Keitum. Hier heirateten vor einigen Wochen Christian Lindner und Franca Lehfeld. Doch das Sylt Museum hat weit mehr zu bieten. Ein Besuch.
Das Keitumer Sylt Museum diente Finanzminister Christian Linder vor wenigen Wochen als herrliche Kulisse für seine Hochzeit mit Franca Lehfeldt. Die Sylter Kulturstätte ist allerdings nicht nur äußerst ansehnlich, sondern beherbergt außerdem 5000 Jahre Inselgeschichte. Ein Besuch lohnt sich – auch ohne Brautstrauß.
Asuflugstipp Sylt: Das Sylt Museum in Keitum
Insgesamt vier Kulturstätten sind unter dem Begriff "Sölring Museen" zusammengefasst: das Steinzeitgrab Denghoog in Wenningstedt, die Vogelkoje in Kampen, das Altfriesische Haus und das Sylt Museum in Keitum. Letzteres, mit dem markanten Eingang – geschaffen aus zwei Unterkieferbögen eines Finnwals, der im 1995 bei Wennigstedt gestrandet war – diente Finanzminister Christian Lindner als Hochzeitslocation.
In den Ausstellungsräumen des Sylt Museums vereinigt sich die Geschichte der Insel. Sie erzählt von Hünengräbern aus grauer Vorzeit, der Archäologie und Geologie Sylts und von den Kulturen, die die Nordseeinsel im Laufe der Zeit bevölkert haben. Die Wikinger waren hier, nordeuropäisches Wandervolk und seit dem siebten Jahrhundert die Friesen, die heute als älteste noch auf Sylt lebende Minderheit gelten.
Literatur, Malerei, Clubkultur – die Vielfalt der Insel Sylt
Zudem legt das Museum einen Schwerpunkt auf die Kunst, die der Insel zu verdanken ist. Da darf Literat Boy Lornsen natürlich ebenso wenig fehlen wie typische Marine-Malerei oder Werke des vor 100 Jahren verstobenen Malers und Sylter Sohns Andreas Dirks.
Eindrucksvoll ist außerdem der Valeska-Gert-Raum. Er ist dem Stil ihres "Ziegenstalls" nachempfunden und sieht beinahe aus wie die echte, berühmt-berüchtigte und 1978 geschlossene "abgeranzte Kellerkneipe", so Alexander Römer, die die Grotesktänzerin auf Sylt betrieben hat.
"Damals hat dort alles verkehrt, was Rang und Namen hat", erzählt der Museumsleiter. Der aufwendig hergerichtete Ausstellungsraum erzählt von ausschweifenden Partys und einer wilden, längst vergangenen Zeit auf der Nordseeinsel.
So lebten die Kapitänsfamilien
In das Inselleben eines echten Keitumer Kapitänshaushaltes tauchen Besuchen im Altfriesischen Haus ein, das direkt an das Sylt Museum angeschlossen ist und bereits 1640 erbaut wurde. Die Wohnstätte gehörte zuletzt Christian Peter Hansen, einem 1879 verstorbenen Inselchronisten. In diesem Friesenhaus ist nichts dem Zufall überlassen – eine echte Zeitkapsel also.
"Alle Objekte gehören hierher", sagt der Museumsleiter. Was bedeutet, dass das Gros der Ausstellungsstücke direkt aus dem Haus stammt und weiteres typisches Inventar aufwendig zusammengesammelt wurde. Das Altfriesische Haus ist seit knapp 120 Jahren für Museumsbesucher zugänglich. Es wurde Römer zufolge schon 1904 von der Sölring Foriining angekauft und ein Jahr später zu musealen Zwecken geöffnet.
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Diese Sölring Foriining, ein privater Trägerverein mit weit mehr als 2000 Mitgliedern, ist für das Sylt Museum existenziell. Neben Zuschüssen von der Gemeinde, Museumseintritten und Geldern aus der Drittmittelakquise hält sie die historischen Schätze der Insel am Leben. Und, klar: Die rund 100 Trauungen im Jahr, denen das Sylt Museum eine Kulisse bietet, füllen die Kassen ebenfalls. Das Land wiederum hält sich mit Zahlungen zurück.
Sylt Museum hat große Pläne
Museumsleiter Römer ist die einzige wissenschaftliche Kraft unter den ungefähr 15 Mitarbeitern, wie er erzählt. Um all seine Pläne neben dem Tagesgeschäft umzusetzen, mangelt es ihm oft an Zeit und Raum, bedauert er.
Zwei Themenbereiche, die die Insel in den letzten 100 Jahren besonders geprägt haben, würde er in Zukunft gern noch größer aufziehen. "Das ist einmal die NS-Zeit auf der Insel", sagt Römer. "Da gibt es so viele Themen, denen man hinterhergehen könnte: verbliebene Nazi-Spuren, Stolpersteine, das Kriegsgericht in Westerland, …"
Außerdem würde er sich dem Sylt-Tourismus in Zukunft gern stärker historisch widmen. Von seinen Anfängen in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts als "Sommerfrische für das Großbürgertum", wie er formuliert, über seinen Boom in den 50er und 60er Jahren bis heute. Apropos Tourismus-Boom: Rund 65.000 Besucher im Jahr zählen die Museumsstandorte der Sölring Foriining auf Sylt.
Von Hamburg über Elmshorn nach Sylt
Alexander Römer leitet das Sylt Museum seit 2016. Für den Job ist er auf die Insel gezogen. Wichtig ist ihm "nicht nur Ausstellungsraum zu sein, sondern auch in die Diskussion zu kommen", sagt er. Das vielfältige Themenspektrum der vier Museumsstandorte "für jeden Wettertyp" eigneten sich dazu hervorragend, so Römer. Er schätze das "bunte Portfolio" seiner Institution und die "unerschöpfliche" Geschichte der Insel.
Bevor es Römer nach Sylt verschlagen hat, arbeitete er unter anderem im Elmshorner Industriemuseum. Noch davor studierte er "ganz klassisch" Kunstgeschichte, Volkskunde/Europäische Ethnologie, Mittlere und Neuere Geschichte sowie Politikwissenschaften in Kiel und Hamburg.