Kiel. Nord-Union reagiert mit „Kieler Erklärung“ auf Putins Angriff auf Ukraine und Europa. Ostseeraum ist „sicherheitspolitischer Hotspot“.
Die CDU in Schleswig-Holstein fordert (mittelfristig) eine Rückkehr zur Wehrpflicht und langfristig eine „Allgemeine Dienstpflicht“ für alle jungen Frauen und Männer. So steht es in der „Kieler Erklärung zu sicherheitspolitischen Perspektiven“. Mit dem Zehn-Seiten-Papier reagiert die CDU im Norden auf den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine und die Bedrohungen für Europa.
Die neue Sicherheitslage habe „immense Auswirkungen“ auf das nördlichste Bundesland. So habe sich der Ostseeraum „leider wieder zu einem der sicherheitspolitischen Hotspots weltweit entwickelt“. Als Ostseeanrainer sei Deutschland „aufgrund der einzigartigen strategischen Lage“ besonders gefordert. „Schleswig-Holstein ist für die Versorgung der Verbündeten unverzichtbar … und für die Verteidigung Deutschlands und der Nato von herausragender Bedeutung“, heißt es im CDU-Papier.
Die Nord-CDU fordert angesichts der russischen Bedrohung einen personellen Aufbau und die konsequente Modernisierung der Bundeswehr. Im ersten Schritt vor der Wiedereinführung der Wehrpflicht will die CDU den „Heimatschutz personell und materiell so schnell wie möglich stärken“.
Schleswig-Holsteins CDU fordert „Bundeswehr-Gesetz“
Um ihre grundsätzlichen Überlegungen in reale Politik umzusetzen, plant die Partei von Ministerpräsident Daniel Günther ein „Gesetz zur Förderung der Bundeswehr in Schleswig-Holstein“. Damit sollen militärische Bauvorhaben erleichtert und der bürokratische Aufwand für die Bundeswehr verkleinert werden. Zur Verankerung des Themas in der Bevölkerung sollen der neue, jährliche nationale Veteranentag am 15. Juni würdig begangen und Gelöbnisse stärker in die Öffentlichkeit gerückt werden.
Die Bundeswehr soll zur Förderung sicherheitspolitischer Debatten und zur Karriereberatung vereinfacht Zugang zu Schulen und Hochschulen bekommen. Nach dem Vorbild Baden-Württembergs will Schleswig-Holstein einen Katastrophen- und Zivilschutztag einführen. Um die „Wiederaufrüstung der Bundeswehr“ auch räumlich zu ermöglichen, sollen nicht nur alle bestehenden Depots, Kasernen und Einrichtungen wie der Flugplatz Hohn erhalten werden, sondern stillgelegte Standorte wieder genutzt werden.
Darüber hinaus will die Union Infrastrukturprojekte vorantreiben, von denen die Bundeswehr profitieren würde. So sollen Straßen, Autobahnen, Häfen und Bahnstrecken zukünftig auch mit Blick auf die militärischen Bedarfe ausgebaut werden. Ein Beispiel dafür ist der Weiterbau der A20 von Bad Segeberg bis Glückstadt, um so eine vernünftige West-Ost-Verbindung im Land zu schaffen.
Günther und Sütterlin-Waack warnen vor Cyberangriffen
Eine ernsthafte Bedrohung sehen Ministerpräsident Daniel Günther und Innenministerin Sabine Sütterlin-Waack in der Cyberkriminalität. Seit 2019 sind die Fallzahlen in diesem Deliktbereich in Schleswig-Holstein um fast 40 Prozent gestiegen. Betroffen sind von den Cyberattacken: Haushalte, Firmen, Kammern, Kliniken. „Immer mehr deutsche Unternehmen werden Opfer von Datendiebstahl, Spionage und Sabotage“, heißt es im Papier der Union. Die beiden CDU-Politiker warnen zudem vor Desinformation als Mittel der hybriden Kriegsführung. „Internet-Trolle, Bots, gefährliche Propaganda gesteuert aus Russland und China sollen die öffentliche Meinung beeinflussen und den Zusammenhalt unserer Gesellschaft ins Wanken bringen.“
Um mögliche Terroranschläge zu verhindern, sollen die Sicherheitsbehörden so ausgestattet werden, dass sie weniger auf ausländische Nachrichtendienste angewiesen sind. „Dafür brauchen sie weitergehende Eingriffsbefugnisse, um mobile Endgeräte von Terroristen zu durchsuchen und ihre Kommunikation zu überwachen“, fordert die CDU. Beispiel dafür sind Online-Durchsuchungen und die sogenannte Quellen-TKÜ (Telekommunikationsüberwachung). Dabei wird die Kommunikation erfasst, bevor sie verschlüsselt wird. Bislang ist die CDU hier am Widerstand der mitregierenden Grünen gescheitert.
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In ihrem Positionspapier greift die CDU auch die AfD scharf an, deren Abgeordnete enge Verbindungen zu Russland pflegten. „Die AfD unterstützt Demokratiefeinde und ist selbst ein Feind der Demokratie. Deswegen unterstützen wir als CDU Schleswig-Holstein ein konsequentes Vorgehen des Rechtsstaats gegen alle Demokratiefeinde.“ Mit dieser Formulierung vermeidet es die Nord-CDU zwar, ein Verbot der AfD zu fordern – aber genau das ist damit gemeint.