Westerland. Der Ex-Finanzminister machte spontan einen Abstecher zu den Protestierenden auf Sylt. In einer politischen Diskussion ging es hoch her.

In einer absoluten Spontanaktion haben die Punks auf Sylt Ex-Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) zu sich eingeladen – und der ist auch aufgetaucht. Anderthalb Stunden nahm er sich am Mittwoch Zeit, um mit zwei der im Protest-Camp in Westerland lebenden Punks, Nimbus und Jörg, über deren politische Anliegen zu diskutieren.

Zentral war dabei natürlich unter anderem die Frage nach einer gerechten Vermögensverteilung. Im Laufe der Veranstaltung hätten sich rund 75 Zuschauer auf den Stufen vor dem Rathaus Westerland eingefunden, berichtet ein Polizeibeamter auf Nachfrage.

Sylter Punks haben Schäuble-Besuch binnen Stunden vorbereitet

Einfallen lassen hat sich die Aktion Nimbus, der eigentlich in Mannheim lebt und seit Einführung des 9-Euro-Tickets regelmäßig auf Sylt zu Gast ist. Er habe Schäubles Bundestagsbüro angeschrieben und wenig später einen Anruf von dem Politiker bekommen.

Doch Nimbus hat gar nicht abgenommen: "Ich habe da gerade Schach gespielt", erzählt er, und die Nummer kannte er ja auch nicht. Am Ende haben sich die beiden doch noch gefunden und das Treffen für den Folgetag, den 3. August, beschlossen.

"Dann haben wir uns Fragen überlegt, ein Sicherheitskonzept, eine Anlage mit Mikro habe ich auch noch schnell gekauft", berichtet Nimbus, der in der letzten Nacht vor lauter Vorbereitung kaum geschlafen habe. "Wir haben durchgearbeitet."

Schäuble besucht Punker-Camp auf Sylt

Zum Gespräch selbst sind beide stilecht am Rathaus Westerland aufgetaucht: Schäuble im Fuchsia-Polohemd, Nimbus mit Marx-T-Shirt und grünem Irokesenschnitt. Ein bisschen aufgeregt sei er schon gewesen, sagt der in Westerland Protestierende.

Sein Fazit zum Gespräch fällt gemischt aus. Klar habe die Aktion dem Camp Aufmerksamkeit verschafft. "Aber ich hätte gedacht, Schäuble denkt etwas globaler, etwas vorausschauender", sagt Nimbus, der Ziele hat "die man nur mit politischen Mitteln erreichen kann. Für Geld kann man die nicht kaufen."

Schäuble bei Punks auf Sylt: hitzige Diskussion

Dass Schäuble noch immer der Ansicht ist, die Konsumkultur wäre einzudämmen, indem wir auf Freiwilligkeit setzen, habe ihn besonders enttäuscht. Alles in allem sei der Politiker aber "ein Profi für unbequeme Gespräche."

Und unbequem war es in Westerland, meinen die Protestler. Laura, eine der auf der Grünfläche vor dem Rathaus Westerland Lebenden, erzählt, bei einigen besonders harten Nachfragen hätten die anwesenden Polizeibeamten ziemlich gezuckt.

Noch ein Protest-Camp auf Sylt – diesmal an St. Nicolai

Wolfgang Schäuble befindet sich bereits seit Tagen auf Sylt. Vor wenigen Tagen besuchte er das Sommerkonzert in der St. Severin-Kirche Keitum. Am Donnerstag (4. August) ist zudem eine Lesung mit ihm im Rahmen des "Kampener Literatursommer" geplant.

Auch die Punks weilen teils bereits seit Wochen auf der Insel – und lassen sich immer wieder etwas Neues einfallen. Am Mittwoch haben sie beispielsweise nicht nur hohen politischen Besuch erhalten, sondern außerdem ein weiteres Protestcamp erfolgreich angemeldet.

Dieses befindet sich vor der Kirche St. Nicolai in Westerland und richtet sich eher an junge Aktivistinnen und Aktivisten. Hier würde besonderer Wert auf FLINTA*-Freundlichkeit gelegt (FLINTA* steht für Frauen, Lesben, intersexuelle, nicht-binäre, trans und agender Personen). Was die Kirche St. Nicolai dazu sagt? "Ich sage mal, sie musste sich der Rechtsgrundlage fügen", so eine der Beteiligten.