im vergangenen Sommer konnten sich die rund 20 ehrenamtlichen Mitarbeiter vor Kleiderspenden kaum retten: "Wir haben hier ein gut funktionierendes Netzwerk, sagt Körbs, "hier auf der Insel ist der soziale Zusammenhalt größer als in der Stadt."
- Sylter Sturmwoche: Was Insulaner und Gäste jetzt erwartet
- Sylter Unternehmer: Vom Autowäscher zum Millionär
- Abriss-Skandal: Warum der Bürgermeister Polizei nicht rief
Unter den Asylbewerbern seien viele Afghanen: "Im vergangenen Sommer stand plötzlich eine afghanische Familie mit acht Kindern auf dem Bahnhof in Westerland. Alle trugen nur Badelatschen. Wir haben sie erst einmal eingekleidet und in der Schule angemeldet." Nachdem die Kinder zur Schule gingen, habe es keinen Monat gedauert, bis sie anfingen, für ihre Eltern zu dolmetschen, freut sich die Sozialpolitikerin. "Es ist schön, wenn eine kleine Afghanin hereinkommt und uns mit ,Moin' begrüßt."
Kleine Afghanin begrüßt Leute im Treffpunkt mit einem "Moin"
An der Strandstraße stand die "Ankerstube" an sechs Tagen in der Woche den Bedürftigen offen, jetzt nur noch am Dienstag von 15 bis 18 Uhr sowie Mittwoch und Donnerstag von neun bis 12 Uhr. "An den Vormittagen machen wir schwerpunktmäßig Beratungen, am Nachmittag kommen die Kinder und es ist oft sehr laut", sagt Körbs. Dann wird die Ankerstube zum Spielplatz, mit kleinem Bällebad, Bauklötzen und Puppentheater.
Körbs mag es, wenn Kinder aus verschiedenen Ländern, die oft viel durchgemacht haben, fröhlich miteinander spielen. "Wir hatten schon mal 20 Kinder aus zehn Nationen, die zusammen gespielt und sich mit Händen und Füßen verständigt haben." Und auch die Erwachsenen seien sehr dankbar für die Unterstützung: "Die Menschen freuen sich total. Sie fühlen sich auf Sylt willkommen und gut aufgenommen."
In Westerland wird bald der endgültige Standort bezogen
In der sechsten Kalenderwoche (Mitte Februar) soll die Eingangstür vom neuen Domizil am Industrieweg geliefert werden. Dann gilt es allmählich, sich auf den nächsten Umzug vorzubereiten. "Wir werden uns dann neu aufstellen, mehr Öffnungszeiten anbieten, die Beratungen von Oksana verstärken und Begegnungen organisieren, zum Beispiel ein Deutschcafé, wo bei Kaffee oder Tee nur Deutsch gesprochen wird",sagt Ulrike Körbs.