Kiel. Hochsaison an Nord- und Ostsee, schönes Wetter und das 9-Euro-Ticket verstärken den Ansturm. Doch viele Betriebe haben ein Problem.

Blauer Himmel, ganz viel Sonnenschein, sommerliche Temperaturen und dazu noch ein bevorstehendes Wochenende: Die beliebten Küsten- und Urlaubsorte an Nordsee und Ostsee erwarten in den kommenden Tagen wieder einen Ansturm an Gästen und Tagestouristen. Das beliebte 9-Euro-Ticket, das das Reisen auch mit kleinem Budget ermöglicht, verstärkt die Lust auf spontane Kurztrips und Ausflüge zusätzlich.

Einer kühler Drink am Strand, eine schnelle Abkühlung im Meer – viele Menschen zieht es im Sommer an Nord- und Ostsee. Neben den Klassikern wie Sylt, Timmendorfer Strand, Scharbeutz oder St. Peter-Ording gibt es im Norden noch viele weitere schöne Orte, die mit Attraktionen und beeindruckender Naturkulisse zunehmend Gäste anlocken und längst kein Geheimtipp mehr sind. Man könnte also annehmen: Der Tourismus in Schleswig-Holstein boomt und sorgt für optimistische Stimmung in den Hotels und Restaurants. Doch es gibt einen Wermutstropfen.

Nordsee und Ostsee: Tourismus boomt – doch es fehlt das Personal

Denn trotz guter Buchungszahlen ist die Lage in der Gastronomie in Schleswig-Holstein zu Beginn der Sommerurlaubszeit spürbar angespannt. „Nach dem Corona-Tief hätten die gastronomischen Betriebe jetzt Gelegenheit dazu, zumindest einen Teil des versäumten Geschäfts gutzumachen – aber vielfach nicht das Personal“, sagte eine Sprecherin der IHK Flensburg. Das sorge bei vielen Unternehmerinnen und Unternehmern für große, teils existenzielle Sorgen.

Auf das fehlende Personal reagieren die Betriebe unterschiedlich: „Einige Häuser setzen notgedrungen zusätzliche Ruhetage an und begrenzen ihr Angebot“, sagte die IHK-Sprecherin. „Wir hören auch von Inhabern, die versuchen, selbst so viel wie möglich aufzufangen und in der Küche oder beim Service vieles zu übernehmen, was auf die Dauer natürlich nicht leistbar ist.“ Immer häufiger berichteten Unternehmerinnen und Unternehmern, dass sie wegen fehlenden Personals Öffnungszeiten kappen, den Bankettbetrieb nicht mehr sicher planen könnten und vorhandene Belegschaften deutlich stärker belastet seien.

Ähnlich äußerten sich der Hotel- und Gaststättenverband in Schleswig-Holstein (Dehoga) und die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG). Im Zuge von Lockdown und Kurzarbeit hätten viele Beschäftigte das Gastgewerbe verlassen. Und trotz der gemeinsamen Bemühungen von Dehoga und NGG sei es nicht gelungen, genügend Personal zu akquirieren, sagte Finn Petersen, Vorsitzender des NGG-Landesbezirks Nord. „Die Leute kommen nicht zurück.“

Betriebe locken mit Urlaubsgeld und Weihnachtsprämie

Aus Sicht der IHK ist es für die Branche mehr denn je wichtig, ihre Attraktivität als Arbeitgeber zu steigern. „Einige Betriebe bieten laut unseren Umfragen bereits zusätzliche Anreize wie die Finanzierung von Weiter- und Fortbildungen, Gratifikationen oder Vergünstigungen an.“ Auch Urlaubsgeld oder Weihnachtsprämie würden häufig gezahlt. Ein Drittel der Befragten (31 Prozent) stellt demnach Mitarbeiterwohnungen zur Verfügung.

Zudem könnte die Digitalisierung in Unternehmen helfen, Arbeitsplätze attraktiver zu gestalten und Mitarbeitende zu entlasten. „Die Pandemie hat der Digitalisierung einen enormen Anschub verschafft. Dennoch besteht in vielen Unternehmen weiterhin Entwicklungspotenzial und Handlungsbedarf“, sagte die IHK-Sprecherin.

Gastronomie im Norden: Roboter werden eingesetzt

Langfristig sei auch mit dem verstärkten Einsatz von Robotern in der Gastronomie zu rechnen: „Bisher trifft man die Roboter noch sehr vereinzelt an – vor allem in der Systemgastronomie, hier sind die Gäste stärker an Selbstbedienung gewohnt“, sagte die IHK-Sprecherin. Andere Gastronomen setzten stärker auf das persönliche Gastgeber-Prinzip.

„Viele Gäste bevorzugen das menschliche, persönliche Wort“, sagte auch der Geschäftsführer des Dehoga Schleswig-Holstein, Stefan Scholtis. Dass sich Roboter im direkten Kontakt mit den Gästen durchsetzen werden, kann Scholtis sich nicht vorstellen. In anderen Bereichen der Gastronomie hingegen schon eher.