Kiel. Verkehrsminister der Bundesländer fordern mehr Geld für ÖPNV. Sonst drohen Kürzungen. Norden behält bereits monatlich 550.000 Euro ein.
Wird das „Deutschlandticket“ wieder gestrichen? Oder bleibt es zwar grundsätzlich dabei, aber der Preis von bislang 49 Euro wird noch in diesem Jahr erhöht? Beide Möglichkeiten stehen im Raum. Hintergrund ist die ungeklärte Finanzierung in den nächsten Jahren. Die Verkehrsminister der Bundesländer erhöhen jetzt den Druck auf die Bundesregierung.
Darum geht es: Bund und Länder hatten sich geeinigt, das Ticket mit jeweils 1,5 Milliarden Euro pro Jahr zu bezuschussen, um so die Einnahmeverluste der jeweiligen Verkehrsträger aufzufangen. Schließlich sind die 49-Euro-Tickets – zum Beispiel für den HVV – ein Minusgeschäft. Zum Vergleich: Pendler aus dem Umland mussten früher an die 200 Euro für einen Monatsfahrschein zahlen, jetzt ist es etwa ein Viertel.
Kampf ums Deutschlandticket – Schleswig-Holstein setzt Bund unter Druck
Nur reicht diese Drei-Milliarden-Euro-Subvention nicht aus, die Kosten zu decken. Die Länder fordern jetzt geschlossen vom Bund, die aus 2023 übrig gebliebenen Mittel 2024 zusätzlich zum 1,5-Milliarden-Anteil zu zahlen. Da das Ticket 2023 erst im Mai gestartet ist, ist noch Geld da. Selbst wenn sich der Bund dieses Jahr darauf einlässt – im kommenden Jahr droht die Diskussion von vorn loszugehen. Da drei Milliarden insgesamt nicht kostendeckend sind, müssen die Ticketpreise steigen, falls Bund und Länder sich nicht auf einen grundsätzlich höheren Anteil verständigen.
Als eher unwahrscheinlich, aber möglich, gilt die dritte Variante. Kann man sich nicht einigen, kann dies das Ende des günstigen Monatstickets bedeuten. Das wollen die Länder verhindern, schließlich gilt das Deutschlandticket als der erfolgreichste Fahrschein in der Geschichte des ÖPNV: 2023 haben Monat für Monat im Schnitt 11,2 Millionen Menschen ein Deutschlandticket gekauft.
Die am Donnerstag zu Ende gegangene Konferenz der Verkehrsminister in Münster erhöht den Druck nicht nur auf den Bund, sondern auch auf die Bahn. Bislang zahlen die Länder eine Nutzungsgebühr für das Gleisnetz – egal, ob Schienen und Stellwerke etwas taugen oder museumsreif sind wie in Schleswig-Holstein. So zumindest drückt es Verkehrsminister Claus Madsen aus. In einem einstimmigen Beschluss der Länderminister heißt es, dass sich „die Bepreisung der Leistungen in Zukunft stark an der erbrachten Qualität“ orientieren soll. Heißt: Je schlechter das Netz, desto weniger wollen die Länder der Bahn zahlen.
Madsen will die „Miete“ kürzen
Madsen vergleicht das mit der Miete in einem Mehrfamilienhaus. Wenn alle Wohnungen bis auf eine in Ordnung seien, müssten auch alle dieselbe Miete zahlen – bis auf die Mieter der Wohnung, in die es hineinregnet. Hier werde die Miete gekürzt. Das will Madsen – rechtlich abgesichert – auch künftig bei der Bahn so handhaben.
Schon heute behält der schleswig-holsteinische Verkehrsträger NAH.SH jeden Monat 550.000 Euro wegen der maroden Infrastruktur ein, statt sie der Bahn zu überweisen. Das heißt, allein in diesem Jahr hat NAH.SH schon mehr als 2 Millionen Euro zurückgehalten. Um das zu legalisieren, haben die Verkehrsminister mit ihrem gemeinsamen Beschluss eine Grundlage geschaffen. Jetzt schließen sich Verhandlungen mit Bund und Bahn an.
Ein Dauerärger zwischen Ländern und Bund sind auch die sogenannten Regionalisierungsmittel. Das ist der Bundeszuschuss zum ÖPNV. Schleswig-Holstein kassiert in diesem Jahr 371 Millionen Euro von Berlin. Das reicht der schwarz-grünen Regierung in Kiel bei Weitem nicht – wie allen anderen Bundesländern auch. So fordert Claus Madsen für sein Land angesichts deutlich gestiegener Energiepreise 50 Millionen Euro mehr im Jahr. Sagt der Bund Nein, müsse das Land das Angebot ausdünnen, heißt es. So könnten die Takte, in denen Züge pendeln, von 20 auf 30 Minuten verlängert werden. Eine andere Überlegung ist, spätabends und frühmorgens Züge zu streichen.
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Aktuell zahlt der Bund dem Land 371 Millionen Euro, hinzu kommen 52,4 Millionen Euro als Anteil am Deutschlandticket. Schleswig-Holstein kassiert dieses Jahr also 423,4 Millionen Euro von der Ampel-Regierung für den ÖPNV im Norden. Der eigene Anteil liegt bei 277,35 Millionen. Heißt: Schleswig-Holstein übernimmt 39 Prozent der Kosten des Bus- und Bahnverkehrs, den Rest zahlt Berlin.