Hörnum. Vom Hotel Atlantic nach Hörnum: Direktor Marco Winter über sein Leben auf Sylt und seine Ziele: Fokus liegt bei den Mitarbeitern.

Marco Winter kann sich noch genau an jenen Tag im Mai 2018 erinnern. Am Telefon des stellvertretenden Direktors des Hotels Atlantic Hamburg meldete sich eine Headhunterin, die den damals 38-Jährigen fragte, ob er sich vorstellen könne, das Fünf-Sterne-Superior Hotel Budersand in Hörnum auf Sylt als Direktor zu leiten. Er konnte. Keine vier Wochen später waren sich alle Parteien einig, am 1. Oktober 2018 siedelte Winter nach dreieinhalb Jahren in Hamburg auf die Insel über.

Offenbar eine gute Wahl. Vier Jahre später sitzt Winter in der „Bar.budersand" im Lobbybereich und erzählt, dass er hier nicht mehr weg möchte und lächelt: „Ich werde bald einmal mit der Eigentümerin über altersgerechtes Wohnen reden, damit ich hier in Rente gehen kann." Bis der entscheidende Anruf kam, kannte Winter die Insel so gut wie gar nicht. Genau einmal, 2014 kam er nach Sylt, um sich für ein Projekt am Tegernsee das Konzept der Restaurants Sansibar und Samoa Seepferdchen anzuschauen. Und wie es der Zufall wollte, übernachtete er damals im Budersand: „Nie hätte ich geglaubt, dass ich einmal dieses Hotel als Direktor leiten würde."

Sylt: Das Budersand mit 77 Zimmern beschäftigt 140 Mitarbeiter

Doch Claudia Ebert, die Eigentümerin, die sich öffentlich sehr im Hintergrund hält, setzte damals ganz bewusst auf einen Generationenwechsel, als sich die Amtszeit von Vorgänger Rolf E. Brönnimann dem Ende näherte. „Frau Ebert lässt uns viel Freiraum für Gestaltung, Ideen und neue Konzepte", sagt Winter, „das wirkt unglaublich motivierend. Hier macht niemand seinen Job nach Vorschrift." Passiert ist viel seit seinem Einstieg: Winter hat die Digitalisierung vorangetrieben, das Gastronomie-Angebot weiterentwickelt mit einem frischen Halbpension-Konzept sowie einem dritten Restaurant oder mehr Livemusik in der Lobby.

Das Hotel Budersand mit dem Golfplatz, gerade erst wieder zu Deutschlands bestem Golfplatz gewählt.
Das Hotel Budersand mit dem Golfplatz, gerade erst wieder zu Deutschlands bestem Golfplatz gewählt. © Stefan von Stengel

140 Mitarbeiter, in der Hochsaison sogar 150, sind im Budersand und dem mit Preisen überhäuften Golfclub beschäftigt, was bei 55 Zimmern und 22 Suiten ein ungewöhnlich hoher Schlüssel ist. Doch genau darin liegt auch das Erfolgsrezept des Hotels, das aufs Jahr gesehen mit durchschnittlich 70 Prozent überraschend stark ausgelastet ist, obwohl die Durchschnittspreise zu den höchsten in Deutschland gehören. Wer im August 2023 hier übernachten möchte, muss für ein Deluxe Doppelzimmer mit beliebten Meerblick mehr als 500 Euro pro Tag inklusive Frühstück bezahlen. Eine Woche in der Juniorsuite kostet 6440 Euro. In der Nebensaison wird es günstiger.

Auf dem Stellenmarkt herrscht auf der Insel laut Winter blanke Verzweiflung

Denn Luxus definiert der in Suhl in Thüringen geborene Winter ausdrücklich nicht über goldene Wasserhähne, sondern über den persönlichen Gästekontakt . „Die Mitarbeiter müssen die nötige Zeit für ihre Gäste haben. Wären sie gehetzt, wären das keine guten Voraussetzungen."

105 Wohneinheiten stehen dem Budersand für die eigenen Mitarbeiter zur Verfügung, zur Einzelbelegung oder auch zum Beispiel WGs für die Auszubildenden. Ein echter Trumpf in diesen Zeiten. Es sei ein richtiger Kampf um Mitarbeiter entbrannt, schildert Winter den leergefegten Stellenmarkt mit drastischen Worten: „Manchmal habe ich das Gefühl, es herrscht blanke Verzweiflung, weil zu viele Menschen unter anderem während Corona die Branche verlassen haben."

Ein Blick aus einem Doppelzimmer Deluxe im Hotel Budersand.
Ein Blick aus einem Doppelzimmer Deluxe im Hotel Budersand. © Budersand

Deswegen liege sein Fokus zu 100 Prozent auf den Mitarbeitern. Winters Ziel ist es, mehr Dauerwohnraum zu schaffen und damit auch erfahrene zugleich älter Mitarbeiter anzulocken, die im besten Fall dem Hotel lange erhalten bleiben. Denn Unruhe beim Personal durch ständiges Wechseln kann ein Hotel in diesem Segment nicht gebrauchen. Logisch und wichtig ist für Winter genauso, dass das Lohnniveau steigen müsse.

Budersand erhöht die Preise: Sparmaßnahmen seien die falsche Strategie

Dass dies und auch die Energiekosten sich am Ende auch durch gestiegene Zimmerpreise bemerkbar machen, verschweigt Winter nicht. Einen Sparkurs einzuschlagen, käme ihm nie in den Sinn: „Das wäre der falsche Ansatz." Stattdessen müsse die Qualität hochgehalten werden. Für das kommende Jahr sind bereits Preiserhöhungen beschlossen, im Frühjahr und November bleibt es günstiger. Den Buchungsanfragen hat dies nicht geschadet.

Von Anfang an hat Winter, der im Brenners Park-Hotel & Spa in Baden-Baden seine Ausbildung zum Hotelkaufmann absolvierte, das Ziel verfolgt, den Umsatz zu steigern, um den Hotelkomplex mit seinen hohen Fixkosten in der Gewinnzone zu halten. Der Erfolg gibt ihm Recht: Selbst in weniger attraktiven Jahreszeiten liegt die Auslastung des Hotels am Yachthafen inzwischen bei über 55 Prozent, in der Hochsaison meldet er seit zwei Jahren ausverkaufte Zimmer. Ein hoher Prozentsatz sind Stammgäste, die sogar mehrfach im Jahr ins Budersand kommen.

Sylt: Der Lieblingsort ist für Winter der Weststrand

Trotz der hohen Buchungszahlen wird stets am Budersand gearbeitet, ohne dabei, das ist ihm wichtig, die DNA zu verändern. So sei gerade der Spa-Bereich für eine Million Euro aufgefrischt worden, sehe aber so aus wie vorher. Zeitlos und schön, so sei das 2009 eröffnete Wohlfühlhotel von Anfang an eingerichtet gewesen, deshalb brauche es auch keinen Stilwechsel. Mehr als die Hälfte der Zimmer sind inzwischen ebenfalls renoviert, auch Arbeiten an der Außenfassade sind auf Grund der direkten Lage am Meer regelmäßig fällig.

Bleibt eigentlich nur noch die Frage offen nach seinem Lieblingsplatz auf Sylt. „Am liebsten bin ich tatsächlich am Weststrand, wo es etwas rauer zugeht mit den Wellen", entgegnet Winter blitzschnell. „Von meinen Zuhause in Hörnum-Nord bin ich in fünf Minuten am Strand und gehe dort unheimlich gerne spazieren, kann danach irgendwo einkehren, eine Currywurst essen und ein Bier trinken. Nach zwei Stunden ist der Kopf wieder frei. Das reicht mir, mehr brauche nicht." Denn das ist für Winter ein seltener Luxus – sich Zeit für sich zu nehmen und nicht für die Gäste.