Wenningstedt. In diesen Tagen gibt es auf der Insel die besten Chancen, die funkelnde Nordsee zu erleben. Was dafür passieren muss.
Es ist 23.30 Uhr, die Sonne ist seit zwei Stunden hinter dem Horizont verschwunden, doch am Strand von Wenningstedt auf Sylt funkelt es. Wer an der Stelle mit den Füßen durch den Sand streicht, wo das Wasser auf den Strand trifft, erlebt bereits die erste Überraschung. Weiße Funken blitzen auf. Noch besser aber wird es, wenn man ins Meer geht, das sich an diesem Abend weit zurückgezogen hat. Dann schwimmt man in der Dunkelheit plötzlich zwischen kleinen Lichtern, die bei Bewegungen mit Armen und Beinen glitzern. In der Nacht zu Dienstag war es mal wieder so weit: Meeresleuchten auf Sylt.
Es ist ein Naturschauspiel, das man mit ein wenig Glück und Geduld aktuell auf der Insel erleben kann. „Meeresleuchten findet man am häufigsten im Spätsommer auf Sylt“, sagt Angela Schmidt, Biologin der Schutzstation Wattenmeer Rantum. Und in diesen Tagen sind die Chancen besonders groß, das Leuchten zu erleben. Die besten Voraussetzungen: „Wenn es windstill ist, Spätsommer, eine heiße, sonnige Woche und wenn es möglichst dunkel ist, also um Neumond“, erklärt Schmidt.
Meeresleuchten auf Sylt: Heiße Woche ist Voraussetzung
Heiß war es in der vergangenen Woche auf Sylt wie lange nicht. Die Temperaturen gehen zwar ab Freitag deutlich runter, aber schon in der kommenden Woche wird es wieder wärmer. Gut möglich, dass man schon in der Nacht zu Sonntag wieder im leuchtenden Meer schwimmen kann. Eine Garantie dafür gibt es allerdings nicht.
Das Meeresleuchten auf Sylt wird durch zwei Faktoren verursacht. Zum einen durch den Dinoflagellat (Noctiluca scintillans), einen großen Einzeller, der irgendwo zwischen Tier und Pflanze steht. Die Sylter Biologin Schmidt erklärt: „Es gibt genügend Futter, so dass sie sich massenhaft vermehren und wir sogenannte Algenblüten vorfinden. Dort, wo sie massenhaft auftreten, verfärbt sich das Wasser orange, so dass man auch von der roten Tide spricht.“
Quallen speichern Tageslicht und geben es nachts ab
Hinzu kommen die kleinen Rippenquallen, die im Spätsommer die besten Voraussetzungen finden, um sich massenhaft zu vermehren. Sie speichern an sonnigen Tagen das Licht und geben es in der Nacht ab, wenn man sie berührt. Wer das erleben will, muss also durch eine riesige Masse von Quallen schwimmen. Doch zum einen sind die Rippenquallen gänzlich ungefährlich und zum anderen so klein, dass man sie kaum sehen kann.
- Sylt nimmt Abschied vom Hochsommer: "Geht rapide bergab"
- Sechs Millionen Euro? Damit kommt man in Kampen nicht weit
- Mehr als eine Hochzeitslocation: Das Sylt Museum in Keitum
Wie genau das Meeresleuchten aussieht, kann man ebenso schwer vorhersagen wie den Zeitpunkt. „Das schöne ist, dass man das Meeresleuchten nie vorhersagen kann. Ich habe auch schon Meeresleuchten ganz spät im Jahr gesehen“, sagt Schmidt. „Manchmal leuchten zum Beispiel auch Melonenquallen oder Ohrenquallen, die Noctiluca gefressen haben. Das sieht schon wirklich irre aus, fast wie bei Avatar. Wer es einmal erlebt hat, wird es nie mehr vergessen.“ Womöglich noch in diesem Sommer. Sylt ist eben immer für eine Überraschung gut.