Sylt/Lübecker Bucht. Die Ferien haben begonnen, doch der Tourismus läuft bisher schleppend an. Kein Vergleich zur Zeit vor der Corona-Pandemie.
Wer dieser Tage auf Sylt einen Tisch in einem der beliebteren Restaurants reservieren möchte, hat meistens Glück. Und auch Unterkünfte sind noch reihenweise zu bekommen. Auf Sylt und an anderen Küstenorten im Norden brummt es in diesem Jahr bislang nicht ganz so wie in den vergangenen Jahren, als viele Menschen pandemiebedingt in den Sommerferien lieber im Land blieben als irgendwohin in die Sonne zu fliegen.
Nordsee/Ostsee: Weniger Tagesgäste trotz Ferienbeginn
Flugreisen scheinen wieder beliebter zu sein, wie man nicht zuletzt an den Hiobsbotschaften von Flughäfen allerorten sehen kann. Inzwischen haben nach Nordrhein-Westfalen, Mecklenburg-Vorpommern, Schleswig-Holstein und Hamburg auch schon Berlin und Brandenburg Sommerferien. Und trotzdem ist die Lage an Nord- und Ostseeküste deutlich entspannter als erwartet. Zudem sind auch weniger Tagesgäste unterwegs.
„Das Buchungsverhalten ist extrem kurzfristig geworden“, sagt Dirk Erdmann, Sylter Dehoga-Chef (Deutscher Hotel- und Gaststättenverband). „Juli und August sind Hochsaison auf Sylt, aber für September und Oktober ist das Buchungsverhalten noch sehr moderat“, berichtet der Hotelier, der das Hotel Rungholt betreibt.
Auch er bestätigt, dass es in den Restaurants derzeit keine großen Wartezeiten gibt und vermutet einen gewissen Nachholbedarf bei Urlaubern, die es in diesem Jahr wieder verstärkt in den Süden zieht, etwa nach Mallorca.
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Allerdings sieht er die Situation nicht so negativ wie manch andere in der Branche, die hinter vorgehaltener Hand schon von einer schwachen Sommersaison sprechen.
Inseln an Nord-und Ostsee vermelden gute Buchungslage
Zum jetzigen Zeitpunkt könne man die Saison auch noch gar nicht bewerten, sagt Jutta Vielberg von der Sylt Marketing GmbH. „Eine Bewertung zum Sommerverlauf, insbesondere im Vergleich zu den Vorjahren, können wir erst zum Ende der Saison vornehmen. Alle Inselorte vermelden eine gute Buchungslage. Freie Unterkünfte für Kurzentschlossene gibt es noch in allen Segmenten, wenn auch nicht mehr in großer Auswahl.“
Und die bislang etwas entspanntere Lage hat ja auch etwas Gutes: „In den letzten beiden Jahren haben wir uns über Overtourism beschwert“, sagt Hotelier und Dehoga-Chef Erdmann. Wenn nun alles ein wenig ruhiger zugehe, sei das nicht schlimm. „Ich bin relativ gelassen, aber ich glaube, dass es bei vielen eine gewisse Unsicherheit gibt aufgrund der Energiekrise.“ Da werde Urlaub für den Herbst dann eher spontan gebucht. Eine zentrale Erfassung der Buchungen gibt es seinen Angaben zufolge auf Sylt noch nicht, so etwas sei aber im Aufbau.
Die Buchungslage auf dem Festland für die Sommerferien, in St. Peter-Ording etwa, ist fast auf dem Niveau wie in 2019, also wie vor Corona. „Wir gehen aber davon aus, dieses noch zu übertreffen. Für Kurzentschlossene haben wir auf jeden Fall noch Verfügbarkeiten über www.st-peter-ording.de/buchen“, sagt Claudia Nissen von der Tourismuszentrale St. Peter-Ording. Die Corona-Jahre 2020 und 2021 waren von der Auslastung deutlich höher, seien aber auch nicht zu vergleichen.
Ähnlich sah es in Büsum aus. „Im Juni war ein Besucherloch spürbar“, sagt Oliver Münch, Geschäftsführer der TMS Büsum GmbH. Nun werde es allmählich wieder voller im Ort und am Strand. „Die ersten fünf Monate des Jahres waren sehr gut. Bis Mitte August sind wir zu 94 Prozent ausgebucht.“
Sehr gute Auslastung in Lübecker Bucht bis August
Auch die Lübecker Bucht meldet noch ruhigere Ferientage als in der Corona-Hochzeit. „Mitte Juli bis Mitte August ist die Auslastung – wie in den Jahren zuvor auch – sehr gut. Drumherum sieht es lockerer gebucht aus als in den Jahren zuvor; es sind eher etwas weniger Gäste. Auch meinen wir, bislang weniger Tagesgäste in den Orten zu haben“, sagt Doris Wilmer-Huperz von der Tourismus-Agentur Lübecker Bucht. Kleinere Buchungslücken könnte es immer mal wieder geben, ansonsten sieht es ab Mitte August wieder gut aus.
Anders als in der Pandemie-Zeit sei es derzeit auch an den Stränden nicht übermäßig voll. „An den Stränden und auch in den Orten gibt es derzeit keinerlei drängelige Situationen, sondern überall genug Raum zum Erholen“, so Wilmer-Huperz. Schien manch ein Ort zu Coronazeiten zeitweilig stark bis sehr stark frequentiert, zeige sich die Situation in den Orten und auch an den Stränden in diesem Sommer ruhiger und luftiger. Am Dienstagabend beispielsweise in Niendorf an der Ostsee war wenig los – und einige Restaurants sogar geschlossen, wie eine Besucherin berichtet.
Strandampeln geben Auskunft über Auslastung an den Stränden
Die Strandampel gibt weiterhin Auskunft darüber, wie es vor Ort aussieht. „Neben der Besucherfrequenz am Strand erhält man auch Infos zur Auslastung strandnaher Parkplätze und ebenso aktuelle Badehinweise von Niendorf bis Dahme – analog der Beflaggung der DLRG vor Ort.
So kann man schon im Vorwege schauen, ob eventuell an einem Strandabschnitt rot geflaggt wurde (Badeverbot) und dann direkt einen Teil der Bucht ansteuern, wo man unbeschwert baden kann“, so Wilmer-Huperz. Das könne nämlich innerhalb der Bucht sehr variieren.
Zum Beispiel kann es sein, dass in Timmendorfer Strand Badeverbot ist, in Pelzerhaken dagegen nicht und man kann dort entspannt schwimmen und baden.
Es gibt noch Kapazitäten für Kurzentschlossene
In Grömitz ist die Buchungslage wie vor Corona. „Die Buchungslage ist tatsächlich ähnlich 2019“, sagt Jacqueline Schumacher vom Tourismus Service Grömitz. Es gehe jetzt erst richtig los, da sich nun die Ferienzeiten verschiedener Bundesländer überschneiden. „Es ist entspannter als in den „Coronajahren“, das auf jeden Fall. Da war der Ansturm aber auch sehr geballt und ,auf einmal´, in diesem Jahr hatten wir wieder durchweg Gäste bei uns in Grömitz, und es wurde stetig etwas mehr.“
Kapazitäten für Kurzentschlossene gäbe es in jedem Fall noch, Lücken sind zu finden. „Wenn man besondere Wünsche wie direkte Strandnähe hat, wird es schwer. Wenn man aber einfach mal ein paar Tage am Strand in Grömitz verbringen möchte, dann finden wir in jedem Fall eine Unterkunft“, so Frau Schumacher. Was auffällig ist: „Es sind weniger Tagesgäste bei uns.“ Das könne an dem noch durchwachsenen Wetter liegen, an den gestiegenen Spritpreisen, an der Baustelle auf der A1 oder an allem zusammen. Wer kurzfristig eine Unterkunft sucht, kann es hier probieren: www.groemitz-buchen.de
Weiter westlich im niedersächsischen Cuxhaven meldet der dortige Tourismuschef einen sehr guten Start in die Saison. „Wir sind schon jetzt bei fünf Prozent mehr Übernachtungen als im Vor-Coronajahr 2019“, sagt Olaf Raffel. Das Nordseeheilbad sei gut ins erste Halbjahr gestartet. „Bereits im Mai hatten wir sieben Prozent mehr Übernachtungen als 2019.“
In Cuxhaven setzt man auf die Monate Juli und August
In diesen Tagen sind viele Familien mit Kindern, Senioren aber auch viele Schulklassen in Cuxhaven zu sehen. Die Schüler und Schülerinnen aus Niedersachsen haben in den vergangenen Tage kurz vor den Sommerferien noch einen Tagesausflug an die See gemacht. Aber auch dort gibt es an den fünf Stränden keinerlei Gedränge. Denn es ist immer noch ruhig. Raffel: „Die Saison hat sich verlängert. Im Juni waren die Gäste noch zurückhaltend und angesichts der weltpolitischen Lage auch verunsichert.“ Er hofft nun auf die Monate Juli und August. Vielleicht wird dann auch das Wetter noch etwas hochsommerlicher. Das lockt dann auch wieder Tagesgäste an Nord -und Ostsee.
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