Florian war am Zugang zum Strand von Westerland im Sitzen eingeschlafen. Nach einer Stunde wachte er auf – und war um 190 Euro reicher.

  • Sylt spendabel: Florian traute seinen Augen kaum
  • Der Punk aus Berlin hatte am Zugang zum Strand von Westerland geschlafen
  • Nach einer Stunde hatten Passanten ihm rund 190 Euro zugesteckt

"Kleingeld für die Freilassung der Wilhelmine. Sie ist unschuldig!!" steht auf einer Pappe am Bauzaun, hinter der jetzt die Dicke Wilhelmine in Westerlands Fußgängerzone auf dem Trockenen sitzt.

Der Bürgermeister der Gemeinde Sylt, Nikolas Häckel, hat dafür gesorgt, dass der Wilhelminenbrunnen mit der üppigen Brunnenfigur, bislang der Hotspot der ungeliebten Sylt-Gäste, die mit den 9-Euro-Tickets angereist sind, seine Attraktivität verliert.

Sylt: Massive Beschwerden zwingen Bürgermeister zum Handeln

Nach massiven Beschwerden von Geschäftsleuten und Gastronomen hatte die Gemeinde einen privaten Durchgang in der Nähe eines Brunnens in der Wilhelmstraße mit einer Betonmauer zugestellt, den Brunnen mit einem Bauzaun vergittert. Dies sei in Abstimmung mit den Eigentümern zum Schutz von deren Eigentum und zur Vermeidung weiterer Verunreinigungen geschehen.

Nikolas Häckel verteidigt die Absperrung: „Natürlich ist die Abgrenzung heiß diskutiert, polarisiert und die "Punks" gehen damit auf ihre Weise polarisierend um. Dennoch war dieses Zeichen wichtig, denke ich“, sagte er. Ordnungsamt und Polizei gingen seinen Worten nach mit Augenmaß aber konsequent mit der Lage um.

Sylt: Punker macht 190 Euro – in einer Stunde

Nun sitzt die Bronzestatue in einem trockenen Becken (in dem nur noch eine Handbreit Wasser steht). Dieses kann von den Punks und Obdachlosen nun nicht mehr als Pool genutzt werden. "Das Schild bei der Wilhelmine war meine Idee", sagt Sani fröhlich. Die 51-Jährige aus Kassel sitzt etwas abseits vom Brunnen. Sie sei einfach eine "Reisende, eine Rumtreiberin", sagt die gelernte Floristin, die schon seit drei Wochen auf Sylt ist, über sich selbst.

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Ihr Hund Lilo, ein schwarzer Mischling, liegt in einer Kinderkarre neben ihr, vor der Sonne mit einem kleinen Sonnenschirm geschützt. "Die Leute sind hier in Westerland viel spendabler als auf dem Festland", sagt sie. Das Schnorren lohnt sich: "Vielleicht weil sie Urlaub haben, weil sie glücklich sind." Außer Geld brächten viele Urlauber auch Essen vorbei, etwa wenn sie abreisen, sagt Sani, die Veganerin ist. Ihr Antrieb nach Sylt zu kommen: "Urlaub machen, das Meer genießen."

Punker auf Sylt - das Abendblatt ist jetzt vor Ort

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    Florian aus Berlin hat am Strandzugang sogar ein kleines Vermögen gemacht, und zwar im Schlaf. "Ich saß vor dem Kassenhäuschen und bin im Sitzen eingepennt und ich hab' 190 Euro gemacht – innerhalb von 'ner Stunde", sagt der 9-Euro-Urlauber und schmunzelt.

    Sylt-Urlauber suchen Kontakt zu den Punks

    Viele Urlauber, aber auch Insulaner würden sie und andere Punks auch ansprechen und sich unterhalten, sagt Sani. "Viele finden gut, dass Westerland durch uns ein bisschen bunter wird." Auch Eric aus Dresden, der mit ihr in der Fußgängerzone sitzt und gerade eine Kiezmische trinkt, lobt die Großzügigkeit der Passanten.

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    Ein Sprecher der Polizei-Einsatzleitstelle Nord sagt, die Nacht und auch der Sonnabend seien bislang ruhig gewesen. "Der tägliche Wahnsinn ohne Highlights", sagt er. Außer Kleinigkeiten, etwa, dass ein Hund nicht angeleint wurde, habe es keine berichtenswerten Vorfälle gegeben.

    Eine Sprecherin der Deutschen Bahn AG sagte auf Abendblattanfrage: "Die Auslastung liegt aktuell bei 50 bis 75 Prozent." Allgemein sei die Marschbahnstrecke eine hoch nachgefragte Strecke, das 9-Euro-Ticket habe die Nachfrage noch verstärkt.

    Fahren Punks bei schlechtem Wetter mit der Marschbahn hin und her?

    Die Beobachtung einer Urlauberin, dass viele Punks bei schlechtem Wetter immer mit dem Zug zwischen Westerland und dem Festland hin- und herfahren, um es warm und trocken zu haben, bestätigte die Bahnsprecherin nicht. "Es gibt keine Auffälligkeiten."

    Dass sich auch andere Reisende daneben benehmen, erlebte ein Fahrgast am Freitagabend im Zug nach Niebüll. Ein Reisender hatte bei einer Firmenfeier zu viel getankt. Der Volltrunkene übergab sich und wurde schließlich von Sanitätern aus dem Zug geholt. Der Zug fuhr mit einer Verspätung von 15 Minuten schließlich weiter Richtung Hamburg.