Öger Akgün kam in den 70er-Jahren aus der Türkei nach Sylt und schaffte es nach ganz oben. Was er sich noch vorstellen könnte.

  • Öger Akgün hat es vom Gastarbeiterkind auf Sylt zum erfolgreichen Unternehmer gebracht
  • Er fing damit an, Luxuskarossen zu waschen
  • Nun kann sich der Untrernehmer sogar vorstellen, Bürgermeister zu werden

Er ist auf jeden Fall das, was man umgangssprachlich einen bunten Hund nennt, einen Tausendsassa, und als solcher ist er auch auf Sylt bekannt. Aber Öger Akgün ist noch mehr: Mit Fleiß, Engagement und einem guten Geschäftssinn hat er es vom Gastarbeiterkind aus der Türkei zum erfolgreichen Sylter Unternehmer gebracht.

Ja, vom Tellerwäscher zum Millionär, diesem Klischee, das aber eben doch Realität werden kann, entspricht er. Hinter dem Streben nach Erfolg und Unabhängigkeit steckt allerdings eine Menge Arbeit. Und nun könnte er sich auch vorstellen, Bürgermeister von Sylt zu werden.

Sylt-Besucher kennen dieses Bild: Aufschneider, die mit Luxuskarossen über die Insel cruisen. Öger Akgün kennt die auch, und er weiß außerdem: Unter den vielen Fahrern von Luxusautos sind viele Blender, die sich für ihren Sylt-Aufenthalt extra solche Fahrzeuge mieten. Denn mit der Autowäsche von solch hochwertigen Fahrzeugen fing sein unternehmerischer Erfolg an.

Sylt: Erste Geschäftsidee des Unternehmers: Luxuskarossen waschen

1995, mit 21 Jahren und mit dem Gesellenbrief als Fahrzeuglackierer, setzte der gebürtige Türke seine erste Geschäftsidee um: Autos waschen. „Manche Autobesitzer befürchteten, dass ich deren Luxusautos verkaufe“, sagt er und lacht. Das waren die typischen Ressentiments gegenüber Ausländern. „Beharrlichkeit und gute Arbeit zahlen sich aber aus“, sagt er. Und gute Kontakte, etwa zu dem Sylter Reeder Sven Paulsen, halfen außerdem.

Heute hat der vielleicht umtriebigste Geschäftsmann von Sylt eigene Firmen wie eine Gebäudereinigung, die Autowäsche, eine Autovermietung, und er ist an mehr als 40 Unternehmen beteiligt. Dazu gehören die Strandkorbvermietung oder Immobilien, wie der Wasserturm in Niebüll.

Akgün ist Sylter durch und durch. Ihm ist klar, dass vieles auf der Insel mehr Schein als Sein ist. „Besucher fragen sich, woher haben die Sylter so viel Geld? In den meisten Fällen ist das Vermögen vererbt“, erklärt Öger Akgün. „Das sei ihnen gegönnt.“ Ihm selbst ist nichts vererbt worden.

Aus der Türkei als Gastarbeiterkind nach Sylt

Sein erfolgreicher Weg war nicht unbedingt vorauszusehen. Denn der 48-Jährige war in den 1970er-Jahren mit drei Jahren aus einer kleinen Gemeinde in der Mitte der Türkei als klassisches Gastarbeiterkind mit seiner Mutter, zwei Schwestern und zwei Brüdern auf die Insel gekommen.

Sein Vater war da bereits einige Jahre vor Ort und hatte im Baugewerbe Geld verdient. Auf der Insel war der Ausländeranteil in den 70er- und 80er-Jahren sehr gering. „Der Empfang war herzlich, und als einziger Türke auf dem Sylter Gymnasium war ich so etwas wie ein Exot“, sagt Öger Akgün, der zweisprachig aufwuchs. Für ein Studium hatten seine Eltern kein Geld, also machte er eine Ausbildung.

Heute arbeitet er meist 16 Stunden am Tag, ab vier Uhr morgens, 300 bis 400 E-Mails landen jeden Tag in seinem Postfach. Hobbys? Hat er keine. Das Wichtigste neben der Arbeit sind seine Familie und seine Töchter (sechs und elf Jahre alt). Die Geschichte von Öger Akgün ist natürlich auch die Geschichte des Einwanderkindes. Er fühlt sich nicht als Mi­grant oder Sylter mit Migrationshintergrund und hat längst die deutsche Staatsbürgerschaft.

Der Sylter Unternehmer sei ein lustiger Typ

„Ich bin deutsch. Das Nicht-Eingliedern in die Gesellschaft, diesen Weg wollte ich nie gehen.“ Um finanziellen Reichtum sei es ihm bei all seinen Aktivitäten nicht vorrangig gegangen, sondern darum, unabhängig und frei zu leben. „Reichtum ist für mich, Zeit zu haben, und dass ich irgendwann sagen kann: ,jetzt habe ich genug.‘“ Dann muss er selbst lachen. Denn er weiß, er wird wohl nie genug haben, und lässt sich immer wieder von Firmenideen und -angeboten begeistern. „Er ist einfach ein lustiger Typ“, sagt einer seiner Geschäftspartner. Einer, der mitmische, gestalte und entscheide.

Nicht nur beruflich. „Ich bin auch ein sozialkritischer Mensch“, sagt Akgün. So kämpft der Unternehmer für den Erhalt der Insel, unter anderem als Mitglied bei „Merret reicht’s“ und seiner eigenen Initiative „Für ein besseres Sylt“. Als Mitglied der Grünen setzt er sich für einen nachhaltigen Umgang mit der Natur und den auf Sylt vorhandenen Wohnraum ein. Seine eigenen Immobilien vermietet er nur an Dauermieter.

Sylt: Öger Akgün setzt sich für Dauerwohnraum auf der Insel ein

„Wenn es uns nicht gelingt, mehr bezahlbare Dauerwohnungen für Menschen zu schaffen, die hier leben und arbeiten wollen, wird Sylt ausbluten, und die Insulaner werden aussterben.“ Akgün ist im Lions Club, engagiert sich beim Henning-Krogh-Förderpreis für junge Sylter Musiker und hat einen mit 10.000 Euro dotierten Innovationspreis für Oberstufenschüler mit kreativen und guten Geschäftsideen entwickelt. Dann gibt es noch „Ögers Music Camp“, in dem jungen Musikern musikalische Workshops angeboten werden.

Und wenn seine vielen Geschäfte weiterhin laufen, auch mal ohne ihn, kann er sich sogar vorstellen, in die Politik einzusteigen – und den Bürgermeisterjob von Nikolas Häckel zu übernehmen. Zumindest mag er die Idee.