Föhr, Sylt, St. Peter-Ording. An der Nordsee beginnt die Quallensaison früher als sonst. Laut Experten ist die Lage „drastisch“. So giftig sind die Nesseltiere.
Der Insulaner Uwe Stammer schwimmt seit vergangenem September täglich in der Nordsee vor der Insel Föhr, momentan ist er bei seinem kühlen Bad in der Nähe der neuen Mittelbrücke in Wyk von unzähligen Quallen umgeben. Nicht nur in der Nordsee auf Föhr, auch auf den Halligen, in St. Peter-Ording oder auf Sylt gibt es auffallend viele Quallen, und das bereits seit Mitte Mai. Viel früher als üblich.
„Es gibt zurzeit viele blaue Nesselquallen vor Föhr und sicherlich auch an anderen Stellen in der Nordsee“, sagt Annette Hahn. Die Leiterin der Schutzstation Wattenmeer in Wyk auf Föhr beobachtet die Quallensituation rund um die Insel.
Nordsee: Quallensaison hat durch Klimawandel drei Wochen früher begonnen
Dieses erhöhte Aufkommen sei im Juni zwar normal, aber die Quallensaison habe 2024 wesentlich früher gestartet als sonst: „Es gibt schon seit Anfang bis Mitte Mai vermehrt blaue Nesselquallen, und das ist unnormal früh. Das ist etwa drei Wochen zu früh“, so Annette Hahn. Grund für dieses frühzeitige und vermehrte Aufkommen seien die erhöhte Wassertemperaturen aufgrund des Klimawandels.
Ihr Kollege Rainer Borcherding, Artenkenner bei der Schutzstation Wattenmeer, geht sogar noch weiter: „Wegen des Klimawandels ist das frühe Aufkommen der Quallen in diesem Jahr drastisch.“ Bereits Ende März habe es erste Sichtungen von blauen Nesselquallen auf Borkum in Niedersachsen gegeben.
Was sind Quallen überhaupt? Quallen gehören zu den Nesseltieren. Polypen, die fest im Nordseeboden verankert sind, geben je nach Wassertemperatur die kleine Scheibe ab, aus der sich dann die Qualle entwickelt, so Rainer Borcherding. Da die Wassertemperatur in der Nordsee schon früher im Jahr warm genug dafür war, verschiebe sich dieser Zyklus nach vorne. Quallen werden nur einige Monate alt und sterben dann im Herbst ab.
Föhr und Sylt: Nach der blauen Nesselqualle folgen bald die fiesen Feuerquallen
Übrigens: Wenn die Quallen am Strand liegen, sind sie meistens bereits tot. „Da bringt es nichts, sie mit Wasser zu begießen oder ins Meer zurückzulegen“, so Hahn. Sie sterben innerhalb von zwei bis vier Stunden, bei Sonneneinstrahlung und Wärme schneller als bei Regen und kühlen Temperaturen. Sie werden von ihrem eigenen Gewicht erdrückt.
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Kommt man mit blauen Nesselquallen in Berührung, brennt es wie bei einer Brennnessel. Wesentlich fieser sind die gelben Nesselquallen, die übrigens auch bald an die Strände und in der Nordsee auftauchen werden. Ihre „Saison“ startet meist im Juli und August. „Vielleicht in diesem Jahr auch schon früher“, so Borcherding. Die gelben Nesselquallen, auch Feuerquallen genannt, können auf der Haut sehr stark brennen.
Nordsee: So gefährlich sind gelbe und blaue Quallen für den Menschen
„Die Nesselkapseln haben einen Innendruck, der 50-mal höher ist als bei einem Autoreifen. Sie explodieren wie eine Handgranate“, erklärt Rainer Borcherding. Sein Tipp: Rasierschaum auf die Stelle auftragen und vorsichtig mit einer Bankkarte abkratzen, um so die Nesseln einzuschließen und abzutragen.